Duell: Island Krimi (German Edition)
Weltmeisterschaftsmatchs, hielt sich im Hintergrund. Fischer lehnte sich in seinem Sessel zurück und strich sich über den Kopf. Spasski setzte sich wieder.
Marian nahm sich kurz Zeit, um einen Blick auf den Stand der Partie zu werfen, der auf einer großen Leinwand angezeigt wurde. Fischer hatte tags zuvor die Aljechin-Verteidigung gewählt, in der Absicht, Spasskis Bauern nach vorne zu locken und zu isolieren, um sie dann anzugreifen. Spasski hatte bereits nach dem 12. Zug einen Bauern weniger, schien sich aber wieder gefangen zu haben, als die Partie vertagt wurde. Es war schwer zu sagen, wer den Sieg davontragen würde, auch wenn die meisten auf Fischer setzten. Den Zuschauern stand die gespannte Erwartung, die sich mit jedem Zug steigerte, ins Gesicht geschrieben.
Auf dem Weg zur Veranstaltungshalle hatte Marian Albert gebeten, bei einer bestimmten Adresse zu halten. Albert durfte jedoch bei diesem Treffen nicht dabei sein, er musste im Auto warten. Albert protestierte heftig dagegen, aber Marian ließ sich nicht beirren und sagte, es sei erfolgversprechender, die Frau behutsam anzugehen. Darauf gab Albert nichts.
»Aber was ist, wenn dieser Viðar bei ihr ist?«, sagte er nach kurzem Schweigen. »Was wirst du dann tun? Willst du ihn noch einmal entwischen lassen?«
»Ich glaube, ich könnte ihn dazu bringen, mit uns zusammenzuarbeiten«, entgegnete Marian.
»Wieso weißt du eigentlich von Viðar? Warum kannst du mir das nicht einfach sagen?«
»Ich würde dann ein Versprechen brechen, das ich gegeben habe.«
»Wieso vertraust du mir nicht?«
»Das tu ich …«
»Das tust du ganz und gar nicht! Du enthältst mir Informationen vor. Jetzt gerade schon wieder, in Bezug auf diese Frau!«
»Auf gar keinen Fall, Albert. Ich war nur der Meinung, dass man diese Frau besser sanft anfasst, und so gesehen ist es auf jeden Fall besser, dass ich allein und unter vier Augen mit ihr spreche.«
Albert blieb stur. Marian wurde wütend, sprang aus dem Auto und knallte die Tür heftig zu.
Die Frau, die Marian unbedingt sprechen wollte, wohnte in einem zweistöckigen Haus im Þingholt-Viertel, das kurz nach der Jahrhundertwende gebaut worden war. Sie lebte auf der unteren Etage. Marian hatte in den letzten Tagen häufig daran gedacht, ihr einen Besuch abzustatten, es aber immer wieder aufgeschoben. Und jetzt war es womöglich schon zu spät. Albert war gereizt im Auto zurückgeblieben. Marian hörte es drinnen klingeln, und bald darauf öffnete sich die Tür.
»Bríet?«, fragte Marian.
»Ja?«
»Bríet Lárusdóttir, Krankenschwester?«
Die Frau nickte, ihre Miene drückte Besorgnis aus.
»Ist Viðar Eyjólfsson bei dir?«
Marian und Albert hielten im Zuschauerraum nach Viðar Ausschau, konnten ihn aber nicht entdecken. Albert klapperte halb gebückt eine Reihe nach der anderen ab, um Viðar unter den Zuschauern zu finden.
Von Fotos in den Zeitungen wusste er, wie der sowjetische Botschafter aussah. Er saß in der Mitte der ersten Reihe. Und er kannte auch den Mann, der zwei Plätze entfernt vom Botschafter saß.
Juri Vygocki.
»Und wer bist du?«, fragte Bríet in der Tür.
»Ich bin von der Kriminalpolizei«, sagte Marian. »Dürfte ich dich vielleicht einen kleinen Augenblick stören? Ich leite die Ermittlung wegen des Mordes im Hafnarbíó, von dem du sicher gehört hast.«
Die Frau sah Marian lange an. Ihrer Miene war keine Verwunderung anzumerken.
»Ist was mit Viðar?«, fragte sie schließlich.
»Ist er nicht bei dir?«
»Nein, er hat heute nur ganz kurz bei mir hereingeschaut, er konnte nicht lange bleiben.«
»Weshalb fragst du, ob etwas mit Viðar ist?«
»Warst du bei ihm an seinem Arbeitsplatz?«
»Ja.«
»Er hatte den Verdacht, dass du zu mir kommen würdest. Du siehst genauso aus, wie er dich beschrieben hat.«
»Ich glaube, er befindet sich in Gefahr«, sagte Marian. »Darf ich vielleicht hereinkommen?«
»Er hat mir gesagt, ich solle nicht mit dir reden.«
»Ich kann ihm helfen, wenn du mir hilfst.«
»Er glaubt, dass du ihm alles kaputt machst. Er hatte vor, morgen mit dir zu sprechen, vielleicht sogar noch heute am späten Abend. Er hat wegen des Mordes an dem armen Jungen sehr gelitten. Er hat kaum schlafen können. Er glaubt, dass er dafür verantwortlich ist, obwohl das überhaupt nicht stimmt.«
»Darf ich hereinkommen?«
Die Frau sah Marian lange an.
»Viðar hat gesagt, ich solle nicht mit dir sprechen.«
»Ich kann ihm helfen. Bitte, vertrau mir. Ich
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