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Duerers Haende

Duerers Haende

Titel: Duerers Haende Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Petra Kirsch
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Idee. Denn darunter würde Ihr hausinterner Ruf leiden. Das hätten Sie sofort nach dem vergeigten Einsatz machen sollen. Obwohl, auch das wäre momentan nicht in meinem Sinn gewesen. Herrn Bartels, der, wie Sie ja wissen, bei manchen Kollegen nicht die Anerkennung hat, die er verdient, wäre damit nicht gedient gewesen. Ihnen auch nicht. Und am allerwenigsten mir, der ich Sie beide überaus schätze. Es sind nämlich schon seit Längerem Bestrebungen im Gange, Ihre Kommission einer anderen Kommission zuzuschlagen. Das möchte ich verhindern. Denn dadurch würden Ihrer beider Fähigkeiten und besondere Erfahrung vergeudet, die eben in dieser kleinen Zweier-Konstellation am besten zum Tragen kommen.«
    Er griff zum Telefon und gab seiner Sekretärin Anweisung, Herrn Bartels sofort zu ihm heraufzuschicken. Die Wartezeit überbrückten Paula Steiner und ihr Vorgesetzter mit Schweigen. Als Heinrich hereinkam, sah er sie fragend an.
    »So, Herr Bartels, zuallererst möchte ich Ihnen sagen, dass ich mich freue, dass Sie anscheinend wieder so weit hergestellt sind, um an Ihren Arbeitsplatz zurückzukehren. Und zum Zweiten hat mir Frau Steiner soeben berichtet, wie es zu Ihrem Unfall in Gostenhof kam. Ich weiß jetzt, dass Sie keine Schuld an der missglückten Razzia trifft. Und das ist in diesem speziellen Fall auch die Hauptsache. Frau Steiner wird Ihnen das Weitere dazu sagen. Und dennoch, ich verabscheue es, angelogen zu werden. Egal …«
    Als die Hauptkommissarin und ihr Oberkommissar Einspruch zu diesem Vorwurf erheben wollten, bedeutete Fleischmann ihnen mit erhobener rechter Hand zu schweigen und sprach den Satz zu Ende: »… aus welchen Gründen. Ich denke, wir haben uns verstanden.« Das schien das Signal für das Ende ihres Gesprächs zu sein. Sie erhoben sich und verließen das Zimmer. Dankbar, dass ihr Ohne-Wenn-und-Aber-Plan so glimpflich ausgegangen war, schenkte sie Sandra Reußinger zum Abschied sogar noch ein »Danke für Ihr Entgegenkommen«.
    Am ersten Treppenabsatz blieb Bartels stehen und sagte, was sie von ihm erwartet hatte: »Das hätte es doch nicht gebraucht, Paula.«
    »Doch. Genau das hat es jetzt gebraucht. Ich hätte das schon viel früher machen müssen.«
    Er stand immer noch auf der ersten Treppe. »Ich war richtig froh, als der Anruf von der Reußinger kam. Die Brunner ist zwar ganz nett, aber die textet einen ja dermaßen zu, dass man völlig wirr im Kopf wird. Das ist richtig anstrengend.«
    Nach einer Weile fügte er ironisch hinzu: »Wo ich doch Schonung brauche, ich bin ja immerhin Rekonvaleszent, frisch aus dem Krankenhaus entlassen.«
    »Das sehe ich vollkommen ein, Heinrich. Drum müssen wir jetzt umgehend etwas für deinen Genesungsprozess unternehmen. Ich brauche übrigens auch Schonung. Wir gehen essen, ich lade dich ein, und wir lassen uns ganz viel Zeit dafür. Das können wir auch, weil es sich dabei um ein hochgradig wichtiges Arbeitsessen handelt.«
    Sie gingen zum Ausgang, meldeten sich an der Pforte ab und spazierten einträchtig nebeneinanderher Richtung Hauptbahnhof. Eine Regung von Dankbarkeit Heinrich gegenüber machte sich bemerkbar. Fast hätte sie sich bei ihm untergehakt, so vergnügt und heiter war sie. Alles schien ihr an diesem Septembertag mit seinem Nieselregen leicht und schön. Denn endlich war alles, was ihr im Leben wichtig war, so wie früher. Oder schien es zu sein.

5
    Beim Gehen hatte sie darüber nachgedacht, was sie Heinrich über den Toten erzählen konnte. Eigentlich hatte sie bislang recht wenig über ihn erfahren. Gut, sie wusste, er war zuverlässig, fleißig und liebenswürdig, er hatte einen spektakulär schönen Mund, und er lachte seine Frau bei ungeschickten Sprechversuchen aus. Das jedoch konnte sie Heinrich nicht ernsthaft als ihren Ermittlungserfolg präsentieren. Also würde sie sich in ihrem Bericht auf die handfesten Dinge konzentrieren müssen. Wovon es nicht allzu viele gab.
    In dem vor allem bei Touristen beliebten Wirtshaus in der Königstraße fanden sie einen Tisch für sich allein, direkt gegenüber der Eingangstür. Da es eine lange Weile dauerte, bis der Ober auf sie aufmerksam wurde, konnten sie sich Zeit für die Menüwahl lassen. Heinrich entschied sich für einen Lendenbraten mit Kartoffelbrei, sie selbst für sechs Nürnberger Bratwürste mit Sauerkraut. Diese Wahl hatte den Vorteil, dass ihre Küche heute Abend frei von Bratengestank sein würde. Während sie auf ihr Essen warteten, fiel ihr Eva Brunner ein. Sie kam

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