Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Dünengrab

Dünengrab

Titel: Dünengrab Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Sven Koch
Vom Netzwerk:
und Staatsanwaltschaft sie zur Beerdigung oder Einäscherung freigaben. Fee bemerkte Tjark, ließ die Gummihandschuhe von den Fingern flitschen und griff nach einem flachen Tablet- PC .
    »Sooo«, machte sie. »Ich habe jetzt etwas Zeit für dich, Großer.«
    Tjark hatte sie nicht darum gebeten. Im Gegenteil, er hatte gehofft, dass Ben Lüderitz oder Inge Hermann vor ihr fertig gewesen wären. Er folgte ihr in den Besprechungsraum, der einem ärztlichen Behandlungszimmer glich – mit dem Unterschied, dass ein mit Colaflaschen und Kaffeebechern vollgestellter runder Tisch in der Mitte stand. An der Wand hingen gerahmte Reproduktionen von medizinischen Makroaufnahmen, die modernen Kunstwerken glichen. Fee streckte sich etwas, wobei ihr grasgrünes OP -Hemd hochrutschte und den Bauchnabel entblößte. Sie rollte den Kopf im Nacken. Tjark hörte es knacken.
    »Soweit wir es jetzt schon sagen können«, sagte Fee und nahm eine Handvoll Kekse aus einer Dose, »sind die Fundorte nicht identisch mit den Tatorten, was dich nicht überraschen wird.«
    Das stimmte. Den Opfern war jeweils ins Gesicht geschossen worden. Die Körper waren in Planen eingewickelt worden. Die Planen waren intakt gewesen. Im Umfeld der Grabhügel waren weder Geschosspartikel noch Hülsen, Gewebereste oder Knochensplitter zu finden gewesen. Das sprach dafür, dass der Täter sein Werk an anderer Stelle verrichtet, die Leichen verpackt und schließlich zu seinem bevorzugten Ablageort gebracht hatte. Die Frage war, wie und warum. Aber darauf Antworten zu finden, war nicht die Aufgabe der Rechtsmediziner.
    Fee steckte sich einen Keks in den Mund und zerkaute ihn lautstark. »Die Toten sind allesamt im Alter zwischen zwanzig und etwa dreißig Jahren und weiblich. Einerseits schließen wir das aus der jeweiligen Bekleidung, und andererseits, du weißt schon – Knochenbau, breitere Becken …« Sie stemmte die Hände in die Hüften und präsentierte sich mit einem Augenaufschlag.
    »Du kannst es nicht lassen, oder?«, fragte Tjark und lehnte sich mit verschränkten Armen an den Tisch an.
    »Was denn?«
    Tjark winkte ab. Fee aß noch einen Keks.
    »Okay«, sagte sie dann ernster, »das alles ist nicht ganz einfach, und bis zum Abschlussbericht wirst du dich noch etwas gedulden müssen.« Sie nahm einen Krümel aus dem Mundwinkel mit der Fingerspitze auf und lutschte ihn ab. »Wir nehmen an, dass das – zeitlich gesehen – erste Opfer aus Grab Nummer drei seit etwa zwei Jahren in der Erde liegt. Das jüngste aus Hügel Nummer eins hat eine Liegezeit von zwei Wochen. Nummer zwei dürfte seit acht Monaten tot sein. Wir wissen das, weil …«
    Tjark unterbrach sie: »Das zeigt eine Entwicklung auf. Er wird schneller. Er will mehr.«
    »Wer will das nicht?« Fee machte große Augen. »Und ist es denn ein Er?«
    »Sag du es mir.«
    »Es hat den Anschein. Am aussagekräftigsten ist Körper Nummer eins, weil er am besten erhalten ist. Es finden sich Spuren von mehrfachem Missbrauch im Unterleib – markante Abschürfungen, Einblutungen, Risse. Nach zwei Wochen Liegezeit im Boden bringt ein Abstrich wenig, weil Spermareste in all den Körperflüssigkeiten und durch die Verwesung kaum mehr nachweisbar und zu verunreinigt wären. Bei Tötungsdelikten machen wir die Untersuchung zwar dennoch, aber in diesem Fall hat das wirklich keinerlei Aussicht auf Erfolg, was ich dir gleich noch genauer erklären werde.«
    Tjark runzelte die Stirn.
    »Weiter gibt es Verletzungen an den Gelenken, die darauf schließen lassen, dass die Frau gefesselt war – die Plastikstreifen hast du ja gesehen.«
    Die Opfer waren an Händen und Füßen mit Kabelbindern fixiert worden. Die Plastikbänder hatten in den Planen gelegen. Die Planen schienen aus schwerem Segeltuch gefertigt worden zu sein. Nach Tjarks Einschätzung ein Material, das in der Nähe von Küstenhäfen nicht unüblich war. Die kriminaltechnische Untersuchung im Labor würde das genau analysieren.
    Fee fuhr fort: »Zum Mageninhalt gibt es noch keinen abschließenden Befund, aber es war ziemlich wenig drin, was einerseits dafür spricht, dass sie längere Zeit nichts zu sich genommen hat. Andererseits fanden sich im Überrest vom Magen und im restlichen Verdauungstrakt Spuren von etwas wie Crackern und Oliven, und sie muss größere Mengen an Alkohol zu sich genommen haben – das alles so in etwa vierundzwanzig Stunden vor dem Exitus.«
    Cracker. Oliven. Alkohol. Das sprach für eine Party oder etwas Ähnliches.
    »Ihre

Weitere Kostenlose Bücher