Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Dünengrab

Dünengrab

Titel: Dünengrab Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Sven Koch
Vom Netzwerk:
Augenblick fühlte sie sich überrollt – hier in Werlesiel war sie bislang ihre eigene Königin gewesen. Jetzt wurde ihr das Ruder aus der Hand genommen und damit auch noch auf sie eingedroschen.
    »Wir klopfen ein paar Fakten ab, Femke, und ziehen einige Möglichkeiten ins Kalkül, damit wir andere ausschließen können«, sagte Tjark, der ihren Gesichtsausdruck intuitiv gedeutet haben musste. »Das ist nichts Persönliches.«
    »Natürlich nicht.«
    Tjark fragte: »Habt ihr die Handynummer überprüft, von der der Notruf abgesetzt wurde?«
    »Das fällt nicht in unsere Befugnisse. Ich habe meinen Kollegen trotzdem gebeten, sich darum zu kümmern.«
    »Wir könnten mit Hilfe der Nummer eine Ortung beauftragen und uns eine Anrufliste besorgen. Damit ließe sich feststellen, von wo aus Vikki telefoniert hat. Falls«, schränkte er ein, »wir unter den gegebenen Umständen eine richterliche Anordnung dafür bekommen. Es gibt noch keine Beweise für eine Straftat, nur einen vagen Verdacht auf einen Unfall mit Fahrerflucht einerseits, auf eine Körperverletzung mit Entführung andererseits.«
    Fred sagte: »Außerdem müssen wir Ärzte und Kliniken abtelefonieren und nach einer Vikki Rickmers oder einer Unbekannten mit ihren Merkmalen fragen.«
    Tjark musterte Femke nachdenklich. »Was stimmt mit Fokko Broer nicht?«
    »Warum?«
    Er zuckte mit den Schultern. »Ist nur so ein Gefühl, und ich würde gerne wissen, ob es etwas gibt, was wir wissen sollten.«
    Femke hielt einen Moment lang die Luft an. »Fokko Broer war Arzt in der Kinder- und Jugendmedizinischen Klinik Aurich. Er ist vor einigen Jahren wegen sexuellen Missbrauchs angezeigt worden. Das hat ihn den Job gekostet.«
    »Wie jung?«, hakte Tjark ungerührt nach.
    »An der Sache war nichts dran«, erklärte Femke. »Eine wütende Mutter war mit der Behandlung ihrer Tochter nicht zufrieden und wollte ihm eins auswischen. Dennoch lief die ganze Maschine an: Beschlagnahmungen, Untersuchungen, zeitweise Suspendierung … Die Medien bekamen es mit. Danach konnte Fokko seinen Job vergessen.« Femke machte eine Pause. »Jeder im Ort weiß das. Werlesiel ist ein Dorf.«
    »Hat er gesessen?«
    »Natürlich nicht. Es war Rufmord. Die Anzeige wurde zurückgenommen. Und jetzt wird er wieder mit einem Verbrechen in Verbindung gebracht. Das gefällt mir nicht.«
    Tjark fasste sich an die Stirn. »Vielleicht hat Broer Vikki zu sich bestellt, und es gab Streit. Er hat sie verprügelt, sie rausgeworfen und sicherheitshalber bei der Polizei eine Lügengeschichte erzählt, damit später im Ernstfall Aussage gegen Aussage steht, falls Vikki ihn anzeigt.«
    Femke zögerte einen Augenblick. »Das sind ebenfalls Mutmaßungen. Und es gibt die Spuren auf der Straße und den Schuh. Das spricht dagegen.«
    Tjark verschränkte die Arme hinter dem Kopf. »Stimmt.«
    Femke sah Fred dabei zu, wie er den Kaffeebecher leerte und auf dem Schreibtisch abstellte. Er erhob sich und ging im Büro herum. An der offenen Tür stoppte er. Dort stand Torsten wie zufällig mit einigen Papieren in der Hand.
    »Ist was?«, fragte Fred genervt. »Soll ich dir ein Protokoll schreiben, Kollege?«
    »Nö, das tut nicht not«, antwortete Torsten bockig und schlich sich wieder.
    Nachdem Fred die Tür geschlossen hatte, ergriff Femke das Wort: »Ich möchte nicht, dass gegen Fokko wieder so eine Rufmordsache läuft. Dafür würden die Leute im Ort sorgen, wenn sie von dem Vorfall Wind bekommen. Er hat niemandem je etwas getan.«
    »Vielleicht hat sich das vorgestern geändert«, meinte Fred und setzte sich wieder.
    »Ich glaube das nicht«, erklärte Femke. »Er machte auf mich eher einen verängstigten Eindruck …«
    »… wozu er allen Anlass hat.«
    »Nein, nicht diese Art von Angst. Etwas hat ihm einen Schrecken eingejagt. Er wirkte verschüchtert, weil er möglicherweise fürchtet, dass jetzt wieder alles über ihn hereinbrechen könnte.«
    Tjark wandte den Blick nicht von Femke. Schließlich sagte er: »Wir müssen ihn dennoch offiziell befragen. Bis dahin stützen wir uns auf die Aussagen, die er dir gegenüber gemacht hat. Weiter müssen wir mit dieser Mitbewohnerin Meike Schröder sprechen, und wir sollten diesem Club, in dem Vikki Rickmers anschaffen ging …«
    »… 69 …«, sagte Femke.
    »… 69 ebenfalls einen Besuch abstatten. Es gibt hier doch sicher eine Lokalzeitung«, fuhr Tjark fort. »Sobald wir ein Foto von Vikki haben, geben wir eine Suchmeldung raus.« Er zögerte einen Moment.

Weitere Kostenlose Bücher