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Duenne Haut - Kriminalroman

Duenne Haut - Kriminalroman

Titel: Duenne Haut - Kriminalroman Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Franz Kabelka
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dieser speziellen Regel hat sich vermutlich bis zum heutigen Tag nichts geändert.
    „Jedenfalls schön, dass Sie heute nicht vor mir flüchten“, sagt sie.
    Ihre Augen sind auf den Teich gerichtet, wo sich auf der dunklen Oberfläche unentwegt konzentrische Kreise bilden. Ein rostiges Zuleitungsrohr ist für sie verantwortlich, das man erst auf den zweiten Blick entdeckt.
    Hagen weiß noch genau, warum er diese Frau im Forum abgewimmelt hat. Und daran hat sich in den vierundzwanzig Stunden, die seither vergangen sind, eigentlich auch nichts geändert. Aber manchmal treten die Fakten halt in den Hintergrund. Auch bei einem Chefinspektor a. D.
    Er beschließt, auf ihre Anspielung nicht einzugehen. „Sie sind also Übersetzerin. Ein spannender Beruf?“
    „Spannend?“ Sie überlegt. „Was tut ein Übersetzer? Er setzt über. Von einem Ufer zum anderen. Ich transportiere die Worte von einer Sprache in die andere. So wie Charon die Verstorbenen über den Totenstrom Acheron in die Unterwelt gebracht hat. Mein Spezialgebiet ist das Anglo-Irische. Also das Englisch, das in Irland gesprochen wird“, fügt sie noch hinzu, als sie die Falten auf seiner Stirn sieht.
    Irland, denkt er. Ein weiterer Berührungspunkt. Aber er hütet sich, ihn zu erwähnen.
    „Und was ist Ihr Beruf?“ Sie sieht ihn an wie ein Luchs. Unverwandt und dennoch durchdringend. Er weiß nicht, welcher Teufel ihn bei seiner schnellen Antwort reitet. Vielleicht ist ja das Bild vom Luchs dafür verantwortlich. Oder weil er einmal nur als Mensch gelten möchte, nicht als Polizist.
    „Wildparkwärter“, sagt er. „Ich bin zuständig für den Feldkircher Wildpark.“
    „Toll! Da wird einem sicher nie langweilig. Sie kennen sich wohl gut aus im Umgang mit wilden Tieren?“
    Er lacht. Stellt sich vor, welche Bestien der Feldkircher Tierpark zu bieten hat: in der Hauptsache Rehe, Hirsche, Steinböcke, Ziegen und Murmeltiere. Gerade einmal die zwei Luchse und ein paar Wölfe, ein Geschenk aus dem Fürstentum Liechtenstein, könnte man als wild durchgehen lassen.
    „Es geht.“ Er erinnert sich an eine Begebenheit, die er vor Jahren im Feldkircher Anzeiger gelesen hat, und fügt sie betont locker hinzu: „Immerhin wurde einem Kind bei uns schon einmal ein Finger abgebissen, als die Eltern es an den Zaun des Wolfsgeheges heranließen. Das war so ziemlich das Dramatischste, was unser Wildpark bisher zu bieten hatte.“
    Ihr Körper ist plötzlich gespannt wie die sprichwörtliche Gerte, und ihre Stimme klingt übertrieben besorgt, nahezu hysterisch. „Und Sie waren dabei? Was ist mit dem armen Kind passiert?“
    „Wir haben es sofort ins Krankenhaus gebracht. Dort haben sie ihm den Finger eh wieder angenäht.“
    „Aber …“
    Das kennt Hagen aus zig Vernehmungen: wie eine Lüge eine andere nach sich zieht. Und es geht so schnell, dass er nicht einmal dazu kommt, sich über seine Fabulierungskünste zu wundern.
    „Na ja, ich war zufällig in der Nähe, hab den Wolf verscheucht und den Finger aus dem Gehege geholt. Alles Weitere war ärztliche Routine.“
    Sie atmet tief durch, als wäre von ihrem eigenen Kind die Rede gewesen. Dann lässt sie sich wieder auf der Bank nieder. „Sie sind ein Held, Tone! Ein wirklicher Held!“ Hagen weiß nicht recht, wie ihm geschieht, denn schon hat sie ihn umarmt, und ihre Lippen berühren seine Wange. Sekunden später sitzt sie wieder reglos neben ihm, als wäre nichts geschehen.
    So muss Jesus sich gefühlt haben, als er von Judas geküsst wurde. Aber sie gibt ihm keine Gelegenheit, sich weiter in diese Assoziation zu verrennen.
    „Haben Sie selbst Kinder, Tone?“
    Die Frage kommt ihm bekannt vor. „Nein“, bekennt er. Er findet es schön, wieder auf dem Weg der Wahrheit wandeln zu dürfen.
    „Ich habe zwei“, setzt sie fort. „René und Babsi. Meine Augensterne. Für sie würde ich mir die eigenen Augen herausreißen lassen. Mich bei lebendigem Leib begraben lassen. Ja, das würde ich.“
    „Natürlich“, sagt er pflichtbewusst. „Manchmal hab ich mir das auch gewünscht. Kinder zu haben, meine ich.“
    „Dafür ist es doch nicht zu spät. Sie wären sicher ein prima Papa.“
    Wohl kaum, denkt er. Langsam wird ihm unbehaglich zumute. Die ganze Geschichte hat auf einmal eine Richtung bekommen …
    „Ich hab es mehr mit Katzen als mit Kindern“, versucht er zu scherzen. „Die sind nicht so anspruchsvoll.“
    Sie macht eine abwehrende Gebärde. „Katzen, um Himmels willen! Ich hasse Katzen! Weil

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