Duenenmord
von Ihnen zu erfahren, was ihr weiterhelfen könnte.«
»Sie hat nicht lockergelassen – so wie Sie gerade«, erklärte Frau Arnolt nach kurzem Schweigen. »Mir waren zwei Namen in Erinnerung geblieben, davon wusste nicht mal mein Mann.«
Romys Herzschlag beschleunigte sich, aber sie unterbrach die Frau nicht.
»Jochen Bäsler und Stefan Heise«, fuhr Monikas Mutter leise, fast flüsternd fort. »Es gab einen Brief, den Rolf nicht abgeschickt hatte – ich weiß nicht, an wen der gerichtet war, nicht an mich jedenfalls. Nach seinem Tod hat der Jochen Rolfs persönlichen Kram zusammengeklaubt und an mich geschickt – zwei Fotos mit einigen Kameraden bei der Zigarettenpause und den Brief.«
»Frau Arnolt, was stand in dem Brief?«, konnte Romy sich nicht zügeln zu fragen.
»Es ging um diese Wahl damals, 1984. Sehr ausführlich berichtete Rolf von der falschen Auszählung und dass der Stefan ihn gewarnt habe, durch die Blume, wie er schrieb. Das fand er ziemlich merkwürdig.«
»Sind Sie noch im Besitz dieses Briefes?«
Die alte Frau lächelte. »Es war das letzte Lebenszeichen meines Sohnes, auch wenn er nicht für mich gedacht war … Ich hatte ihn gut versteckt, aber …« Sie warf einen langen und bedeutungsvollen Blick zur Tür. »Irgendwann war der Brief verschwunden und die Fotos auch. Vielleicht war es sogar besser so, aber ich hätte es nicht übers Herz gebracht.« Sie schluckte.
Romy presste die Lippen aufeinander, um keinen Fluch auszustoßen. »Können Sie sich noch etwas genauer an den Wortlaut bezüglich Stefan Heise erinnern?«
»Ich kann es versuchen. Stefan sei ein Freund, der ihn auf merkwürdige Weise gewarnt habe«, antwortete Monikas Mutter. »Er sei verunsichert, wie er damit umgehen soll.« Sie zuckte mit den Achseln.
Eigenartig. Romy strich sich mit einer Hand die Locken zurück. »Und Sie haben auch keine Vermutung, an wen Rolf geschrieben haben könnte? Erinnern Sie sich an einen Freund, eine Freundin, die ihm seinerzeit nahestanden?«
»Das ist so lange her … Ich war zutiefst erschüttert damals, verstehen Sie? Er war erst zwanzig, und ich war froh, überhaupt noch etwas von ihm zu haben.« Sie knetete ihre Hände. »Vielleicht fehlte sogar ein Blatt von dem Brief. Ich bin nicht sicher. Und dieser ganze politische Kram widerstrebte mir ohnehin. Mir war eigentlich egal, was drinstand, verstehen Sie. Ich wollte auch nicht darüber nachdenken.«
Romy beugte sich vor. »Frau Arnolt, können Sie sich eigentlich vorstellen, dass …?«
Monikas Mutter hob rasch den Kopf. »Ich kann mir alles Mögliche vorstellen, aber ich möchte es nicht. Und ich möchte auch nicht darüber sprechen.« Ihre Stimme zitterte. Sie warf einen Blick zur Tür. »Bitte …«
Romy hob die Hände und stand langsam auf. »Ich verstehe. Danke, Frau Arnolt. Sie sind sehr tapfer.«
Die Frau nickte wortlos, und Romy drückte ihre Hände, bevor sie das Haus verließ. Kurz darauf saß sie wieder in ihrem Wagen und machte sich eifrig Notizen, die sie direkt ins Smartphone tippte, um sie Max zu mailen. Monikas Vater hatte sich nicht mehr blicken lassen. Keine einzige Minute würde er mit ihr reden, davon durfte sie ausgehen. Romy lehnte sich zurück und schloss kurz die Augen, als sie die Mail abgeschickt hatte. Stefan hatte Rolf im Zusammenhangmit dessen Wahlengagement gewarnt, aber was genau war daran merkwürdig?
Romy wählte über Kurzwahl Kaspers Nummer – der Kollege war gerade zu Hause eingetroffen, im Hintergrund lief die Sportschau. Nach einer knappen Zusammenfassung ihres Gesprächs mit Margot Arnolt stellte sie genau diese Frage.
»Interessant«, bemerkte Kasper nach einer längeren Grübelpause.
»Ja, nicht wahr? Falls Rolf annahm, dass Heise ein Spitzel war, wäre die Warnung in der Tat verwunderlich, aber Rolf hätte doch wohl kaum die Freundschaft mit einem Spitzel gesucht, oder?«
»Denke ich auch nicht. Und wenn Rolf ihn nicht für einen Spitzel hielt, sondern für einen guten Freund, bräuchte er sich über seine Warnung auch nicht zu wundern, ob nun durch die Blume oder nicht.«
Romy runzelte die Stirn.
»Vielleicht denken wir zu einseitig oder sind zu voreilig und umständlich mit unseren Fragen und Schlussfolgerungen«, meinte Kasper nach kurzer Pause. »Ist doch auch möglich, dass die Frau sich nicht mehr richtig erinnert und einiges durcheinanderbringt. Immerhin steht sie unter Schock.«
»Mag sein, aber wichtig ist diese alte Geschichte auf jeden Fall, sonst wäre das Netbook
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