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Duell: Island Krimi (German Edition)

Duell: Island Krimi (German Edition)

Titel: Duell: Island Krimi (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Arnaldur Indriðason
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die Stille hinein.
    »Außer mir kenne ich niemanden«, antwortete Athanasius. Er spulte seine Leine auf, um sie dann gleich wieder auszuwerfen. »Ich bin auf der Halbinsel Snæfellsnes zur Welt gekommen, gar nicht so weit entfernt von diesem verflixten Hof, wo du dich angesteckt hast. Dort gibt es sehr viele seltsame Namen, aber das weißt du ja sicher.«
    »Ich weiß nur von einem anderen Athanasius, und der war Bischof in Alexandria.«
    »Von dem habe ich auch gehört.«
    »Der Name bedeutet ›der Unsterbliche‹«, sagte Marian.
    »Ach ja, aber das betrifft mich ganz gewiss nicht. Glaubst du, dass so viel Grübeln gut für dich ist?«
    »Ich lese einfach nur gerne.«
    In diesem Augenblick biss ein Fisch an Marians Haken an, und zwar so heftig, dass die Angelrute beinahe über Bord gegangen wäre. Die Rolle summte, als die Angelleine blitzschnell von der Spule rollte. Die kleine Rute bog sich gewaltig und wurde bis auf die Wasseroberfläche herabgezogen.
    Athanasius schob sich langsam und vorsichtig zu Marian hinüber, um das Boot nicht zum Kentern zu bringen. Marian hielt die Rute immer noch in der Hand, doch nun fasste auch Athanasius mit an und spürte, dass es sich um ein ungewöhnlich großes Exemplar handeln musste.
    »Hier im See können die Fische sehr groß werden«, flüsterte er. »Vielleicht hast du da eine Riesenforelle am Haken.«
    »Willst du nicht lieber die Rute halten?«, fragte Marian.
    »Oh nein, den hier holst du selbst raus. Lass ihn noch eine Weile an der Leine ziehen, und dann holst du sie langsam ein. Wir werden ja sehen, was er dann macht.«
    Allmählich lief die Leine langsamer von der Rolle, und Marian begann, sie wieder einzuholen. Die Angelrute war so gebogen, dass sie jeden Augenblick brechen konnte, und sie vibrierte vehement im Kampf mit dem Fisch. Athanasius war der Überzeugung, dass der Fisch den Haken ganz geschluckt hatte, und deswegen befürchtete er nicht, dass er sich losreißen würde. Er setzte sich wieder auf die Ruderbank und legte sich in die Riemen, um ans Ufer zu kommen. Marian hielt den Griff der Rute umklammert und versuchte gleichzeitig, die Leine einzuholen. Athanasius steuerte das Boot an Land und half Marian beim Aussteigen. Die Kräfte der Forelle ließen jetzt anscheinend nach, genau wie die von Marian. Trotzdem wollte Athanasius sich nicht einmischen, denn Marian und nicht er hatte das Tier aus der Tiefe hervorgelockt. Die Forelle zappelte jetzt ein paar Meter vom Ufer entfernt am Haken und versuchte immer noch, sich loszureißen, ohne Erfolg. Marian zog sie an Land. Athanasius packte sie.
    »Was für ein Ungetüm«, sagte er und kniete sich neben den Fisch, eine zwölfpfündige Forelle. »Ich habe noch nie so einen großen Fisch aus dem See geholt.«
    »Nehmen wir den auch mit?«, fragte Marian.
    »Na klar.«
    Der Angelhaken hatte sich fest in einem Winkel des Mauls verhakt, und Athanasius löste ihn vorsichtig heraus. Anschließend warf er die Forelle zu den anderen beiden in den Bottich, den er mit einem Deckel verschloss und auf die Ladefläche des Lieferwagens stellte. Die Forelle lag wie benommen auf dem Boden des Bottichs und regte sich nicht.
    »Die wird sich richtig gut in unserem Teich machen, Marian«, sagte er. »Es ist die größte, die wir je hatten.«
    »Ist sie tot?«, fragte Marian.
    »Nein, die wird sich schon wieder erholen. So einfach ist es nicht, einen so großen Fisch umzubringen. Wann musst du in das Spital in Vífilsstaðir?«
    »Nächste Woche«, sagte Marian.
    »Das ist gut. Es wird dir guttun.«
    »Ich möchte aber gar nicht dorthin.«
    »Das darfst du nicht sagen. Es hat keinen Zweck, sich dagegen zu sträuben.«
    Athanasius strich Marian über den Kopf.
    »Es ist kein angenehmer Gesellschafter, den du da mit dir herumschleppst.«
    »Was für einen Gesellschafter?«, fragte Marian.
    »Den Tod«, sagte Athanasius.

Fünf
    Am Tag nach dem Leichenfund im Hafnarbíó fuhren Marian Briem und Albert gegen Mittag ein weiteres Mal zu dem Wohnblock im oberen Breiðholt-Viertel, an dem noch gebaut wurde. Ragnars Eltern Klara und Einar hatten sich frei genommen, und ihre beiden Töchter mussten an diesem Tag nicht in die Schule gehen. Die Frau hatte eine Stelle als Kassiererin in einem neuen Supermarkt ganz in der Nähe, und der Mann arbeitete bei einem Bauunternehmen. Albert hatte die beiden am Abend zuvor wieder nach Hause gebracht, nachdem sie ihren Sohn identifiziert hatten. Danach hatten sie ihren Töchtern sagen müssen, dass ihr

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