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Dünengrab

Dünengrab

Titel: Dünengrab Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Sven Koch
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Nebel zauberte feine Tröpfchen auf die Windschutzscheibe. Femke schluchzte ein letztes Mal, was ihren Körper erneut erbeben ließ. Dann stellte sie den Motor aus, schnallte sich ab, griff nach der Taschenlampe und löste im Aussteigen mit dem Daumen die Holstersicherung, um ihre Dienstwaffe schnell ziehen zu können. Mit der anderen Hand griff sie nach dem Handy und suchte im Gehen nach Tjarks Nummer. Sie hoffte, dass sie ihn endlich erreichte. Sie hörte den Wind und leise in der Ferne das Meer rauschen, was von der baldigen Flut kündete.
    Der Lichtkegel der Taschenlampe suchte den Hauseingang ab und fand dort einen mit Geranien bepflanzten Kübel. Femke klemmte sich die Maglite unter die Achseln und hob das Terrakottagefäß an. Darunter lag der Hausschlüssel wie eh und je. Sie nahm ihn und öffnete damit die Tür. Zweimal rumschließen, dachte sie, es waren immer zwei Mal. Dann betrat sie das Haus und nahm die rot blinkende LED wahr. Sie war in ein Kunststoffgehäuse mit »EagleEye«-Aufdruck eingelassen und würde in diesem Moment einen Impuls senden. Dieser gäbe einerseits ein Signal auf das Handy des Hausbesitzers als auch ein Signal an die Polizeiinspektion, in der Torsten heute Spätschicht hatte. Torsten würde dann wissen, dass jemand das Haus betreten hatte.
    Mehr als fünf Minuten würde sie hier nicht brauchen, weil sie wusste, wo sie zu suchen hatte. Es würde etwa zehn Minuten bis eine Viertelstunde dauern, bis der Hausbesitzer eintraf. Sollte sich ihre Vermutung als falsch erweisen, hätte sie also genug Zeit, um entweder zu verschwinden und alles abzublasen oder ihre Präsenz vor Ort damit zu erklären, dass ein Alarm ausgelöst worden sei und sie die Sache gerade überprüfe. Aber sie ahnte, dass sie nicht falschlag. Tjark und Fred könnten in weiteren fünf bis acht Minuten da sein und die Verhaftung vornehmen, wenn Femke recht hatte – und falls Tjark endlich ans Telefon gehen würde …

70
    Ceylan verließ den Raum, der mit Gesprächen, Gelächter und dem Geräusch von klirrenden Gläsern angefüllt war: Man war zum inoffiziellen Teil übergegangen. An ihr drängte sich eine kleine Gruppe von Personen vorbei. Sie trugen Infomappen unter dem Arm, warfen Blicke auf ihre Handys und gingen zu den Autos. Nur einer wählte den Weg zu einem Motorroller. Es war Fokko Broer, der sich in der Menge sichtlich unwohl gefühlt hatte.
    Es war kalt geworden. Ceylan fröstelte, als sie zu Ruven ging, der sich in einigen Metern Entfernung dezent im Hintergrund hielt. Ceylan erkannte nur seine Umrisse neben einem Stapel von Getränkekisten im diffusen Licht einer Halogenlampe. Nebel war aufgezogen, und er schien immer dichter zu werden. Damit konnte Tjark seine Beobachtungsmission nun wohl vergessen. Einen Moment lang stoppte Ceylan, um zwei abfahrende Autos sowie Broer auf seinem Roller passieren zu lassen. Sie nahm das Handy aus der Brusttasche und stellte die Video-App aus, was die Audio-Standleitung beendete. Sie wählte Tjarks Nummer, regelte die Empfindlichkeit des Mikros runter und sprach hinein.
    »Hey, Tjark.«
    »Hey, Ceylan«, antwortete er.
    Seine Stimme klang leise. Der Knopf in Ceylans Ohr war etwas verrutscht. Sie richtete ihn mit dem Zeigefinger, bis Tjark wieder deutlich zu hören war. »Es ist dunkel und neblig«, sagte sie.
    »Das habe ich auch schon bemerkt.«
    »Soll ich mir wirklich noch das Areal ansehen?«
    »Ist dir im Inneren etwas aufgefallen?«
    »Nichts, was dir nicht auch aufgefallen wäre.«
    »Hast du …«
    »Ich habe Faserproben genommen.«
    »Gutes Mädchen.«
    Ceylan ging ein paar Schritte weiter und blieb vor Ruven stehen. Er trug eine dunkle Jacke mit »EagleEye Security«-Aufdruck und eine dunkle Cargohose – genau wie sie. Ruven war groß. Er stand breitbeinig, stabil, hatte die Arme hinter dem Rücken verschränkt und warf Ceylan einen freundlichen Blick zu, den sie erwiderte.
    »Was ist jetzt mit dem Gelände?«
    »Ist die Sicht vor Ort wirklich so schlecht? Ich brauche noch eine Materialprobe von den Lkw-Planen.«
    Etwas piepte. Ein Ruck ging durch Ruven. Er tastete seinen rechten Oberschenkel ab, bis er ein Handy aus der aufgenähten Tasche zog. Er warf einen Blick darauf und wirkte von einem Moment auf den nächsten verwirrt und besorgt.
    »Die Sicht ist mies, Tjark, und auf dem Areal ist jetzt auch Publikumsverkehr. Wir sollten abbrechen.«
    »Hm.«
    Ruven steckte das Telefon zurück, wischte sich mit der Hand durchs Gesicht und starrte ins Nichts. Wieder gab es

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