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Duell: Island Krimi (German Edition)

Duell: Island Krimi (German Edition)

Titel: Duell: Island Krimi (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Arnaldur Indriðason
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mit versteinerter Miene an, ging hinaus auf den Flur und schloss die Türe leise hinter sich.

Vier
    Damals während des ersten Sommers in Reykjavík war Marian Briem mit dem Chauffeur des Hauses zum See von Þingvellir gefahren, um Forellen zu fangen, die dann in dem kleinen Teich hinter der Villa ausgesetzt wurden. Das war seit Langem Tradition in der Familie, sie stammte aus der Zeit, als die Söhne des Hauses noch klein waren. Die Jungen hatten im Sommer ihren Spaß an den Fischen, die sich in dem Teich wohlzufühlen schienen. Sie schwammen hin und her und genossen es offensichtlich, dass ihnen Aufmerksamkeit geschenkt wurde. Wenn die Jungen an warmen Sommertagen ihre Füße im Teich kühlten, schwammen sie ihnen um die Beine herum. Gegen Abend kamen sie an die Oberfläche, ließen sich dort treiben, und es schien, als würden sie die Menschen beobachten, die im Garten saßen und sich unterhielten. Den Jungen hatte man streng verboten, die Forellen zu fangen oder sie auf andere Weise zu stören, doch wenn sie sich unbeobachtet fühlten, zogen sie die Fische manchmal an der Schwanzflosse aus dem Wasser, ließen sie eine Weile zappeln und gaben ihnen dann die Freiheit wieder. Im Herbst brachte der Chauffeur die Fische wieder zurück nach Þingvellir. Dort setzte er sie im See aus, wo sie blitzschnell in der kalten Tiefe verschwanden.
    Dieser Brauch wurde auch beibehalten, als die Söhne schon groß waren. Jeden Sommer wurden lebende Forellen aus dem See von Þingvellir geholt und in dem kleinen Teich ausgesetzt. Der Chauffeur, der seit etlichen Jahren im Dienst der Familie stand, trug den seltenen Namen Athanasius und war für alles Mögliche im und ums Haus zuständig. Die Familie beschäftigte außerdem zwei Hausmädchen, eine der beiden war auch Köchin. Athanasius kümmerte sich um die Instandhaltung von Haus und Besitz und sorgte dafür, dass bei Einladungen, sei es ein Cocktail-Empfang oder ein Dinner, alles reibungslos klappte. Darüber hinaus kümmerte er sich um den Garten, dem man ansah, dass dies Athanasius’ Lieblingsbeschäftigung war. Die allergrößte Freude machten ihm aber die Fahrten nach Þingvellir, um die Forellen für den Teich zu fangen.
    Marian half Athanasius, der sich auch selber als Faktotum bezeichnete, bei vielen Dingen. Sie mochten sich außerordentlich gerne, denn Athanasius brachte Marian eine große Zuneigung und viel Nachsicht entgegen und hatte immer kleine Aufgaben für das Kind, zum Beispiel bei der Gartenarbeit. Und so lernte Marian viel über die verschiedenen Kräuter, über fruchtbare Erde, über Wolkenformationen, die Regen ankündigten, und über die grüne Kraft der Sonne. Der Gemüsegarten der Familie befand sich im ehemaligen Torfstichgebiet von Kringlumýri am damaligen Stadtrand. Dort züchtete Athanasius Möhren, Steckrüben und Kartoffeln für den Haushalt. Zur Ernte fuhren die Bediensteten des Hauses in dieses Feuchtgebiet, in dem auch immer noch Torf gestochen wurde, und beluden den Lieferwagen mit dem Gemüse.
    Die Familie wurde von den Angestellten immer nur ›die Herrschaft‹ genannt. Als die Weltwirtschaftskrise zu Ende ging und die Menschen ganz andere und sehr viel schlimmere Zeiten herannahen sahen, stand der Wohlstand der Familie im Zenit. Der Herr des Hauses war einer derjenigen gewesen, die dank ihrer Umsicht und Tüchtigkeit Geld in der Fischereiwirtschaft gemacht hatten, und er ging klug und besonnen mit seinem Reichtum um. Er duldete keinerlei Verschwendung, aber nicht aus Geiz. Seine dänische Ehefrau war genauso praktisch veranlagt wie ihr Mann. Die beiden hatten drei Söhne, und alle wurden zum Studium nach Kopenhagen geschickt. Der älteste war vor einigen Jahren zurückgekehrt, hatte eine Familie gegründet und arbeitete als Rechtsanwalt. Die anderen beiden waren noch in Kopenhagen, kamen aber im Sommer nach Hause und arbeiteten dann im väterlichen Betrieb.
    Athanasius und Marian rumpelten in einem von der Reederei geliehenen Lieferwagen die Schotterstraße nach Þingvellir entlang. In Kilometern gerechnet war es keine lange Strecke, aber die Straße war in so miserablem Zustand, dass sie nur langsam vorankamen.
    »In Manitoba gab es doch wenigstens anständige Straßen«, stöhnte Athanasius, während er zu spät versuchte, einem größeren Stein auszuweichen, der nun von unten gegen das Chassis krachte.
    Athanasius war mit seinen Eltern nach Kanada gegangen, als er etwa im gleichen Alter wie Marian war, und hatte sich dort in den

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