Duerers Haende
ihn.«
»Dann ruht dieser Fall ja jetzt allein auf deinen Schultern.«
»Nicht ganz. Man hat mir eine Anwärterin zugeteilt, die wirklich zu gebrauchen ist.«
»Trotzdem, ich wundere mich jedes Mal, mit wie wenig Personal du auskommst beziehungsweise auskommen musst. Wenn ich da an den Trommen denke, sechs Leute hat der – und eigentlich auch keine speziellen, diffizileren Fälle als du.«
»Ach, Frieder, mir ist das recht. Ich wüsste gar nicht, wie ich sechs Leute sinnvoll einsetzen soll.«
»Das weiß der Trommen auch nicht, glaube mir. In seinem Sachbereich ist viel Leerlauf. Aber er kann eben etwas, was du nicht kannst.«
»Und das wäre?«
»Besitzstandswahrung. Darin ist er wirklich ein Meister. Genau wie in der Außendarstellung.«
Sie wunderte sich über den sonst so zurückhaltenden, friedlichen Gerichtsmediziner, der seinem Vornamen bisher alle Ehre gemacht hatte. Das war eigentlich gar nicht seine Art, über Kollegen herzuziehen.
»Das stimmt schon, da hast du recht. Du hast wohl in jüngster Zeit mit ihm zu tun gehabt?«
»Ha«, stieß Müdsam bitter aus, »schon seit Monaten nicht! Seine Majestät schickt ausschließlich die Adjutanten zu uns. Und wehe uns, wenn wir dann nicht alles stehen und liegen lassen und euren Trommen vorrangig bedienen. Dann gibt es aber sofort eine Dienstaufsichtsbeschwerde.«
»Das glaube ich nicht. Trommen ist zwar ein Arschloch, und was für eins, aber kein Denunziant.«
Sie hörte Papierrascheln. »… hat es Dr. Müdsam wieder einmal an der gebotenen Eile mangeln lassen, sodass wir uns leider gezwungen sehen … blabla blabla … zumal die Zusammenarbeit mit dem Gerichtsmedizinischen Institut Nürnberg schon seit Längerem von unserer Seite als höchst unzufriedenstellend bezeichnet … das können wir uns nicht leisten, zumal in den Augen der Öffentlichkeit … werden wir also unsere Fälle künftig nach Erlangen zum dortigen universitären Gerichtsmedizinischen Institut … und dies auch den Kollegen/innen des K11 anempfehlen. Na, glaubst du es jetzt?«
Sie war sprachlos. Demnach hatte sie Trommen bislang unterschätzt. Sie hatte in ihm nur einen eitlen Wichtigtuer gesehen, dabei war er ein gefährlicher eitler Wichtigtuer.
»Da staunst du, Paula, gell?«
»Ja. Dabei waren es Trommen und seine unfähige Gurkentruppe«, redete sie sich in Rage, »denen ich es zu verdanken habe, dass Heinrich im Krankenhaus liegt und ich nun ohne ihn auskommen muss. Sechs Leute plus zehn von der Schutzpolizei sind doch, sollte man meinen, genug, um eine 08/15-Razzia zu stemmen. Nicht aber für unseren Herrn Trommen. Er hat Heinrich und mich zusätzlich angefordert, und Fleischmann hat ihm diesen Antrag auch noch bewilligt. Was dabei herausgekommen ist, weißt du ja.«
Nach einer kurzen Pause fügte sie hinzu: »Keine Sorge, Frieder. Der Trommen hat bei mir sowieso noch eine größere Rechnung offen. Das mit der Dienstaufsichtsbeschwerde kommt gleich mit drauf. Irgendwann wird er für alles zahlen. Ich muss nur eine passende Gelegenheit abwarten.«
Müdsam lachte. »Das mag ich unter anderem so an dir: deinen Witz und deinen Kampfgeist. Du gibst nicht klein bei. Du lässt solche Nebensächlichkeiten, und darum handelt es sich ja im Prinzip, nicht an dich rankommen. Mich zieht so was runter, raubt mir viel Freude an der Arbeit.«
»Das wäre bei mir auch der Fall, glaub mir, Frieder, wenn ich davon betroffen wäre.«
Sie dachte über ihre schnelle Replik nach. Ja, doch, die hatte durchaus ihre Richtigkeit. Falls sie von solcher Art Ränkespiel und Heimtücke betroffen wäre, wäre sie sicher viel weniger ausgeglichen und zufrieden, im Beruf wie privat. Frieder über- oder unterschätzte sie, je nachdem. Sie war von einem grundlegenden Wohlwollen ihrer Person gegenüber außerordentlich abhängig. Sie überspielte das zwar mehr oder weniger glaubhaft, wenn es daran mangelte. Aber es verletzte sie jedes Mal aufs Neue.
Schließlich sagte er ihr, wie immer exakt und auch für Halblaien wie sie aufschlussreich, was er herausgefunden hatte. Gegen acht Uhr hatte Shengali den tödlichen Schlag erhalten, mit einer Eisenstange, vier bis fünf Zentimeter Durchmesser, an der noch Spuren von Flugrost hafteten. Exitus circa zehn Uhr dreißig. »Er ist langsam und qualvoll verblutet.«
»Kampfspuren?«
»Keine. Geht auch nicht, wenn dir jemand von vorne mit einer Metallstange eins überzieht, bist du fertig. Aber wir haben auf der Rückseite seines Jacketts Sand und minimale Reste
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