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Duell: Island Krimi (German Edition)

Duell: Island Krimi (German Edition)

Titel: Duell: Island Krimi (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Arnaldur Indriðason
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anscheinend der Meinung, dass irgendetwas unbedingt geheim gehalten werden müsse. Etwas, von dem sie auf keinen Fall wollten, dass es bekannt wird. Etwas, von dem sie nicht wollten, dass es auf einer Kassette existiert. Zum Spaß macht man so etwas schließlich nicht.«
    »Gesetzt den Fall, dass es ein solches Motiv gäbe …«
    »Ja, ich höre.«
    »Dann hat Ragnar womöglich einfach nur Pech gehabt«, fuhr Albert fort. »Es sind Personen in dieser Fünfuhrvorstellung, die das Hafnarbíó als Treffpunkt benutzen wollen. Sie gehen davon aus, dass sie während des Films mit seiner Geräuschkulisse ungestört miteinander reden können. Sie sitzen im Dunkeln, und niemand schenkt ihnen besondere Aufmerksamkeit. Sie kommen getrennt zur Vorstellung und verhalten sich unauffällig.«
    »Sie setzen sich, nachdem es dunkel geworden ist, nachdem die Vorführung bereits begonnen hat«, fuhr Marian fort. »Sie haben den Jungen gar nicht bemerkt, vielleicht hatte er sich gebückt und fummelte an seinem Rekorder herum. Aber plötzlich bemerken sie, dass er hinter ihnen sitzt.«
    »Und irgendwie werden sie auf das Gerät aufmerksam«, sagte Albert. »Ihnen wird klar, dass der Junge ihr Gespräch aufzeichnet. Sie sehen das Gerät und das Mikrofon.«
    »Und sie zögern keine Sekunde, sondern schreiten sofort zur Tat.«
    »Der Junge wird erstochen.«
    »Ich weiß nicht, das klingt überhaupt nicht nach Island. Kannst du darin irgendetwas Isländisches sehen?«
    »Was meinst du damit?«
    »Hätte es nicht gereicht, dem Jungen das Gerät und die Kassetten abzunehmen und es dabei bewenden zu lassen?«
    »Ja. Weshalb sind die so weit gegangen?«
    »Sie wollten ihn zum Schweigen bringen«, sagte Marian Briem. »Vielleicht glaubten sie, dass er gehört hatte, über was sie sich unterhielten. Vielleicht reichte es ihnen nicht, an die Kassetten zu kommen, weil sie nicht wussten, wie viel der Junge mitgehört und verstanden hatte. Sie hatten keine Ahnung, wer er war. Sie mussten jedes Risiko ausschließen.«
    »Und deswegen erstechen sie ihn? Weil er gehört hat, worüber sie sprachen?«
    Marian blickte zu den Basaltsäulen an der Fassade des Nationaltheaters hoch.
    »Die Stadt ist voller Ausländer. Wahrscheinlich waren es seit den Kriegsjahren nicht mehr so viele.«
    »Willst du damit sagen, dass es sich bei den Personen im Kino um Ausländer gehandelt hat?«, fragte Albert.
    »Möglicherweise befürchteten sie, dass ihnen jemand den Jungen auf den Hals gehetzt hatte, um sie zu beschatten und ihre Gespräche mitzuschneiden.«
    »Ausländer?«
    »Es wäre absurd, diese Möglichkeit nicht in Betracht zu ziehen«, entgegnete Marian. »Ganz und gar absurd. Diese Personen standen wegen irgendetwas unter Stress, das nicht ans Licht kommen durfte. Im wahrsten Sinne des Wortes. Andere Möglichkeiten kommen kaum in Betracht. Ragnar hatte kein Geld bei sich, um Diebstahl kann es sich nicht gehandelt haben. Er war kein Junge, der sich ständig mit anderen streitet, dazu passt auch, dass niemand im Kino irgendetwas von ihm gehört hat. Er besaß zwar diesen Kassettenrekorder, aber wer bringt deshalb jemanden um?«
    * * *
    Der Gerichtsmediziner war im Begriff, seinen Obduktionsbericht abzuschließen, als Marian Briem das Leichenschauhaus am Barónsstígur betrat und dem Geräusch von klappernden Tasten folgte. Der Mann saß an einem Schreibtisch und hämmerte so auf die Schreibmaschine ein, dass es über den ganzen Korridor hinweg zu hören war. Er ging auf die vierzig zu und hatte eine Ausbildung an einer Universitätsklinik in den Vereinigten Staaten absolviert, er war ein eher schweigsamer und ruhiger Mensch. Als Marian Briem in der Tür erschien, hielt er inne und nahm die Pfeife aus dem Aschenbecher und reinigte sie gründlich, bevor er neuen Tabak in den Pfeifenkopf stopfte.
    »Ich kann nichts über das Messer sagen, das verwendet wurde«, sagte er. »Falls du deswegen gekommen bist.«
    »Aber du hast doch sicher eine Vermutung«, sagte Marian, ohne sich zu setzen.
    »Es könnte sich um ein ganz normales Taschenmesser gehandelt haben«, sagte der Mann, während er weiter seine Pfeife stopfte. »Das Blatt ist weder lang noch breit. Der Täter hat genau an den richtigen Stellen zugestochen, die Spitze ist so scharf, dass sie leicht durch die Kleidung zum Herzmuskel und zur Arterie vordringen kann.«
    »Und dazu reicht ein Taschenmesser?«
    »In der Hand des richtigen Mannes, ja«, sagte der Rechtsmediziner und steckte seine Pfeife an. »Gar keine

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