Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Dünengrab

Dünengrab

Titel: Dünengrab Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Sven Koch
Vom Netzwerk:
»Kommt Fokko Broer manchmal zum Tanken her?«
    »Ja, mit seinem Motorroller.« Steffi machte eine Pause. Dann schienen einige Zahnräder bei ihr einzurasten. »Gibt es denn da einen Zusammenhang? Sucht ihr den?«
    »Im Moment suchen wir den nicht«, sagte Torsten und zog sich die Hose hoch. »Na dann«, sagte er, zahlte und hob die Hand zum Abschied. »Ich muss weiter. Das Böse schläft nicht.«
    Er ließ Steffi mit ihren Gedanken allein, schlenderte zur Waschanlage wie Gary Cooper in »High Noon« zum Bahnhof, setzte sich in den blitzenden Wagen und fuhr rüber zum Bräunungsstudio, um den Job dieser Aufschneider von der Kripo zu machen, die selbst ja nicht auf die Idee gekommen waren, hier nachzufragen. Er sprach eine Weile mit Gesche Dittmann, die stets wie ein Brathühnchen aussah und aufwendig lackierte Fingernägel trug, weil sie nebenbei Maniküre betrieb und ihre Fingernägel als Werbung in eigener Sache ansah. Torsten machte sich ein paar Notizen und erfuhr, dass sie Vikki seit über einer Woche nicht mehr gesehen habe. Gesche erklärte auf Torstens Nachfrage, dass Fokko Broer noch nie hier gewesen sei, um sich zu bräunen. Als Gesche Torsten fragte, warum er das alles wissen wolle, antwortete Torsten, er könne darüber nicht sprechen, würde aber vielleicht die Tage noch mal einen von diesen Kripoleuten vorbeischicken.
    Torsten verabschiedete sich mit dem Hinweis, dass das Böse nie schlafe, kaufte im Supermarkt eine Flasche Mineralwasser und sagte der vollschlanken, ausgesprochen netten Kassiererin, dass er die Tage wohl mal wegen eines Vermisstengesuchs vorstellig werde, und erfuhr, dass Fokko Broer in dem Geschäft ab und zu einkaufe. Schließlich fuhr er zurück zur Wache, um sich diesen blöden Zettel mit den Ärzten und Krankenhäusern vorzunehmen und sie nach einer Vikki Rickmers abzutelefonieren, die nach seiner Meinung sowieso im Garten von Fokko Broer begraben lag. Aber ihn fragte ja keiner.

10
    Femke hatte Fred und Tjark zunächst die Pension ihres Vaters am Hafen gezeigt. Sie trug den Namen Lütje Hus, und das war recht zutreffend. Das Haus war wahrlich sehr klein und schmal, hatte einen hübschen Giebel und beherbergte im unteren Geschoss eine Bäckerei, weswegen es wunderbar nach Kuchen und Teig duftete. Das Zimmer, in dem Tjark jetzt stand, war nicht groß, aber geschmackvoll mit einem modernen Doppelbett, einem Flachbildfernseher, zwei Bildern mit Meer-Motiven von Edward Hopper und einem Schreibtisch eingerichtet, unter dem Tjark eben eine WLAN -Funkstation entdeckt hatte. Eine Flügeltür führte auf einen zur Hafenpromenade ausgerichteten Balkon. Dort befanden sich ein Campingstuhl, ein Tisch und einige Blumenkästen, in die knallrote Geranien gepflanzt waren. Dieselben Blumen, fiel Tjark ein, als er hinausging, um zu rauchen, hatte er am Fenster von Femkes Büro gesehen.
    Draußen wehte ein konstanter Wind, so dass Tjark vier Versuche brauchte, bis die Zigarette endlich angezündet war. Er inhalierte und stieß den Rauch in einem feinen Strahl aus. Der Abend kam. Die Schiffe an den Docks warfen lange Schatten. Das Licht war warm und satt. In der Ferne tanzten einige Lenkdrachen am tiefblauen Himmel. Die schweren Dieselmotoren zweier Kutter tuckerten.
    Der Tag war wie im Flug vergangen und hatte verwischte Bilder hinterlassen, diffuse Eindrücke, nichts wirklich Greifbares. Fred und Tjark waren zunächst zu Vikkis Mitbewohnerin Meike Schröder in Bornum gefahren – einem Kaff, bei dem es sich mehr um ein Hindernis auf der Küstenstraße als um eine Ansiedlung handelte. Auf dem Weg waren sie an der Stelle vorbeigekommen, wo Femke den Schuh gefunden und ein Warndreieck aufgestellt hatte. Sie hatten ein Haus passiert, bei dem es sich um das von Fokko Broer handeln musste, und einen Moment lang überlegt, anzuhalten und auszusteigen. Aber man musste den Mann zum gegenwärtigen Zeitpunkt nicht unnötig unter Druck setzen – noch nicht.
    Meike Schröder war fünfundzwanzig Jahre alt und arbeitete in einem Möbelgeschäft. Ihre Wohnung befand sich im ausgebauten Dachgeschoss der früheren Stallungen eines Bauernhofs. Vor zwei Jahren war Vikki Rickmers eingezogen. Vikki jobbte in einem Sonnenstudio in Werlesiel, ging abends gerne auf die Piste und verdingte sich außerdem mit Escort-Jobs. Meike bestätigte, dass Vikki bisweilen im 69 anzutreffen war. Sie verdiene nicht schlecht damit. An dem betreffenden Abend habe sie sich mit einem roten Kleid und roten Schuhen aufgedonnert – allerdings

Weitere Kostenlose Bücher