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Duerers Haende

Duerers Haende

Titel: Duerers Haende Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Petra Kirsch
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sich undankbar vor, die Anwärterin, die ihr bis jetzt immer mit Pflichteifer und auch einer sehr seltenen Bereitwilligkeit zur Seite gestanden hatte, einfach so vergessen zu haben. Sie holte ihr Handy aus der Handtasche.
    »Frau Brunner, gut, dass ich Sie gleich erwische. Herr Bartels und ich sind bei einem … äh, in einer Besprechung, Das kann länger dauern. An Sie habe ich eine Bitte: Nach dem Mittagessen fahren Sie nach Erlenstegen und fragen die Anwohner des Wasserwerks, ob sie in jener Nacht etwas Ungewöhnliches bemerkt haben. Wenn Sie sich sicherer oder sagen wir: besser damit fühlen, nehmen Sie einen Schutzpolizisten mit.«
    »Das würde ich sehr gerne machen, Frau Steiner, aber dann ist ja in unserer Kommission keiner am Telefon. Oder sind Sie beziehungsweise Herr Bartels ab Mittag wieder im Büro?«
    »Nein, wahrscheinlich nicht. Wir gehen nach der Besprechung direkt zur Agentur für Arbeit, das kann dauern. Stellen Sie einfach das Telefon auf die Zentrale um.«
    »Wonach soll ich am Wasserwerk fragen?«
    »Ob die Anlieger einen Wagen gesehen oder irgendetwas gehört haben. Irgendetwas Auffälliges. Jedes Detail kann wichtig sein.«
    »Kann ich dazu einen Dienstwagen nehmen?«
    »Ja, natürlich. Sie sind ein vollwertiges Mitglied unserer Kommission.« Dieser Schmeichelei haftete zwar ein Hauch von Wahrheit an, dennoch war sie zum größten Teil ihrem schlechten Gewissen gegenüber der jungen Polizistin geschuldet.
    »Und morgen Vormittag erstatte ich dann Bericht?«
    »So ist es. Auch darüber, was Sie von Herrn Eshaya erfahren haben und ich von Frau Shengali. Das beides allerdings können wir, denke ich, ganz kurz halten.«
    Sie lauschte in ihr Handy, doch es folgte kein Einwand, keine Frage mehr, sondern lediglich ein euphorisches: »Jawohl, Frau Steiner.«
    Heinrich sah sie freundlich, aber spöttisch an. »Das war eine klassische Arbeitsbeschaffungsmaßnahme, wie sie im Buche steht. Bei der Befragung kommt doch nichts raus, da hätte sich doch schon längst jemand gemeldet, wenn ihm etwas aufgefallen wäre.«
    »Ja und nein. Es stand nicht groß in der Zeitung, Heinrich, da kann eine persönliche Befragung dem einen oder anderen bei der Erinnerung schon auf die Sprünge helfen.«
    Und auch deswegen ein klares Nein, weil sie diese grundlegende Routinemaßnahme bislang schlicht – wie so manches andere in diesem Fall – vergessen hatte. Jetzt, nachdem Heinrich wieder da war, würde das anders werden.
    Als ihr Teller bereits leer war, hatte Heinrich noch über die Hälfte seines Lendenbratens vor sich. Sie aß zu schnell, eine immerwährende Kritik ihrer Mutter an ihr. Sie beobachtete Heinrich, an ihm hätte Johanna Steiner ihre Freude gehabt: Bedächtig schnitt er ein Stück Braten ab, spießte es auf, schaufelte etwas Gemüse auf die Gabel und legte schließlich noch einen Klecks Kartoffelbrei nach. Der schonungsbedürftige Rekonvaleszent genoss dieses Arbeitsessen still und offenkundig.
    Da sie wusste, dass Heinrich gleichzeitig essen und zuhören konnte, begann sie mit ihrem Bericht. Sie erzählte ihm von den so unterschiedlichen Dresscodes von Shengalis Ehefrau und seiner Tochter, von dem Freund mit der Vorstrafe und dessen punktueller Verschwiegenheit, von dem Wasserwerk und der Kindinger Parkbucht, dem verplombten Laster und dem anonymen Anruf, den Anzeigen und Gutscheinen. Das Beste behielt sie sich für den Schluss auf: die betenden Hände.
    »Der Mörder spricht bewusst eine eigene Sprache. Er hat keinen Ehrgeiz, diese Tat zu verbergen. Warum faltet er die Hände so? Warum macht er sich diese Mühe?«
    Heinrich reagierte, wie sie erhofft hatte. Er biss augenblicklich an, wie ein ausgehungerter Fisch nach einem besonders fetten Wurm schnappt.
    »Das ist doch klar, Paula«, rief er aus, »Shengali hat seine, also des Mörders Moralvorstellungen verletzt. Diese betenden Hände kann, nein, die muss man als öffentliche Maßregelung interpretieren. Eine Abmahnung für einen Tabubruch von Shengali, dem jedoch mit diesem Zeichen des Glaubens gleichzeitig wieder vergeben wird. Shengali verlässt diese Welt als gläubiger Mensch, mit diesem Symbol kehrt er zurück in die Gemeinde der Gläubigen. Denn was sind im Gebet zusammengefaltete Hände anderes als das Symbol der Frömmigkeit, des Glaubens? Auf jeden Fall war das ein hochgradiger Spinner, der Shengali umgebracht und ihn dann so vor dem Wasserwerk zurückgelassen hat. Vielleicht sogar mehr, ein Kranker, ein Wahnsinniger.«
    »Mag sein,

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