Duell: Island Krimi (German Edition)
arbeitet, hat Urlaub. Matthías löst ihn ab und …«
»Und?«
Marian glaubte zu bemerken, dass die Frau zögerte.
»Er musste mal kurz weg«, sagte Kiddý.
»Ja, du hast gesagt, er käme erst später.«
»Nein, ich meine nicht jetzt, sondern dass er an dem Tag, als das passierte, wegmusste.«
»Ach ja? Davon hat er mir nichts erzählt.«
»Nein.«
»Trotzdem wusste er aber von der Frau und dem Jungen und sonst noch so einiges über die Besucher, die in der Vorstellung waren«, sagte Marian. »Er hat auch den Meteorologen bemerkt.«
»Ich habe ihm von diesen Besuchern erzählt. Er hatte mich darum gebeten, als er herausfand, was in der Vorstellung passiert war. Er stand total unter Schock. Er hat die Leiche gefunden. Matthías ist ein prima Kerl, aber wenn er einspringt, passiert immer alles Mögliche.«
»Er hat also gar nicht an der Tür zum Saal gestanden?«
»Doch, zu Anfang schon. Wir lassen die Leute normalerweise fünfzehn bis zwanzig Minuten vor der Vorführung herein, damit sie nicht draußen stehen und frieren müssen. Vor allem im Winter. Und dann kam sie auf einmal, sie wollte sich mit Matthías treffen. Die Tür stand auf, und ich habe die Karten einfach schon hier abgerissen.«
»Wer kam, um sich mit ihm zu treffen?«
»Er hat eine Freundin, und die arbeitet in einer Boutique auf dem Laugavegur. Und auf einmal tauchte sie hier auf und machte einen Aufstand. Sie sind zusammen hinters Haus gegangen.«
»Aber … Hätten sich in der Zeit nicht Leute ins Kino schleichen können?«
Kiddý antwortete nicht. Das hellblaue Haarband passte gut zu dem Minirock, den sie trug.
»Er ist wirklich ein prima Kerl, aber er hat sich nicht getraut zuzugeben, dass er weg war«, sagte sie. »Als er zurückkam, lief der Film bereits fünf Minuten. Eigentlich ist das ja auch überhaupt keine große Sache, aber dann … dann passierte dieser, dieser Horror.«
»Die Tür zum Kinosaal stand also offen«, sagte Marian und zeigte in die Richtung. »Und du warst hier an der Kasse.«
»Ja.«
»Hätte sich jemand ins Kino schleichen können, ohne dass du es bemerkt hättest?«
Kiddý starrte auf die dänischen Wochenzeitschriften. In einer war ein Fortsetzungsroman, in den sie an diesem Tag vertieft gewesen war.
»Ich weiß es nicht.«
»Was glaubst du? Möglicherweise ein Mann in einer blauen Windjacke?«
»Möglich wäre es«, sagte sie.
Albert telefonierte mit seiner Frau. Sie hieß Guðný, sie waren schon fast zehn Jahre verheiratet und hatten drei Kinder, drei Mädchen. Sie sehnte sich danach, wieder zu arbeiten, denn seit der Geburt der ältesten Tochter hatte sie sich um die Kinder gekümmert. Aber jetzt hatte sie sich in die neu eingerichtete Abendschule am Hamrahlíð-Gymnasium eingeschrieben, um das Abitur nachzumachen und anschließend Jura an der Universität zu studieren.
»Was möchtest du denn am liebsten machen?«, fragte sie, als sie hörte, dass Albert unter Zeitdruck stand.
»Was meinst du?«
»Na, an deinem Geburtstag, du Schussel. Die Mädchen sind gespannt wie die Flitzebögen. Sie wollen eine riesengroße Schokoladentorte für dich backen. Willst du, dass die Omas auch dabei sind, oder sollen wir lieber zu fünft feiern?«
»Wär’s nicht besser, die Omas dabeizuhaben?«, entgegnete Albert. »Ich möchte sie auf keinen Fall vor den Kopf stoßen. Und sie können babysitten, während wir beide ausgehen.«
»Ausgehen?«
»Ich könnte mir vorstellen, dass wir essen gehen, beispielsweise im Naust.«
»Da willst du mit mir hin? Können wir uns das denn leisten?«
»Keine Ahnung, für die Finanzen bist du zuständig.«
»Willst du uns womöglich einen Brandy Alexander spendieren?«
»Denkbar.«
»Ich rede mit den Omas.«
Die technische Abteilung der Kriminalpolizei war nicht mehr als ein kleines Labor inmitten der Büros im Quartier am Borgartún. Die Räumlichkeiten waren außerordentlich beengt und vollgestopft mit Apparaten und Geräten zur Tatortuntersuchung. Die Abteilung war viel zu klein, um alle kriminaltechnischen Ermittlungen durchführen zu können. Die komplizierteren Untersuchungen, beispielsweise die ballistischen, wurden in ausländischen Labors durchgeführt. Den Mitarbeitern standen aber ausgezeichnete Geräte zur Verfügung, um Fingerabdrücke zu untersuchen und Fotos auszuwerten, und die Mitarbeiter der Kriminalpolizei machten regen Gebrauch davon.
Der Leiter der technischen Abteilung trug Latexhandschuhe und zeigte Albert diverse Fingerabdrücke, die man
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