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Duerers Haende

Duerers Haende

Titel: Duerers Haende Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Petra Kirsch
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nicht seltsam. Und vielleicht teilen sich die Freys ja untereinander die Arbeit auf, und so etwas wie die Suche nach einem verschwundenen Lkw fällt in das Ressort von Herrn Frey senior. Manchmal ist eine strikte Arbeitsteilung ganz hilfreich, gerade unter Familienangehörigen, um Streit zu vermeiden. Noch etwas, Frau Brunner?«
    »Im Moment eigentlich nicht.«
    »Wir, und nicht länger die Fahndungsstelle, müssen uns jetzt auch um Shengalis Laster kümmern. Die Suche danach läuft ab sofort über unsere Kommission. Ich habe das dem Frey gegenüber erst mal nicht gesagt. Denn für uns ist die Suche nach dem Lkw zweitrangig, für ihn sicher nicht.«
    Eva Brunner schlug sich mit der flachen Hand auf die Stirn. »Ja, natürlich. Den hab ich ja ganz vergessen. Die Mörder haben den Laster geklaut, einschließlich der Zigaretten und des Parfüms. So was kriegt man an jeder Straßenecke leicht los. Im Gegensatz zu Herrn Frey finde ich nämlich dreihundertfünfzigtausend Euro sehr viel Geld. Da sind andere schon für wesentlich weniger umgebracht worden. Genau, das war Raubmord.«
    »Das weiß ich nicht. Kann sein, glaube ich aber eher nicht. Dagegen spricht, dass Shengalis Geldbeutel samt komplettem Inhalt noch an Ort und Stelle war, in der Innentasche seines Sakkos. Gegen Raubmord spricht auch, wie man den Leichnam dort hingelegt hat. Haben Sie ihn sich überhaupt angesehen?« Eva Brunner nickte. »Auch die Hände?«
    »Ja, ich hab mich schon gewundert, wie …«
    »Shengali lag doch da wie hindrapiert, wie …«, Paula suchte nach einem passenden Vergleich, »… auf einer Bahre oder in einem Sarg. Wie zur letzten Ruhe gebettet. Da hat sich jemand richtig Mühe gegeben. Diese Mühe machen sich Raubmörder in der Regel nicht.«
    Eine halbe Stunde später hatten sie den Hof des Präsidiums erreicht und stiegen nun die Treppe in den ersten Stock hoch. Bevor sie die Tür zu ihrem Büro öffnete, blieb sie gedankenverloren stehen. »Ein toter Moslem mit einem christlichen Symbol. Das war eine Botschaft. Aber an wen und warum?«
    Rhetorische Fragen, die in diesem Moment keinen Sinn ergaben außer dem, einen ersten Hinweis auf ein Tatmotiv aus einer Gedankenkette herauszuschälen und vorerst daran festzuhalten. Bis andere Hinweise diese Gedankenkette als falsch erweisen würden.
    »Als Abschreckung. Oder als Drohung an andere aus Shengalis Umfeld. Vielleicht wollte der Mörder damit sagen: Wenn ihr macht, was Shengali getan hat, ergeht es euch genauso.« Die Kommissaranwärterin sah die Kommissarin erwartungsvoll an.
    »Das ist gut möglich, sehr gut möglich sogar. Trotzdem brauchen wir den Laster. Sobald er auftaucht, muss die Spurensicherung ihn auseinandernehmen.«
    »Sie glauben, Shengali wurde im Wagen, im Führerhaus ermordet?«
    »Nein. Die Tatwaffe war, sagt Dr. Müdsam, eine längere Eisenstange. Um damit jemandem den Schädel zu spalten, so wie es bei dem Toten der Fall ist, muss man ausholen. Das geht in diesen engen Kabinen schlecht. Trotzdem brauchen wir den Lkw. Und wenn er nur dafür gut ist, um genau das auszuschließen.«
    Sie betrat das Büro, das ihr wie immer, wenn sie auf Heinrich verzichten musste, abweisend und unbehaglich vorkam. Als sie die beiden Fensterflügel weit öffnete, entlud sich hinter ihr ein Schwall der Begeisterung.
    »Also, ich finde das alles wahnsinnig interessant. So spannend. Mittendrin in einem Mordfall sein. Dem Mörder sozusagen auf der Spur. Das ist das Tollste, was ich bisher im Präsidium erlebt habe. Richtig aufregend, einfach geil. Finden Sie nicht auch?«
    Nein, das fand sie nicht. Aber sie schwieg.
    »Frau Brunner, Sie sind doch derzeit bei der Zentralen Auswertung. Wenn Sie den Ostapenko mal gründlich durchchecken würden, wäre mir sehr geholfen. Ach, und noch eins: Bleiben Sie an dem verschwundenen Laster dran. Die Spedition kriegt den erst dann zurück, wenn unsere Kriminaltechniker mit ihm fertig sind. Auch wenn die Freys jammern von wegen Verdienstausfall und so. Das geht eben im Moment nicht anders. Bleiben Sie hart.«
    »Jawohl, das mache ich. Sie können sich auf mich verlassen, Frau Steiner. Hundertprozentig. Ich bin ja so froh, dass ich bei Ihnen, in Ihrem Sachbereich bin. Und nicht in dem vom Trommen. Der Herr Bartels soll sich mal richtig auskurieren. Oft ist es gar nicht gut, wenn man vorschnell das Krankenhaus verlässt, bloß weil man meint, man ist unersetzlich. Da kann sich leicht was festsetzen, was man dann zeit seines Lebens nicht mehr loswird. Aber

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