Duerers Haende
war Ihr Kunde denn arbeitslos? Und – haben Sie ihn vermitteln können, oder hat er selbst Arbeit gefunden?«
»Herr Shengali war über ein Jahr arbeitslos gemeldet. Das ist eine der Voraussetzungen, um einige der Förderleistungen der Agentur zu erhalten, wie sie dieser Kunde bekommen hat. Diese erhalten unter anderem Schwervermittelbare oder Langzeitarbeitslose wie Herr Shengali.«
»Was sind die anderen Voraussetzungen? Und wie dürfen wir Laien diese Förderleistungen verstehen?«, fragte Paula Steiner und gab sich dabei Mühe, unwissend und liebenswürdig zugleich zu klingen. Sie hatte sich wieder im Griff und umgab sich, wie fast immer in solchen vertrackten Fällen heftiger gegenseitiger Abneigung, mit einem Panzer aus Freundlichkeit.
»Der Kunde galt als hochgradig motiviert. Er hat den Kraftfahrerführerschein aus eigener Tasche bezahlt. Er galt zudem als förderfähig. Das heißt in diesem konkreten Fall«, Frau Entner sah kurz auf den Bildschirm, »er hat von uns zunächst einen Vermittlungsgutschein erhalten.«
»Und damit kann man was tun?«
»Damit versucht man – natürlich parallel zu den Bemühungen der Agentur –, über einen privaten Arbeitsvermittler einen Arbeitsplatz zu finden.«
»Und das hat Shengali gemacht und dabei Erfolg gehabt?«
»Ja. Er wurde bei uns abgemeldet am Tag seiner Arbeitsaufnahme bei dem Transportunternehmen Frey-Trans.«
»Aha. Und was macht der private Arbeitsvermittler mit diesem Vermittlungsgutschein?«
Die Teamleiterin sah sie verblüfft an. Dass jemand so begriffsstutzig sein konnte, und dann noch jemand von der Polizei. »Na, er kriegt das Geld von uns.«
Das endlich war ein Satz, den Paula Steiner verstand. Gutes, einfaches, klares Deutsch.
»Wie viel Geld?«
»Insgesamt zweitausend Euro, die in zwei Stufen ausbezahlt werden. Tausend Euro nach sechs Wochen, den Rest, wenn der Betreffende auch nach sechs Monaten noch in dem Arbeitsverhältnis beschäftigt ist.«
»Hat Herr Chanim Ostapenko ebenfalls einen solchen Vermittlungsgutschein bekommen?«
Erneutes Geklimper auf der Agentur-Tastatur. »Ja.«
»Also hat sich Ihre Agentur das einiges kosten lassen, um die beiden, Shengali und Ostapenko, wieder in Lohn und Brot zu bringen?«
»Natürlich. Das ist unsere Aufgabe. Dafür sind wir da. Außerdem haben beide Kunden noch eine andere Förderleistung von uns bekommen. Nämlich einen«, B. Entner machte eine Pause, um dem, was nun folgen sollte, die ungeteilte Aufmerksamkeit dieses ungleichen Polizistenpärchens da vor ihr zu sichern, »Eingliederungszuschuss.«
»Diesen Zuschuss kriegt dann wohl der Arbeitslose selbst?«, fragte Paula Steiner, die jetzt endlich ihren Block hervorgekramt hatte und begann, sich Notizen zu machen.
»Nein, natürlich nicht. Eingliederungszuschüsse gelten als Lohnzuschuss und werden an die Firma respektive an den Arbeitgeber ausbezahlt, der einen Schwervermittelbaren oder Langzeitarbeitslosen einstellt und damit dessen Arbeitsaufnahme nachhaltig unterstützt.«
»In dem Fall also an die Spedition Frey-Trans?«
Die Teamleiterin nickte erst zustimmend, um sie dann umgehend zu korrigieren: »Frey-Trans ist keine Spedition, sondern ein Transportunternehmen.«
»Was ist da der Unterschied?«
»Eine Spedition hat in der Regel keine eigenen Lkw, ein Transportunternehmen schon.«
Die Kommissarin ignorierte die schulmeisterliche Belehrung. Sie hatte eigentlich genug gehört zum Thema Gutschein. Eigentlich. Doch die Neugier ließ sie weiterfragen. »Um welche Summe handelt es sich denn dabei?«
»Das sind meist fünfzig Prozent vom Bruttolohn über zwölf Monate plus die anteiligen Sozialversicherungsbeiträge. Voraussetzung ist allerdings, dass die Firma Tarif bezahlt und das Vorbeschäftigungsverbot einhält. Und es müssen Vermittlungshemmnisse vorliegen.«
Sie war überrascht und rechnete nach. Knapp achtundzwanzigtausend Euro hatte es sich das Arbeitsamt – beziehungsweise der deutsche Staat – kosten lassen, um diese beiden Männer wieder in Arbeit zu bringen. »Was waren das für Vermittlungshemmnisse?«
»Bei Ostapenko die fehlende Ortskenntnis und bei Shengali«, Frau B. Entner blickte kurz auf ihren Bildschirm, »die mangelnde Fahrpraxis, die unzureichenden Deutschkenntnisse und damit die längere Einarbeitungszeit.«
Blieben nur mehr zwei offene Punkte auf ihrer Fragenliste – einer davon waren die ominösen Anzeigen. Auch dafür hatte die Teamleiterin eine Erklärung.
»Es könnte sein, dass der private
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