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Duell: Island Krimi (German Edition)

Duell: Island Krimi (German Edition)

Titel: Duell: Island Krimi (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Arnaldur Indriðason
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hatte, das Gerät wieder in Gang zu bringen, hatte der Vorführer bereits die Lichter im Saal gelöscht. Und dann saßen auf einmal zwei Männer in der Reihe vor ihm. Das störte ihn, denn er wollte im Kino für sich sein, und jetzt musste er sich recken, um den Film sehen zu können. Er fand es im Grunde genommen eine Zumutung, dass die beiden sich so spät sozusagen direkt vor seine Nase gesetzt hatten, denn der Film hatte schon längst angefangen. Vielleicht hatten sie ihn einfach nicht bemerkt, weil er an seinem Gerät herumfummelte, während sie sich im Dunkeln auf ihre Plätze setzten.
    Jetzt funktionierte der Rekorder wieder. Es gab keine Vorschau auf Little Big Man , eine weitere Enttäuschung, der Hauptfilm begann sofort. Er fühlte sich ganz und gar nicht wohl auf seinem Platz, denn seine Gedanken kreisten ständig um die Störenfriede, und er überlegte, ob er sich woanders hinsetzen sollte.
    Aber er blieb sitzen. Er wollte auf keinen Fall noch einmal so zurechtgewiesen werden wie neulich im Gamla bíó. Er wollte nicht, dass diese Männer auf ihn aufmerksam wurden und den Platzanweiser herbeiriefen und womöglich sogar die Vorführung unterbrechen würden. Dann würde ihm bestimmt der Rekorder abgenommen werden. Er wollte nicht gegen irgendwelche Gesetze verstoßen, also achtete er darauf, dass niemand merkte, was er da machte. Er nahm das hier doch nur zu seinem Vergnügen auf und war der Überzeugung, dass er niemandem dadurch schadete.
    Aber er fürchtete sich davor, noch einmal jemandem wie dem Mann in der blauen Windjacke zu begegnen, der ihn bis zur Bankastræti verfolgt und ihm auf eine merkwürdige Art gedroht hatte. Das war ihm noch nie passiert, und er hatte sich nicht dagegen wehren können. Er hatte nicht gewusst, was er sagen sollte, und dieser Mann hatte einfach nicht locker gelassen.
    Die beiden Männer vor ihm waren anscheinend nicht gekommen, um sich den Film anzusehen, denn sie unterhielten sich die ganze Zeit leise. Er verstand zwar nichts von dem, was sie miteinander beredeten, aber er glaubte zu hören, dass sie englisch miteinander sprachen. Es mussten also Ausländer sein. In Reykjavík wimmelte es schließlich wegen der Schachweltmeisterschaft nur so von Ausländern.
    Er stellte den Kassettenrekorder auf die Schultasche, die auf seinen Knien lag, weil er ihn ganz nah bei sich haben wollte. Aber er hatte auch vor, sich einen kleinen Spaß mit den Männern vor ihm zu erlauben. Also richtete er das Mikrofon auf sie, so als würde er das aufnehmen, was sie miteinander besprachen. Doch plötzlich war Seite A der Kassette zu Ende, und der rote Aufnahmeknopf schoss mit einem vernehmlichen Klacken hoch. Er erschrak.
    Die Männer hörten beide das Geräusch hinter sich und drehten sich sofort um. Er machte sich ganz klein auf seinem Platz und beschloss, die Aufnahme abzubrechen, doch da erhob sich derjenige, der ihm am nächsten war, lautlos und blitzschnell wie eine Katze aus seinem Sitz.
    Im gleichen Moment wurde die Filmmusik lauter, und der Kinosaal lag auf einmal wieder im Dunkeln.    

Siebenundvierzig
    Ragnars Eltern hörten sich schweigend Marian Briems Ausführungen darüber an, weshalb ihr Sohn in einer Fünfuhrvorstellung im Hafnarbíó umgebracht worden war. Marian konnte nun all das bestätigen, was bisher nur Vermutung gewesen war. Der Angriff war so plötzlich und so präzise erfolgt, dass Ragnar selber kaum irgendetwas gespürt hatte, falls das ein Trost sein konnte. Es war ein tragischer Zufall gewesen.
    Von draußen drang das Geräusch von Hammerschlägen in die kleine Wohnung im Breiðholt-Viertel. Aus dem Wohnzimmerfenster sah man Armierungseisen, Gerüste und graue Betonfassaden, Bauarbeiter und Handwerker waren bei der Arbeit. Aus dem Radio erklang leise Musik.
    »Ihr habt natürlich in den Nachrichten gehört, dass die Russen alles abstreiten«, sagte Marian. »Sie behaupten, all das sei pure Erfindung und Lüge, die Amerikaner hätten das Schachduell mit diesen absurden Anschuldigungen behindern wollen, und die isländischen Behörden seien ihnen dabei zur Hand gegangen. Natürlich dementieren die isländischen Behörden das alles, besonders die illegalen Lauschangriffe, denen Viðar und Bríet ausgesetzt gewesen waren.
    »Also geht es in diesem Fall nur noch um ein politisches Gerangel, und niemand hat mehr das geringste Interesse an Ragnar«, sagte Ragnars Mutter
    »Die russische Propagandamaschinerie ist sofort angelaufen«, erklärte Marian. »Bei den Russen

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