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Duell: Island Krimi (German Edition)

Duell: Island Krimi (German Edition)

Titel: Duell: Island Krimi (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Arnaldur Indriðason
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Marian eine Treppe höher ging, wo sich die Ärztezimmer befanden. Ein Arzt horchte Marian gründlich ab und bereitete das Hineinpumpen der Luft vor. Marian hatte den Krankenbericht vom Vífilsstaðir-Spital dabei und reichte ihn dem Arzt. Er nahm die Papiere lächelnd entgegen und blätterte darin.
    »Du hast eine lange Reise hinter dir, den ganzen weiten Weg von Island«, sagte er langsam und in einfachem Dänisch. Da Athanasius Marian ein wenig Dänisch beigebracht hatte, war es gut zu verstehen. Marian nickte.
    »Und nur mit einem Lungenflügel.«
    Der Arzt lächelte wieder. Der Eingriff verlief ohne Komplikationen. Die Geräte sahen ähnlich aus wie die in Vífilsstaðir, und Marian spürte kaum, dass die Nadel in die Brust eindrang und die Luft hineingepumpt wurde.
    Der Arzt merkte, dass sich Marian an diesem neuen Ort unsicher fühlte, und erzählte zur Ablenkung einiges über das Sanatorium. Durch eine Spendenmarke der dänischen Post war das notwendige Geld für dessen Bau gesammelt worden. In dem Sanatorium gab es Betten für einhundertzwanzig Kinder. Besonders eindrucksvoll war die geschwungene Liegehalle unter den Kolonnaden vor dem Hauptgebäude, wo die Kinder die frische Meeresluft einatmen konnten.
    »So, nun ist es überstanden«, sagte der Arzt und zog die Nadel vorsichtig heraus. »Sag Bescheid, wenn sich der Druck wieder verringert. Ansonsten konzentriert sich bei uns wie bei allen anderen Lungensanatorien die Behandlung im Wesentlichen auf Entspannung und Ruhe, und dazu Gymnastik, gesundes Essen, frische Luft und gute Pflege.«
    Der Arzt brachte Marian zur Tür.
    »Die Kinder hier sind alle sehr nett«, sagte er. »Sie versuchen, trotz der Krankheit ein normales Leben zu führen. Also versuch ja nicht, dich hier in Kolding zu langweilen.«
    Das Hauptgebäude des Sanatoriums war imposant. Es hatte eine moderne Küche und getrennte Speisesäle für Patienten und Angestellte. Außerdem gab es eine Werkstatt und zwei Räume mit mehreren Höhensonnen. Im obersten Stockwerk befanden sich der Operationssaal und eine Zahnarztpraxis. In den geräumigen Zimmern mit ihren großen Fenstern waren jeweils mehrere Kinder untergebracht, und genau wie in Vífilsstaðir wurde sehr darauf geachtet, dass die Räume immer gut durchlüftet waren. Aus dem Dach in der Mitte des Gebäudes ragte ein kleiner Aussichtsturm auf, und darunter war ein Relief mit acht Putten um einen Brunnen, auf dem Sundhed stand – Gesundheit.
    In der ersten Nacht lag Marian wach im Bett und dachte an Athanasius und die Abschiedsstunde an Bord der Gullfoss, bevor sie aus dem Hafen in Reykjavík auslief. Athanasius war besorgt, er war unruhig in der Kabine auf und ab gegangen und hatte wer weiß wie oft zusammen mit Marian kontrolliert, dass nichts vergessen und alles geregelt war. Am wichtigsten war für Athanasius gewesen, dass Marian gleich nach der Ankunft in Kopenhagen direkt zum Bahnhof gebracht wurde, sich im Sanatorium immer gut benahm und sich genau an die Regeln dort hielt. Die Hafenarbeiter standen schon bereit, um die Leinen loszumachen, als Athanasius endlich von Bord ging. Er blieb auf dem Kai stehen und winkte Marian zu.
    »Ich schreibe dir«, hatte er gerufen. »Und lass mich sofort wissen, wenn dir irgendetwas fehlt.«
    Marian vergrub das Gesicht im Kissen. Ein Mädchen ungefähr im gleichen Alter betrat auf leisen Sohlen das Zimmer und trat an das Bett.
    »Schläfst du schon?«, flüsterte es auf Isländisch.
    Marian sah es im Dämmerlicht nur undeutlich, erinnerte sich aber daran, es bei der Ankunft in der Eingangshalle des Sanatoriums gesehen zu haben, zusammen mit anderen Kindern. Das Mädchen war Marian aufgefallen, weil es wie gebannt auf die isländische Fahne an Marians Koffer starrte, den Athanasius gekauft hatte. Die anderen Kinder waren zum größten Teil schon schlafen gegangen. Das Mädchen hatte rotes Haar und klare, wenn auch sehr bleiche Gesichtszüge.
    »Nein«, ließ Marian sich vernehmen.
    »Ich habe gesehen, dass du aus Island bist«, flüsterte das Mädchen und setzte sich auf einen weißen Hocker neben dem Bett. »Wegen der Fahne am Koffer.«
    »Ja«, sagte Marian.
    »Ich komme auch aus Island«, sagte das Mädchen, »aber ich wohne in Århus. Ich glaube, wir sind im Augenblick die einzigen Isländer hier. Ich war schon voriges Jahr in diesem Sanatorium, und damals waren da noch zwei andere Isländer. Es ist wunderschön hier.«
    »Alles ist so groß und überwältigend«, sagte Marian

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