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Duell im Eis

Duell im Eis

Titel: Duell im Eis Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Heinz G. Konsalik
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sich dann von seinem Stuhl. »Zu gar keiner Liebe bist du fähig. Ein Symbol der Liebe ist dein Körper, aber dein Herz und dein Geist sind eine Präzisionsmaschine.« Er griff nach dem Fellmantel, warf ihn über seine Schultern und setzte die Pelzkappe auf.
    Die Berreskowa ballte unter dem Tisch die Fäuste. »Du willst schon gehen?« fragte sie leise.
    »Ja. Ich bin nicht gerne dort, wo man mich nicht braucht. Leb dich bei uns gut ein, Ljuba Alexandrowna.« Er ging zur Tür und drehte sich dort noch einmal um. Sie saß wie vorher starr und regungslos hinter dem Tisch, eine wie aus Marmor gehauene Nacktheit. »Du kannst mich rufen lassen, wenn du die Platte ausgepackt hast. ›Don Carlos‹, Arie des Königs Philipp.«
    »Vernichten werde ich sie, an der Wand zerschmettern, zu Staub zertreten …«
    Er zuckte wieder mit den Schultern, drehte sich um; sie hörte, wie er den Riegel von der Haustür schob und hinausging. Der Eishauch von draußen kam wie ein Nebelstoß bis ins Wohnzimmer und stieß gegen ihren nackten Körper, nur drei Sekunden lang, aber er drang in sie hinein bis auf die Knochen.
    Jurij Adamowitsch ist ein anderer Mensch geworden, das wußte sie jetzt. Aber was hieß das: ein anderer Mensch? Er war der gleiche, der sie gedemütigt hatte, dem ihre versteckte Leidenschaft gehörte; unentwegt dachte sie darüber nach, wie sie nun ihn demütigen konnte. Dann war die Rechnung ausgeglichen, und die Suche nach Neuland in sich und dem anderen konnte beginnen.
    Es war drei Tage später, als die Berreskowa beim Mittagstisch beiläufig, als handele es sich um eine völlig unwichtige Sache, zu Malenkow sagte: »Bei einer Kiste mit Glasinstrumenten kannst du mir helfen, heute abend, wenn du dafür Zeit hast.«
    »Ich werde für Zeit sorgen«, antwortete er und aß mit einer beleidigenden Gleichgültigkeit weiter. »Muß ich Hammer, Meißel und Zange mitbringen?«
    »Das wäre gut.«
    »Hast du alles andere ausgepackt?«
    »Alles ist an seinem Platz. Nur diese eine große Kiste –«
    »Ich komme.« Er zerquetschte mit der Gabel eine Kartoffel in der dünnen Soße. »Spät kann es aber werden.«
    »Was heißt spät?«
    »Neun Uhr. Wir erwarten noch das U-Boot ›Borodin‹. Neue Verpflegung soll es bringen, Fertigteile für Häuser, Ziegel und Wärmedämm-Matten. Dein Haus ist warm genug?«
    »Sehr warm.«
    »Auch bei deiner Spezialität des Herumlaufens?«
    Sie wußte, worauf er hindeutete, und verzog die Lippen zu einem bösen Lächeln. »Gerade das macht warm!« sagte sie und schob ihren Teller weg. Sie erhob sich und winkte ab, als alle Offiziere aufspringen wollten, schickte ein Lächeln in die Runde und verließ die Kantine.
    »Eine mutige Genossin«, sagte einer der Offiziere, der ihr nachgeblickt hatte, bis sie außer Sicht war. »Auf dem Stützpunkt die einzige Frau. Ha, welche Frau! Eines Nachts wird man sie überfallen, einen Sack über ihren Kopf ziehen, und dann wird man über sie hinwegmarschieren, einer nach dem anderen …«
    »Welche Phantasien, Luka Michailowitsch.« Malenkow sah den Offizier, einen Major der Pioniere, mit hartem Blick an. »Laß sie nicht aus dir raushüpfen, mein Lieber. Ich bin verantwortlich für Ljuba Alexandrowna. Vor ein Militärgericht kommt jeder, der sie anrührt! Nichts, gar nichts nützt ein Sack über ihren Kopf, ich werde jeden finden. Und Glück muß er schon haben, wenn er eine Verhandlung noch erleben will.«
    Die Offiziere nickten. Einig waren sich alle, Beschützer der Berreskowa zu sein.
    Den ganzen Nachmittag über war Ljuba Alexandrowna in ihrem Haus beschäftigt. Man hörte sie hämmern, bohren, nageln und feilen, dann, am Abend, qualmte es aus dem Schornstein ihrer Dampfbanja. Eimer voller Eisstücke schleppte sie ins Haus, Eimer um Eimer, wie eine Ameise, die ein Honignest entdeckt hat. Anschließend deckte sie den Tisch mit Tellern und Gläsern und polierten Bestecken, ließ zwei Küchenhilfen hinein und nahm ihnen ab, was Anatol Viktorowitsch, selig, ihr dienen zu können, auf ihren Wunsch geschickt hatte: 200 Gramm Wodka, marinierte Pilze, eine Schüssel Nudelsalat, mit Hühnerfleisch gefüllte Piroggen, ein Töpfchen Rote Beete mit saurer Sahne und einen kleinen, schmalen, aber köstlich duftenden Butterkuchen.
    Mit Sinn für Wirkung und Überraschung baute sie alle diese Köstlichkeiten auf dem Tisch auf, und als ihre Wanduhr halb neun zeigte, ging sie in das Schlafzimmer, zog sich aus und schlüpfte in einen rosa Bademantel, auf dem große weiße

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