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Duerers Haende

Duerers Haende

Titel: Duerers Haende Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Petra Kirsch
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diese Freiheit leisten. Den Anruf könnte sie genauso gut später erledigen. Morgen ist schließlich auch noch ein Tag, schoss ihr eine wohlbekannte Sentenz durch den Kopf. Da erschrak sie. Sie war auf dem besten Weg, sich Heinrichs Gleichgültigkeit zu eigen zu machen. Das wollte sie nicht.
    »Also, dann mache ich mich jetzt an das Führerhaus.«
    »Gut. Und ich rufe bei der Spedition an. Die müssen schließlich auch Bescheid wissen.«
    Sie ging zu ihrem Wagen zurück. Die Telefonnummer hatte sie in ihrem Block notiert. Schon beim zweiten Klingeln meldete sich Joachim Frey. Sie sagte ihm, man habe seinen Lastwagen gefunden.
    »Prima. Dann hole ich ihn mir. Wo steht er denn?«
    Augenblicklich bereute sie, ihn angerufen zu haben. In manchen Situationen war Heinrichs Gleichgültigkeit besser als ihr Pflichtbewusstsein.
    »Er steht auf einem Parkplatz nahe Kinding. Und da bleibt er auch noch stehen. So lange, bis der Erkennungsdienst mit ihm fertig ist. Wir geben Ihnen Nachricht, sobald er freigegeben ist.«
    Sie beendete das Gespräch grußlos. Als sie die Wagentür verschloss, spürte sie ein flaues, leeres Gefühl in der Magengrube. Sie hatte Hunger. Dagegen gab es in dieser Naturidylle nur ein Gegenmittel – sie griff in die Brusttasche ihrer Jacke, worin sie auf der Raststätte Zigarettenschachtel und Feuerzeug verstaut hatte.
    Rauchend stellte sie sich neben ihr Auto und blickte in den angrenzenden Waldstreifen. Sie hörte das verschwiegene Rauschen der Bäume. Die Großstädterin Steiner spürte die Einsamkeit dieses Ortes. Lauscher waren fern, mit Glück gab es sogar ein Funkloch. Im Wald, kam ihr in den Sinn, hat Hagen von Tronje den Helden Siegfried umgebracht, als Auftragsmörder. Seitdem trägt das Wort Männerfreundschaft einen doppeldeutigen Sinn. Den von Treue und Verrat. Wieder fiel ihr Heinrich ein, der bekennende Wagnerianer. In diesem Moment fehlte er ihr. Er hätte ein Auge für die opernhafte Szenerie hier zwischen Kinding und Pfraundorf gehabt, für die mythische Anmutung dieser Parkbucht mit dem dichten, dunklen Wald und der ringförmigen Anordnung. Eine mustergültige Thingstätte, wie geschaffen für solch heidnische Feste wie Sonnwendfeiern. Mit ihm hätte sie auch diesen doppelsinnigen Gedanken der Männerfreundschaft weiterspinnen können. Sie fühlte sich auf einmal sehr allein. Und bedauerte ihr Ränkespiel – dem zwar der gewünschte Erfolg versagt geblieben war, aber in dem Moment zählte für sie nur ihre ursprüngliche eindeutig niederträchtige Absicht – gegenüber dem treuen Kollegen. Der Ohne-Wenn-und-Aber-Plan gewann wieder an Gewicht.
    Sie ging auf den lächelnden Polizisten zu, der erfreut schien, von ihr erneut angesprochen zu werden. »Wer von diesen Leuten ist denn Ihr Vorgesetzter?«
    »Das bin ich selber. Hermann Tischler, Hauptwachtmeister von der Polizeiinspektion Beilngries.«
    »Herr Tischler, mein Name ist Steiner und ich bin …«
    »… die Einsatzleiterin aus Nürnberg«, unterbrach er sie. »Wissen wir doch alles schon.«
    »Dann darf ich Sie in diesem Fall um Amtshilfe ersuchen, Herr Kollege?«
    Wieder dieses ansteckende Grübchen-Lächeln. »Aber gern. Dafür sind wir ja da. Womit können wir helfen?«
    »Mit einer Befragung der Anwohner. Wer hat am Montag in der Früh oder am Vormittag hier auf dieser Strecke etwas Auffälliges, Ungewöhnliches bemerkt? Jede Kleinigkeit zählt, doch wem erzähle ich das. Das wissen Sie ja als Hauptwachtmeister genauso gut wie ich. Aber Sie kennen die Bewohner in den umliegenden Ortschaften viel besser als ich beziehungsweise wir vom Polizeipräsidium Mittelfranken.«
    »Das machen wir. Wir gehen von Haus zu Haus, auf breiter Front. Ich hätte da zusätzlich einen Vorschlag zu machen, Frau Steiner. Was halten Sie davon, wenn wir die Geschichte in die hiesige Zeitung bringen? Damit hätten wir auf einen Schlag den ganzen Landkreis Eichstätt erfasst und abgedeckt. Sichern so die mündliche Befragung nochmals ab. Und unsere Leute hier sind sehr kooperativ. Wenn die was wissen oder gesehen haben, dann melden die das auch.«
    »Davon halte ich sehr viel. Gerne.«
    »Unser Redaktionsleiter ist schon da.« Tischler deutete auf einen weißhaarigen Mann mit zwei Kameras und einem Teleobjektiv vor der Brust, der hinter der Absperrung stand und jetzt lebhaft zu ihnen herüberwinkte. »Wir können das gleich an Ort und Stelle machen. Wenn Sie einverstanden sind.«
    Er nickte dem Redakteur zu, der auf diese Aufforderung nur gewartet zu

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