Duerers Haende
haben schien. Er rannte behände auf sie zu, sodass die Kameras und das Objektiv vor seiner Brust auf und ab hüpften. Tischler stellte sie als die Einsatzleiterin aus Nürnberg, KHK Steiner, Mordkommission, Polizeipräsidium Mittelfranken, vor. Der Redakteur reagierte auf diese Titelaufzählung wie beabsichtigt – mit Respekt. Er fragte die »Frau Kriminalhauptkommissarin Steiner«, was sie in dem Zeitungsbericht haben wolle.
»Das überlasse ich natürlich Ihnen.« Sie nannte ihm die wichtigsten Eckdaten zum Fall Shengali. »Wir gehen davon aus, dass der Mord hier auf diesem Parkplatz passiert ist. Wenn also jemand von Ihren Lesern auf dem Parkplatz selbst oder in der näheren Umgebung etwas beobachtet hat, soll er sich bitte bei der Polizeiinspektion Beilngries melden.«
Hauptwachtmeister Tischler nickte zustimmend. »Jawohl. Bei uns melden. Und ich gebe die eingehenden Zeugenbeobachtungen nach Nürnberg weiter. Frau Steiner und ich stehen bei diesem Mordfall in ständigem Kontakt.«
Sie bezog wieder ihren Posten direkt an der Einfahrt der Parkbucht. Zum einen war sie sorgsam darauf bedacht, nicht im Weg zu stehen. Zum anderen konnte sie so am besten die Szenerie übersehen. Und darüber hinaus dem Anspruch gerecht werden, jederzeit auf Fragen zu antworten sowie alle Entscheidungen zu treffen, die nötig waren, damit die Untersuchungen hier vor Ort abgeschlossen werden konnten.
Doch da kamen keine Fragen, und Entscheidungen waren auch nicht zu treffen. Das Einzige, was kam, waren ein paar Schaulustige. Eine Handvoll sehr junger und sehr alter Männer, die von Tischlers Leuten sofort wieder heimgeschickt wurden. Freundlich, aber bestimmt. Und die sich diesen Anweisungen auch anstandslos fügten, was durchaus die von Hauptwachtmeister Tischler gelobte Kooperationsbereitschaft erkennen ließ.
Im Gegensatz zur Beilngrieser Bevölkerung war Paula Steiners Kooperationsbereitschaft schnell erschöpft. Nämlich genau in dem Moment, als der Redaktionsleiter ein Foto von ihr machen wollte.
»Also bitte, das geht nicht.«
Der Pressemann zeigte sich enttäuscht. »Das würde die Story aber erst so richtig abrunden.«
»Ich bin überzeugt, die wird auch so rund genug.«
Nach dieser Abfuhr entfernte sich der Redakteur. Sie sah schon die Schlagzeile in der Regionalausgabe der Zeitung vor sich: »Der Parkplatzmörder von Kinding. Wer hat ihn gesehen? Sachdienliche Hinweise an …« Vielleicht hatten sie ja Glück, und der Artikel würde sie über ein Nummernschild oder eine genaue Personenbeschreibung auf direktem Weg zum Mörder führen. Obwohl, sie blieb skeptisch. Wer einen so abgelegenen Ort als Treffpunkt wählt, hat gut vorgesorgt, unentdeckt zu bleiben. Außerdem überschätzte man ihrer Meinung nach die Wirkung solcher Artikel gehörig.
Sie sah noch eine Weile zu, wie die Arbeit voranging. Wie diszipliniert und professionell die Beilngrieser Polizei den Parkplatz vor weiteren Schaulustigen sicherte, wie routiniert und genau die Kriminaltechniker den nassen Boden absuchten und sich jetzt das angrenzende Waldstück vornahmen. Es war so still, dass man den Nieselregen auf die Blätter tropfen hörte. In der Ferne flötete süß und laut eine Amsel. Dann schlug ein Hund an. Das Bellen wurde stärker, erregter. Endlich. Die erste Spur. Dennerlein kroch aus dem Unterholz hervor und lauschte in Richtung Gebell. Dabei trafen sich ihre Blicke, aber es war, als sähe er sie eigentlich gar nicht. Er rief nach seinem Mitarbeiter und stapfte los.
Auch sie verließ eilig ihren Posten und ging zu ihrem Wagen. Ihr war nämlich mittlerweile eingefallen, dass sie etwas Entscheidendes zu fragen vergessen hatte. Über den Polizeifunk wählte sie die Nummer des Kriminaldauerdienstes. In der Zwischenzeit war Breitkopf abgelöst worden. Sein Kollege sagte ihr, was sie wissen wollte.
»Nein, den Namen haben wir nicht. Der Anruf war anonym. Und Matthias konnte die Nummer auch nicht zurückverfolgen.«
Seltsam, dachte sie, wer so einen Fund bei der Polizei meldet, möchte in der Regel für seine Aufmerksamkeit und kleine Mühe auch eine Anerkennung in Form eines Lobs hören. Wieder fehlte ihr Heinrich. Sie wurde ungeduldig. Klaus könnte ihr jetzt doch auch mal Bescheid geben, ob die Hunde etwas gefunden hatten. Schließlich war sie die Leiterin dieses Einsatzes und sollte den Überblick behalten.
Fünf Minuten später stand er vor ihr. »Shengali muss da hinten unter den Tannen gewesen sein. Die Hunde haben auf den Duft seines
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