Duenenmord
haben sich Notizen gemacht, fotografiert und sogar Videos gedreht – ganz professionell«, betonte Baum geduldig, während die Finger seiner rechten Hand leise auf der Tischplatte zu trommeln begannen. Kasper war davon überzeugt, dass der Geschäftsführer die genannte Professionalität bei ihm durchaus vermisste, worüber Schneider jedoch großmütig hinwegsah. Wie hatte schon sein früherer Vorgesetzter immer gesagt: Es gibt keine dummen Fragen, nur dumme Antworten.
Einige Minuten später verabschiedete Kasper sich. Im Autositzend versuchte er Romy zu erreichen, aber die ging nicht an ihr Handy. So informierte er Max in wenigen Stichworten über die Befragung.
»Heise und seine Leute haben während des Hotelrundgangs fotografiert und Videos gedreht«, erläuterte er seine Angaben. »Das gefällt mir. Falls wir Beweise finden, dass er in der Nähe des Tatorts war und wir einen Durchsuchungsbeschluss kriegen, sollten wir uns das Material unbedingt ansehen – es enthält zuverlässige Angaben über Datum und Uhrzeit. Vielleicht gibt es auffällige Zeitlücken.«
»Denkst du, dass Heise zwischendurch abgehauen ist?«, fragte Max.
»Tja, der Gedanke kam mir in der Tat. Aber das bedeutet, dass seine Leute ihn decken müssten. Ganz schön riskant, immerhin geht es um Mord.«
»Die drei könnten sich ganz unauffällig während des Rundgangs getrennt haben, um sich die Arbeit zu teilen«, meinte Max.
»Das werde ich im Auge behalten«, erwiderte Kasper. »Hat sich Romy eigentlich zwischendurch mal gemeldet?«
»Nö.«
»Na schön. Ich düse jetzt hoch nach Sassnitz, um mit Heises Mitarbeitern zu reden. Und dann mache ich Feierabend.«
»Alles klar.«
Kasper entschied sich spontan, über Binz zu fahren, vorbei an der Prora. Im letzten Sommer war in einem der verfallenen Gebäudeteile eine Leiche gefunden worden – ein unvorsichtiger Tourist, der unglücklich gestürzt war, wie sich später herausstellte. Irgendwas muss hier passieren, dachte Kasper, während er die Reihe der grau-braunen Häuserzeile langsam passierte. Warum konnte man nicht einen Kernbereich erhalten und den Rest abreißen? Etwas völlig Neues schaffen. So einfach war das wohl nicht.
Heises Mitarbeiter Thomas Klein war weder zu Hause noch telefonisch erreichbar, wie Kasper eine Dreiviertelstunde später feststellen musste. Ein Nachbar informierte den Kommissar schließlich, dass Familie Klein eine Sportveranstaltung besuchte; und die Unterredung mit Karsten Lang brachte herzlich wenig ein. Lang, der mit seiner hoch aufgeschossenen, breitschultrigen Gestalt und der undurchdringlichen Miene durchaus Türsteher-Qualitäten zum Ausdruck brachte, bestätigte Kasper in einem Fünf-Minuten-Gespräch, das im Wohnungsflur stattfand, dass er und Klein mit Heise in Putbus gewesen seien und zwischenzeitlich auf der Suche nach Sicherheitslücken jeweils Teilbereiche der Hotelanlage eigenverantwortlich und allein in Augenschein genommen sowie die Inspektion protokolliert hätten.
Heise hat ihn vorgewarnt, dachte Kasper, denn Lang wirkte gleichmütig und wenig überrascht. Mit verschränkten Armen und Kaugummi kauend hielt er dem Blick des Kommissars mühelos stand. »War es das?«
»Noch eine Frage. Wer von Ihnen hat gefilmt?«
»Wieso ist das wichtig?«
»Weiß ich noch nicht.«
»Aha. Na ja, soweit ich es mitgekriegt habe, haben Thomas und ich Aufnahmen gemacht, und der Chef hat auf Band gesprochen.«
»Wie schnell wird so eine Inspektion ausgewertet und zu einem Bericht zusammengefasst?«
Lang verlagerte sein Gewicht von einem Bein aufs andere. »Keine Ahnung, unterschiedlich. Kommt ganz auf den Auftrag an. Müssen Sie den Chef fragen. Warum wollen Sie das denn alles wissen?« Er kratzte sich unterm Kinn.
»Wie ich schon sagte – Routine.«
»Hat sich jemand aus dem Hotel beschwert?«
Kasper hob die Schultern. »Mehr kann ich Ihnen im Moment nicht sagen.«
»Sie nehmen mir die Worte aus dem Mund.« Lang grinste. »Schönen Abend noch.«
Arschloch, dachte Kasper, und er dachte es voller Gelassenheit und ohne Reue, bevor er die Wohnung verließ und die Treppen nach unten schlenderte. Höchste Zeit, abzuschalten.
Der Alte stand leicht gebückt in der Tür und musterte sie mit argwöhnischen Blicken. »Was wollen Sie?«
Romy fröstelte. »Ich muss mit Ihnen reden.«
Er hob das Kinn. »Sind Sie von der Polizei?«
»Ja. Ich bin Kommissarin Ramona Beccare aus Bergen. Wir haben bereits telefoniert.«
»Sie haben den Weg umsonst gemacht. Ich
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