Duell: Island Krimi (German Edition)
gehabt. Er vertraute dir, aber du hast ihn verraten.«
Viðar sah lange zu Bríet hinüber, doch die starrte immer noch vor sich hin.
»Bríet hat sich die Sache mit Ragnar sehr zu Herzen genommen«, sagte er schließlich und seufzte tief. Und dann verstummte er, ohne die Augen von Bríet abzuwenden, so als warte er auf ihre Reaktion.
»Es ist gut so«, flüsterte sie. »Ragnars Familie hat ein Recht darauf zu wissen, was im Hafnarbíó passiert ist.«
»Solange ich mich zurückerinnern kann, hat Juri immer irgendein Messer bei sich gehabt«, sagte Viðar. »Er geht sehr viel auf die Jagd, und deswegen interessiert er sich für gute Messer, er sammelt sie. Hier auf Island musste er besonders auf der Hut sein, und deswegen war er vermutlich seelisch nicht ganz im Gleichgewicht, das kann man vielleicht nachvollziehen. Als ich erfuhr, auf welche Weise dieser Junge im Kino umgebracht wurde, also dass er erstochen wurde, wusste ich sofort, dass es Juri gewesen sein musste. Ich habe es ihm auf den Kopf zugesagt, aber er hat es abgestritten. Auch als ich ihm sagte, dass ich wüsste, dass er immer ein Messer bei sich tragen würde.«
»Wir haben eine Zeugin aus dem Kino, eine Frau, die Vygocki erkannt hat«, entgegnete Marian. »Er saß hinter ihr, aber sie hat keinerlei Blutspuren an ihm bemerkt, allerdings hat sie wahrscheinlich auch nur seinen Kopf bis zu den Schultern gesehen. Er muss voller Blut gewesen sein.«
Bríet blickte hoch.
»Er hat zugegeben, dass er den Jungen erstochen hat«, sagte sie. »Er hat es Viðar gegenüber schließlich zugegeben. Es ist vollkommen richtig, was du sagst. Ich habe Viðar davon überzeugt, Juri an die Russen auszuliefern. Sonst wäre er davongekommen. Es wäre nicht gerecht gewesen.«
Sie sah Viðar an.
»Ich bereue es nicht.«
Viðar reagierte nicht auf diese Bemerkung.
»Wir konnten ihn nicht anzeigen«, fuhr Bríet fort. »Ihr hättet keine Handhabe gegen ihn gehabt, er stand unter diplomatischem Schutz. Wenn die Russen gewusst hätten, was Juri vorhatte, hätten sie sich an seiner Familie gerächt, die darauf wartete, nach Helsinki auszureisen. Auf einmal war alles so kompliziert. Elena und ich waren gut befreundet, und wir kennen auch ihre Kinder sehr gut.«
»Elena?«
»Juris Frau. Wir haben ihnen immer zu Weihnachten Geschenke geschickt. Ich konnte die Vorstellung nicht ertragen, dass ihnen etwas zustoßen würde. Wir sind befreundet.«
»Du hast mir erzählt, der Amerikaner hätte Ragnar erstochen«, sagte Marian. »Du wolltest nicht, dass irgendetwas deine und Viðars Pläne durchkreuzte.«
Bríet nickte.
»Und Viðar hat dann Juri den Russen ausgeliefert. Er hat ihm gesagt, dass die Amerikaner auf dem Parkplatz vor der Halle warten würden, aber in Wahrheit warteten dort die Russen. Juri ist ihnen direkt in die Arme gelaufen.
Bríet nickte ein weiteres Mal.
»Wir haben den Apparat«, sagte Viðar.
»Was für einen Apparat?«
»Den Kassettenrekorder von Ragnar«, sagte Bríet.
»Juri hat uns gesagt, dass wir ihn vernichten sollten«, sagte Viðar.
»Ihr habt den Kassettenrekorder?«
»Eigentlich wollte ich mir die Kassette nicht anhören«, sagte Bríet, »aber irgendwie hatte ich das Gefühl, es Ragnar schuldig zu sein.«
»Der Amerikaner hat sich um die Schultasche gekümmert«, sagte Viðar. »Juri hat das Gerät in seinen Mantel gewickelt, so konnte er auch die Blutflecken verdecken. Danach hat er sich im Kino auf einen anderen Platz gesetzt und auf das Ende des Films gewartet. Ich wohne ganz in der Nähe des Kinos, wie du weißt. Er hat das Gerät mit den Kassetten und den Mantel zu mir gebracht und gesagt, ich würde schon wissen, wie man so etwas beseitigt. Ich habe alles bei mir im Garten vergraben. Bríet hat mir verboten, die Sachen wegzuwerfen.«
»Ich wollte wissen, was passiert ist«, sagte Bríet.
»Bríet hat mich gebeten, ihr die Sachen zu bringen, bevor ich sie dir aushändige«, sagte Viðar.
»Ich habe alles hier«, sagte Bríet, während sie sich vorbeugte, um aus einem niedrigen Schrank einen Schuhkarton zu holen. Als sie den Deckel abnahm, kamen ein Rekorder und eine Kassette zum Vorschein.
»Waren es nicht zwei Kassetten?«, fragte Marian.
»Die andere steckt noch im Apparat, so wie Ragnar ihn hinterlassen hat.«
Bríet holte das blutbefleckte Gerät aus dem Karton.
»Fass es lieber nicht an«, sagte Marian.
»Macht das jetzt noch irgendwas aus?«, fragte Bríet.
Sie spulte ein wenig zurück und drückte auf Play
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