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Dürre Beweise

Dürre Beweise

Titel: Dürre Beweise Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Manfred Rebhandl
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Strenge, aber gleichzeitige Nachsicht, mit der sie über ihre beiden Idiotensöhne sprach, rührte mich beinahe zu Tränen, die Lady hier war auf ihre Art perfekt. Ich hatte plötzlich das starke Bedürfnis, der Dritte im Bunde ihrer dummen Söhne sein zu dürfen, am Abend von ihr Fleisch gekocht und den Fernseher eingeschaltet zu bekommen, und dann den ganzen Abend „Mutti, noch ein Bier, aber schnell!“ zu rufen. Ich zog sie rauf, sie war ein schönes Pfund und wog an die 120 Kilo. Die Schokolade, die sie vorhin verschlingen hatte wollen, schob sie jetzt zurück in ihre Schürze, dann wischte sie ein paar Krümelchen weg, als wäre Schokolade etwas, das diesem Scheiß-Haus wehtun hätte können. Immerhin war jetzt wieder alles schön weiß.
    Wir setzten uns an den Tisch in der Küche, er war groß wie ein Golfplatz und weiß, glatt und hell. Ich sagte, dass ich auf ihrer Seite wäre, wenn sie mich unterstützte bei dem, was mich hierherführte, dass ich aber auf der Seite der Polizei wäre, wenn nicht. Sie sagte: „Fragen Sie!“
    Ich fing an mit: „Wie ist Ihr Name?“
    Sie sagte: „Bertha.“
    Ich stellte das Fläschchen SuperSlimShot auf den Tisch und fragte: „Was ist denn da drinnen?“
    Sie sagte: „Ein Schlankmacher.“
    Sie erzählte mir, dass sie drei Töchter zuhause auf der Couch sitzen hatte, die eine war wunderschön und schlank, sie war die Jüngste. Aber Denise und Jasmin waren so fett wie sie selbst, wollten jedoch auch schlank sein und träumten von einer Karriere, und zwar nicht als Blasebalg im Gemeindebau, sondern beim Fernsehen, „fragen Sie mich nicht, wieso“.
    Ich sagte: „Weil das Leben unfair ist und die Schlanken und Hübschen begünstigt!“
    „Ja vielleicht! Die Jüngste liegt nur vor dem Fernseher, isst Chips und Pizza, arbeitet nichts, bewegt sich nicht, und kriegt trotzdem nichts auf die Rippen. Die zwei anderen werden aber schon fett, wenn sie nur Wasser trinken.“
    Langsam wurde ich neugierig auf die Jüngste. Ich stellte sie mir vor, wie sie in meinem Tabledance-Laden mit dem Arsch wackelte und die Beine hochwarf, ich fragte: „Ihre beiden Jungs haben also ein Verbrechen begangen, damit die zwei Fetten im Frühling wieder Minirock tragen können?“
    „So ungefähr. Aber ich finde das falsch. Entweder es mag mich einer so wie ich bin, oder er soll sich einen runterholen, ich mach’s ihm dann nicht, das ist meine Meinung.“
    Das war eine gesunde Einstellung, wie ich fand.
    Dann schaute ich auf meine eigene kleine Wampe und überlegte hin und her. Von der einseitigen Ernährung der letzten Wochen drückte mich ein leichtes Völlegefühl, mein Körper sagte: „Gib mir einen Shot!“ Ich wollte meinen Körper nicht enttäuschen, also schluckte ich das Zeug, es schmeckte nach Zitrone, und Bertha sagte: „Wohl bekomm’s!“
    Als ich hinunterschaute auf meine Wampe, war sie aber immer noch da, und Bertha wusste auch, warum: „Sie müssen pro Tag fünf davon trinken, dann haben Sie am Abend ein halbes Kilo weniger. Aber ein Fläschchen kostet zehn Euro fuffzig im Fernsehen, das kann ich mir nicht leisten.“
    Ich rechnete überschlagsmäßig nach: „Da kommt ganz schön was zusammen, wer braut denn das Gesöff, wenn ich fragen darf?“
    Sie sagte: „Der Herr Doktor Nyilasi selbst. Er wollte damit das große Geld verdienen, aber unter uns: Fehlanzeige! Hier darf er das Zeug nämlich nicht verkaufen, weil da irgendwas drin ist, das irgendwas hervorruft, was mit dem Darm zu tun hat, aber ich weiß nicht genau, was.“
    Ich sagte: „Danke, dass Sie’s mir rechtzeitig sagen!“
    Ich stand auf und fragte: „Gibt’s noch mehr davon?“
    „Ja, drüben in seiner Praxis.“
    Wir gingen hinüber, sie öffnete für mich die Tür, und dort fand ich die Kartons gestapelt bis zur Decke, manche waren adressiert, scheinbar betrieb er von hier aus einen Versand. An der Wand hingen Bilder, die den Sportarzt mit Handballerinnen zeigten, was mich nicht überraschte, aber auch Bilder, die ihn mit verdammt ausgezehrten Schispringern zeigten, die alle nach Osteuropa aussahen und grün-rot-weiße Anzüge trugen – Ungarn. Obwohl der Arzt unglaublich hässlich war, schien es ihm zu gefallen, wenn er fotografiert wurde. Ich schätze mal, Ku würde das „Gesteigertes Geltungsbedürfnis“ oder „Eitelkeit“ nennen, oder weiß der Teufel, wie diese Psycho-Freaks es nennen, wenn sich einer gerne im Spiegel anschaut.
    In seinem Schreibtisch fand ich dann noch Fotos von einem jungen

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