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Duenenmond

Duenenmond

Titel: Duenenmond Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Lena Johannson
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gehst, Josefine«, sagte Jan ausgerechnet in diesem Moment.
    »Nein, ich möchte auch nicht weg. Aber mein Urlaub ist in drei Tagen zu Ende.«
    »Bleib hier, bitte!«
    »Und wovon soll ich leben? In Hamburg ist mein Job, meine Wohnung …«
    »Arbeit gibt es auch hier. Das Tourismusbüro sucht zum Beispiel gerade jemanden aus deiner Branche.«
    Jo lachte auf. »Ja, klar, super Idee. Das war schon immer mein Traum.« Sie lachte wieder und legte ihm eine Hand auf den Arm. Sein Blick verfinsterte sich, als habe sich eine Wolke vor die Sonne geschoben.
    »So groß ist die Entfernung doch gar nicht«, versuchte sie ihn und sich selbst zu trösten. »Wir können uns ganz oft besuchen. Ich falle dir bestimmt bald auf die Nerven, wenn ich dauernd hier bin.«
    Jan lächelte nicht.

V
    D as Atelier von Fee Zweig – ein Künstlername, da war Jo sich sicher – lag in einer kleinen Nebenstraße unweit der Steilküste. Sie fand es nicht gleich, denn sie hatte nicht damit gerechnet, dass es in einem schlichten Einfamilienhaus untergebracht war. Doch die Nummer stimmte, also trat Jo näher und entdeckte ein kunstvoll geschwungenes Keramikschild, das ihr zeigte, sie war an der richtigen Adresse: Atelier von Fee Zweig, bitte klingeln! Das tat Jo, doch es rührte sich nichts. Unschlüssig trat sie einen Schritt zurück und spähte in den Garten, der, wie es aussah, das Haus völlig umschloss. Sie hob die Hand, um erneut zu klingeln, da fiel ihr ein Zettel auf, der mit gepunktetem Klebeband am Briefkasten befestigt war.
    Bin in der Kirche, besuchen Sie mich dort , hatte jemand darauf geschrieben.
    Jo wusste nicht recht, was sie tun sollte. Sie wusste nicht einmal, wo die Kirche war. Da es ihr jedoch sehr wichtig war, diese Frau zu sprechen und ihr die Zeit weglief, machte sie sich auf den Weg zur Hauptstraße. Dort traf sie eine alte Frau, die ihr bereitwillig Auskunft gab. Bald darauf stand Jo vor einem kleinen Gebäude mit gläserner Front. Es hatte die Form eines Schiffes, das kieloben schwamm. Wer dachte sich so etwas aus?fragte sie sich. Möglicherweise sollte das Äußere ausdrücken, dass Menschen unter dieses Dach schlüpfen konnten, die im Leben gekentert waren. Genauso gut konnte es darauf hindeuten, dass die Kirche gekentert war und kieloben auf dem Meer trieb.
    Jo trat ein. Sie war keine Kirchgängerin, empfand jedoch stets Ehrfurcht und großen Respekt, wenn sie in einem Gotteshaus war. Dabei spielte es keine Rolle, ob es sich um ein gigantisches Bauwerk wie den Kölner Dom oder um ein bescheidenes Exemplar wie die Ahrenshooper Kirche handelte.
    »Willst du zu mir?«
    Jo erkannte die Frau mit den braunen Haaren sofort. Inzwischen waren die von vielen grauen Strähnen durchzogen. Ein breites Tuch hielt die ungestüme Mähne aus dem Gesicht.
    »Ja.«
    »Das habe ich gespürt.«
    Jo musste sich das Schmunzeln verkneifen. Der Zettel an ihrer Tür war eine klare Aufforderung, und diese Kirche gehörte nicht gerade zu den baulichen Höhepunkten der Region, die jeder Tourist gesehen haben musste, wenn sie auch sehr hübsch war.
    »Deine Aura hat mich sofort angesprochen. Wie kann ich dir helfen?«
    Jo betrachtete die Frau in ihrem bodenlangen flatterigen Kleid. Es war fliederfarben und hatte weiße in sich verschlungene Muster. Unter dem Saum schauten nackte Füße hervor, die dringend gewaschen werden mussten. Jo überlegte, ob sie auf das vertrauliche Duzen eingehen sollte, entschied sich aber dagegen.
    »Ich befinde mich auf einer Spurensuche, einer Reise in meine Vergangenheit sozusagen. Mein Vater war früher oft hier im Urlaub. Ich habe ein Bild gesehen, auf dem Sie mit ihm abgebildet sind.«
    »Ein Gemälde?«
    »Nein.« Jo schüttelte den Kopf. »Nur ein Foto.«
    »Das kann nicht sein, ich lasse mich niemals fotografieren. Nun ja, fast nie. Das schadet der Seele.«
    »Aha.« Das schadet aber nicht der eigenen Vermarktung, dachte Jo. Auf dem Plakat in der Galerie war schließlich auch ein Foto von Fee Zweig zu sehen. Gott sei Dank, denn sonst wäre Jo jetzt nicht hier.
    »Es ist eine ältere Aufnahme«, beharrte sie. »Sie hängt in einem Glaskasten am Räucherhaus.«
    »Oh, Schwester, das bin ich nicht.«
    Jo hob die Augenbrauen, sparte sich dann doch einen Kommentar. »Aber ich bin ganz sicher, dass Sie es sind«, erklärte sie stattdessen. »Sonst hätte ich Sie kaum auf dem Plakat in Wieck wiedererkennen können.«
    »Das ist mein altes Ich. Das gibt es schon lange nicht mehr.«
    Ihr neues Ich sah dem alten zum

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