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Duell im Eis

Duell im Eis

Titel: Duell im Eis Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Heinz G. Konsalik
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gibt es kein Wiederkommen mehr. Es fiel ihm deshalb leicht, zu nicken und zu antworten: »Genehmigt. Sie erhalten Urlaub.«
    »Danke, Genosse Admiral.«
    Schesjekin blickte jetzt doch auf. Er zwang sich, Malenkows Augen standzuhalten. Ich bin machtlos, mein Lieber, sagte er in sich hinein. Auch mir erteilt man Befehle. Was könnte ich für dich tun? Auf deine Pistole zeigen? Dann weißt du, was ich meine. Aber du tust es nicht, du hast noch Hoffnung für Virginia und dich. Gnade in Moskau. Was bist du doch für ein dummer Mensch, Jurij Adamowitsch! Mit 32 Jahren noch ein Träumer – und ein Held der Sowjetunion. Wie paßt das zueinander? Das Leben ist verworren, mein Freund. »Bereiten Sie alles vor, Genosse«, sagte Schesjekin. Er lehnte sich zurück, der Stuhl ächzte unter seinem Gewicht. »Es kann sein, daß die Ablösung schneller im Fjord ist als gedacht. Sie fahren sofort weiter, wenn sie weiß gestrichen sind. Es kann schon in zwei Tagen sein.«
    »Die ›Gorki‹ ist jederzeit auslaufbereit, Genosse Admiral.«
    Schesjekin nickte kurz.
    Malenkow war entlassen. Er ging von der Kommandantur hinunter zu den Piers, betrat über die Gangway das U-Boot und kletterte über den Turm ins Innere. Allein war er, eine Bordwache war nicht notwendig, in diesem Hafen aus Eis gab es keine Überraschungen, keine Vorfälle. Jeden Mann brauchte man zum Aufbau der Stadt.
    Malenkow ging langsam durch sein Boot, vom Kiel bis zum Heck, von den vorderen bis zu den hinteren Torpedos, von der Steuerzentrale zum atomgetriebenen Wunderantrieb, von den ausfahrbaren Raketenrampen bis zur blitzsauberen Bordküche. Er ging durch die Mannschaftslogis und setzte sich dann im Kommandantenraum an den blanken Tisch, an dem er fast drei Jahre gesessen hatte. Niemand sprach darüber, aber jeder wußte es: Von Moskau führte kein Weg mehr zurück zur ›Gorki‹. Sein schönes, sein geliebtes Boot, der Stolz der sowjetischen Marine. Aber Virginia würde ihm bleiben, ein Trost war es, der Beginn eines anderen Lebens. Man nimmt Abschied und geht in eine andere Welt.
    Allein war er, ganz allein in seinem Boot. Malenkow legte die Stirn auf die Tischplatte und weinte.
    Commander Brooks hatte in einer langen, schlaflosen Nacht noch einmal alles überdacht, was General Seymore ihm gesagt hatte. Zwei Menschen können nicht einfach verschwinden, auch nicht in der Antarktis und schon gar nicht auf einem Eisberg, den man, mag er noch so gewaltig sein, überblicken kann. Nach Lage der Dinge muß man Henderson und Virginia als vermißt melden, aber vermißt heißt nicht, daß sie nicht mehr leben! Und auch ein Hubschrauber kann sich nicht in Luft auflösen, bei jedem Absturz bleiben doch die Trümmer zurück, und Trümmer sieht und findet man – es sei denn, er ist ins Meer gestürzt und dort versunken.
    Im Meer? Warum sollte Ric im Meer versunken sein? Über dem Meer hatte er nichts zu suchen, die Überreste von Mulder und seiner Maschine hatte man mitten auf einem Eisfeld gefunden, Kilometer vom Meer entfernt. Warum sollte Henderson über das Meer geflogen sein?
    Seymores Worte raubten Brooks alle Ruhe. Mehrmals stand er in dieser Nacht auf, wanderte im Zimmer herum, stand lange am Fenster, starrte hinaus in die helle Nacht und sprach mit sich selbst. »Jim«, sagte er zu sich, »Jim, du hast keine Hoffnung mehr. Gib es zu. Aber ebenso wie Seymore kannst du einfach nicht glauben, daß dieser Mistberg Ric und Virginia einfach verschluckt hat! So etwas gibt es nicht! Versuch's noch einmal, Jim! Nur noch einmal, das letzte Mal! Flieg die Küste und das Meer ab, auch wenn's sinnlos ist. Gib jetzt nicht auf, such weiter gegen alle Logik! Schieb Ric und Virginia nicht ab zu den Toten!«
    Am Morgen nach dieser durchwachten Nacht rief Brooks General Seymore auf der ›Lincoln‹ an. Seymore saß gerade beim Frühstück, man hörte durchs Funktelefon, wie er kaute.
    »Sir«, sagte Brooks, »ich bitte um Erlaubnis, noch einmal nach Ric suchen zu dürfen.« Seine Stimme klang etwas gepreßt und rauh.
    »Genehmigt, Commander.« Seymore schluckte den Bissen, den er gerade im Mund hatte, hinunter. »Ich weiß, es ist zum Kotzen, es ist fast Spinnerei, aber geben wir nicht auf! Wo wollen Sie noch suchen?«
    »An der Küste und über dem Meer, Sir.«
    »Das ist sinnloser Kräfte- und Treibstoffverbrauch.«
    »Dessen bin ich mir bewußt, Sir. Es … es ist der letzte Versuch. Ich will mir später nicht vorwerfen, auch scheinbar Sinnloses nicht beachtet zu haben. So viel im

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