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Dürre Beweise

Dürre Beweise

Titel: Dürre Beweise Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Manfred Rebhandl
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Schlückchen, sondern in kräftigen Schlucken, und er warf sich als Beigabe ein paar Spezialtabletten mehr ein, als dem gesunden Schlaf zuträglich waren, dazu zündete er sich schon wieder einen neuen Joint an.
    Dann setzte er sich, rieb mit den Handflächen wie ein Verrückter an seinen Oberschenkeln, klatschte dann in die Hände und schrie: „Wo war ich stehen geblieben?“
    „Mütter.“
    „Ach ja, wobei diese eine spezielle Mutter, von der wir hier reden, natürlich den Druck weitergab, den sie von ihren eigenen Mutter erhalten hatte, ich sage nur: Ballett. Du erinnerst dich?“
    „Mit Schrecken. Aber jetzt sag mir doch noch Folgendes: Diese eine spezielle Mutter wog nur noch 35 Kilo nass, als sie mit Brustkrebs ins Krankenhaus eingeliefert wurde, wie soll sie da ihre Tochter in einen Keller schleppen und dann einsperren?“
    Er sagte: „Glaub nicht, dass Gewalt nur mit Kraft zu tun hat, das auch, aber eben nicht nur. Als Mutter hast du sowieso alle Macht über deine Tochter, auch wenn du nicht schwerer bist als ein Wocheneinkauf, du brauchst deinem Kind ja nur oft genug zu sagen, dass es schuld ist an deinem eigenen Elend, das ist eine enorme Last, wenn die Mutter ständig behauptet, dass du ihr schönes Leben zerstörst, weil du nicht gut genug bist, nicht schön genug, nicht schlank genug, nicht dies und jenes genug. Vermutlich sagte sie zu ihr: ‚Komm jetzt, steig brav ins Auto!‘ oder ‚Komm jetzt, mein Schatz, ich bring dich an einen Ort, wo es dir gut geht und du ein bisschen nachdenken kannst‘ oder solche in sich widersprüchliche Sätze wie ‚Komm jetzt, sei einmal ein bisschen brav, du schlimmes Mädchen!‘ So wird die Tochter ein paar Tage lang irgendwo eingesperrt gewesen sein, ohne Essen, nur mit diesen ekelhaften, mörderischen Shots. Den ersten wird sie ihr noch eingeflößt haben, den zweiten und dritten auch, aber sobald die Abwärtsspirale in Gang gesetzt war, ließ sie das Kind alleine, und am Ende schwamm sie in ihrer eigenen Scheiße, was genau der Zweck war, denn Scheiße war die verdammte Message, verstehst du, die Message! Und am Ende war ihr eigenes Kind nicht tot, sondern übertötet, zack-prack, angeschissen bis obenhin, wie ich schon mehrmals sagte – Salzwassereffekt.“
    Ich fragte: „Und warum erzählte sie dann Ronnie, dass die Kleine verschwunden ist? Ich meine, warum lässt sie sie nicht einfach verschwinden und sagt: Deckel drauf. So unbeliebt, wie diese Maxi war, hätte niemand je nach ihr gefragt, schon gar nicht hätte sie jemand vermisst.“
    Ich dachte, das wäre eine gute Frage, aber Ku wusste auch darauf eine bessere Antwort, ich war ihm einfach völlig unterlegen: „Hör zu, erstens wäre Ronnie sowieso draufgekommen, weil sie ja bei ihm Gras kaufte …“
    – Er zeigte mir ein Tütchen, und dabei schaute er mich an wie Gott Woodstock während der Erschaffung der Welt. –
    „… Und zweitens ist die Alte eine verdammte Scheiß-Katholikin, und zwar eine, die bald den Abgang machen wird hinüber zum Daumen-rauf-Daumen-runter-Typen, je nachdem, wie er grad drauf ist.“
    „Das heißt was?“
    „Sünde, Rock! Schon mal davon gehört? Sie ist zerfressen von ihrer Schuld, deswegen hat sie ja auch Krebs, und der frisst sie auf, und zwar wegen ihrer Schuld. Sie will also entdeckt werden, sie will beichten, sie will, dass ihr jemand die Schuld abnimmt, bevor sie bei den langhaarigen Jesus-Freaks da drüben auf der Türmatte steht und sich für ihr beschissenes Leben rechtfertigen muss.“
    Und auch wenn er nun schon recht durchgedreht dasaß, sich die Haare raufte und langsam die Kontrolle über sich selbst zu verlieren drohte – das klang zwar alles verdammt durchgeknallt, was er mir da auftischte, aber irgendwie auch plausibel. Ich hatte dann nur noch eine Frage: „Und wo ist dieser Scheiß-Keller?“
    Er sagte: „Frag sie doch einfach selbst!“
    Ich sagte: „Aber sie liegt im Koma!“
    ***
    Als wir dann am nächsten Morgen wieder aufwachten, schaute mich Kubelka mit verkaterten und verzweifelten Augen an, er zitterte am ganzen Körper und sagte: „Ich hab das verdammte Gefühl, dass da eine große schwarze Wand vor mir steht, und wo immer ich mich auch hindrehe, steht sie schon wieder vor mir!“
    Ich drehte uns einen morgendlichen Joint und fragte: „Meinst du jetzt so eine bewegliche Wand auf Rädern, oder was?“
    Und er flüsterte: „Ja, genau so eine.“
    Ich ging zu Lemmy, der noch immer auf seiner Couch lag und friedlich schlief. Ich schaute

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