Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Dürre Beweise

Dürre Beweise

Titel: Dürre Beweise Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Manfred Rebhandl
Vom Netzwerk:
ganz fest gegen die Augen, schlug sich gegen die Stirn, und irgendwann sah er alles, wie es war: „Hör mir jetzt genau zu, Rock. Ich sehe sie am Boden kauern, mit einer Hand angehängt an einen Tisch, auf dem diese flüssigen Schlankmacher stehen, gestapelt zu einer Pyramide, aber ich sehe keinen Kühlschrank mit Sprudel oder Eistee oder so was, ich sehe nur diese Shots auf dem Tisch, hast du noch mehr facts?“
    „Ihre Hosen waren vollgeschissen.“
    „Herrje, jetzt sehe ich es genau!“
    „Ich hoffe, du kannst es nicht auch riechen.“
    Er sagte: „Doch! Und mein Gott, sie bekam gewaltigen Durst dort in dem Keller, in dem sie eingesperrt war, dann trank sie dieses Abführ-Zeugs, das führte zu Durchfall, und der führte zu Dehydrierung, was wiederum zu mehr Durst führte. Sie trank wieder, sie bekam noch mehr Durchfall, und ihre Hosen wurden immer noch voller. Du musst sie dir wie einen Schiffbrüchigen auf hoher See vorstellen, der desto durstiger wird, je mehr Salzwasser er trinkt, verstehst du …? Bis das Zeug aufgebraucht war und sie …“
    „… Was?“
    „Starb.“
    Ich sagte: „Verdammt!“
    Er sagte: „Hast du noch facts, irgendwas? Und wenn es dir noch sooo unbedeutend erscheint, sag es mir!“
    Während er sooo sagte, griff er langsam zum Spezialtee und kippte ein weiteres Schälchen, und ich trank jetzt auch nicht zu wenig davon, dabei riskierte er immer wieder einen Blick zum Fernseher, wo der arme Tibor nun schon zum zehnten Mal auf dem Parkplatz aufschlug. Dass Lemmy mein Geschenk schon lange vor Weihnachten aufgemacht hatte, war nicht nett, aber immerhin hatte ich damit einen Volltreffer gelandet.
    Ich sagte: „Die Eltern haben die Adoption einer russischen Austauschschülerin beantragt, die sehr gut Ballett tanzen kann.“
    Jetzt drehte Ku richtig durch und hüpfte auf seinem Sessel auf und ab, er schrie: „Ballett?! Sag mir, wie die kleine geile Maus aussieht!“
    Ich sagte: „Sie sieht perfekt aus, aber sie strahlt irgendwie nicht wirklich von innen heraus, und ich mag es doch so, wenn sie von innen heraus strahlen.“
    Er tadelte mich: „Das ist doch jetzt egal, Rock, darum geht es nicht, kann es nicht gehen. Es geht um Austausch, verstehst du nicht?“
    „Nein.“
    „Austausch ist das goddamned fucking Keyword in dieser Story! Das eigene Kind musste ausgetauscht werden durch ein neues. Das Schlechte gegen das Gute, der lahme Gaul gegen die Ballerina, der faule Apfel musste …“
    – Jetzt stierte er mich mit Augen an, die sich irgendwie im Kreis drehten, und dann sagte er: –
    „… weg-ge-wor-fen werden. Hinein ins Wasser.“
    Er stand auf und fuchtelte mit den Händen herum, als würde er einen großen Haufen Schnee irgendwohin schaufeln, dabei wirkte er so ungeschickt wie Monty Burns, wenn er einen Baseball warf. Dann setzte er sich wieder und war richtig angewidert: „Und die Scheiße in der Hose war eine Botschaft!“
    Ich fragte: „Was für eine?“
    „Du genügst nicht! Du bist ein Haufen Scheiße !“
    Ich fragte ein wenig unsicher: „Meinst du jetzt mich?“
    Er sagte: „Nein, um Gottes willen, ich meine natürlich sie!“
    Ich kriegte echt die Gänsehaut, und zur Gänsehaut kriegte ich nun richtig Durst. Ich wusste zwar nicht, was Lemmy da in seinen Spezialtee hineingab, aber je mehr ich davon trank, desto mehr wollte ich davon, das war wohl der Salzwassereffekt. Und Ku ging es schon den ganzen Nachmittag genauso, er sagte: „Da war jemand kolossal unzufrieden mit diesem Mädchen, und wenn du mich fragst, dann war dieser Jemand …“
    Ich fragte: „Ja, wer? Sagst du’s mir endlich?“
    „Ihre verdammte Mutter!“
    Schaum lief ihm jetzt aus dem Mund. Ob wegen dem Tee oder wegen der Mutter des Mädchens, das konnte ich zunächst nicht genau sagen, aber irgendwie hatte er ja mal eine Andeutung gemacht, dass die Mütter an allem schuld sind, also schrie er mich jetzt an: „Es sind immer die Mütter, die an allem schuld sind, weißt du das denn nicht mehr?“
    Ich fragte: „Und Drogen und Alkohol spielen keine Rolle?“
    Er raufte sich die Haare und schrie: „Schon, aber die nimmst du doch nur wegen deiner verdammten Mutter!“
    Ich sagte: „Ich nicht. Ich nehme sie, weil sie mich glücklich machen.“
    Er sagte anerkennend: „Dann machst du einiges richtig in deinem Leben und ich orientiere mich in Zukunft an deinem Vorbild!“
    Dann lachte er, denn er meinte das nicht ernst.
    Er schenkte sich nach und trank den Spezialtee jetzt nicht mehr in

Weitere Kostenlose Bücher