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Duenne Haut - Kriminalroman

Duenne Haut - Kriminalroman

Titel: Duenne Haut - Kriminalroman Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Franz Kabelka
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spielt?“
    „Nicht mit uns: mit dem Teufel!
Wir
täten keine gleichwertigen Mitspieler abgeben. Nicht gerade trostreich, ich weiß. Aber hast du etwas Besseres anzubieten?“
    Nein, das hat Hagen nicht. Nur findet er, dass Praders Blick auf die letzten Dinge ebenso unbeweisbar ist wie alle anderen Theorien auch.
    „Beweise, Beweise! Verehrtester Chefinspektor, ich bin kein Kriminalist, was interessieren mich Beweise! Und überhaupt: Wozu braucht man Beweise, wenn man eine Einsicht hat? Schau, es gibt im Leben immer eine Alternative. Kriegst du den Stier nicht an den Hörnern zu packen, pack ihn an den Hoden – altes etruskisches Sprichwort! Und gibt es im Leben einmal keine Alternative mehr, gibt es immer noch eine Alternative
zum
Leben! Kapiert?“
    „Kapiert“, sagt Hagen müde. Langsam beginnt er zu resignieren: Wie bringt man den Redefluss eines Kabarettisten zum Stillstand, speziell, wenn der rotzbesoffen ist?
    In seinem Rausch redet sich Prader in einen kompletten Stuss hinein. Behauptet, der Wiener Erzbischof höchstpersönlich habe vorgeschlagen, den nächsten Liveball in den Stephansdom zu verlegen, bloß damit die Schwulen auch mal eine Kirche von innen sähen. Und lautstark fordert er, das Gipfelkreuz am Großglockner abzumontieren, weil in Heiligenblut ein paar muslimische Asylanten untergebracht wurden, die diesen Anblick nicht vertragen würden.
    „Es war schon immer ein Kreuz mit dem Kreuz, mit diesem Halbnackten darauf! Früher haben sich nur die Kardinäle darüber geärgert, dass er so schamlos da oben hängt, während sie unten gestanden sind in ihren roten Roben, mit den funkelnden Rubinen an den fetten Fingern. Schwierig zu erklären, so ein Kontrast. Aber jetzt ist das Kreuz als solches zum Ärgernis geworden, verstehst? Also: Weg mit ihm, bevor wer auf dumme Gedanken kommt!“
    Kein Wunder, dass der Kabarettist nicht mehr in Fernsehshows eingeladen wird. Und so, wie der Wirt sich jetzt vor ihnen aufbaut, auch nicht mehr in den Goldenen Krug.
    „Schluss, basta!“ Sepp streckt den Bauch heraus wie Obelix, wenn er gerade ein ganzes Wildschwein verzehrt hat. „I glaub, ihr zwei geht’s jetzt besser.“
    „Schon wieder ein Gläubiger!“, röhrt Prader, „und offenbar sehr erfolgreich bei den Frauen! Ein guter Ficker wird immer dicker, heißt es doch. Oder sagt man: wird
nicht
dicker? Na ja, vielleicht ist die Formulierung ja abhängig vom Leibesumfang des jeweiligen Fickers …“
    Die rote Visage Sepps hat sich innerhalb weniger Sekunden in ein gefährliches Violett verfärbt. Hagen bezahlt schnell die Rechnung und rundet großzügig auf, in der Hoffnung, damit den Blutdruck des Wirts etwas zu senken. Dann hilft er Prader in den Mantel und ruft den dunkelhäutigen Taxler an. Vor der Tür warten sie auf den Rücktransport in die Klinik.
    „Gut war’s nicht, aber dafür zu wenig!“, raunzt Prader.
    Das
Ausländer raus
-Graffiti, vor kaum drei Stunden entsudelt, hat Gestalt und Aussage schon wieder verändert:
Raus aus der Isolation
ist mit einem dicken, hässlichen Hakenkreuz übermalt worden. Aber das bekommt Prader zum Glück nicht mehr mit.

13 D ER E KLAT
    Was das Trägheitsgesetz anbelangt, hält es Dr. Mickl nicht mit Isaac Newton. Ihrer Erfahrung nach gelten in Gesprächsgruppen zwei andere, aber nicht minder eherne Trägheitsgesetze, und der bisherige Verlauf der heutigen Sitzung illustriert beide in aller Deutlichkeit. Es begann schon damit, dass Eva schmollte, weil Gerda es gewagt hatte, sich auf ihrem Kissen niederzulassen. Egal, wo ich am ersten Tag zu hocken komme: Dieser Platz steht mir für alle Ewigkeit zu – wer kennt es nicht, dieses erste gruppendynamische Trägheitsgesetz? Das zweite besagt: Einer spannenden Sitzung folgt mit größter Wahrscheinlichkeit eine besonders einschläfernde.
    Quod erat demonstrandum! Während das letzte Mal die psychodramatische Inszenierung des Neueinsteigers Hagen wie ein Antidepressivum gewirkt hat, scheinen heute alle irgendwie auf Durchtauchen aus zu sein. Vielleicht liegt es ja am föhnigen Wetter. Sie selbst fühlt sich auch alles andere als fit. Verdammte Migräne, flucht sie ganz gegen ihre Gewohnheit in sich hinein und massiert ihre pochenden Schläfen. Wieso habe ich mich nicht krankgemeldet! Ein entspannendes Vollbad in der Wanne, das wäre jetzt angesagt, feine Essenzen und
Air
von Bach im Hintergrund. Nicht der müde Haufen hier auf den Sitzkissen. Und schon gar nicht dieser Laub!
    Wolfgang Laub bringt sich als Einziger

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