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Düsterbruch - Almstädt, E: Düsterbruch

Düsterbruch - Almstädt, E: Düsterbruch

Titel: Düsterbruch - Almstädt, E: Düsterbruch Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Eva Almstädt
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tastete sich ein paar Schritte seitwärts, um dem anderen Auto näher zu kommen. Unter ihren Füßen knirschte es, stellenweise war es rutschig. Sicher lagen hier überall benutzte Kondome, Glasscherben, Kippen und wer weiß was noch herum. Widerlich! Was wollte André in dem anderen Wagen?
    Die Fahrertür sprang auf, und jemand stieg aus dem Auto. Ein Mann, wie es aussah, mittelgroß und von normaler Statur. Er trug eine Art Parka und hatte die Kapuze in die Stirn gezogen. Es konnte jeder sein. Nur André nicht, es sei denn, er wäre von der Beifahrer- auf die Fahrerseite herübergerutscht. Der Mann blieb einen Moment reglos stehen. Dann ging er auf Andrés Wagen zu. Tizia verharrte regungslos. Mist! Was ging hier vor sich?
    Er öffnete mit einer ruckartigen Bewegung die Beifahrertür des Audi. Der Wagen war offen, und André hatte die Schlüssel mitgenommen. War das ein Fehler gewesen? Wollte der Typ den Wagen stehlen? Doch nach einem kurzen Blick ins Innere warf der Mann die Tür wieder zu. Tizia beobachtete mit klopfendem Herzen, wie er sie nochmals aufriss, sich tief ins Fahrzeug beugte und dann wieder hochkam. Wenn er seine Hand auf den Beifahrersitz gelegt hatte, musste er bemerkt haben, dass er noch ein wenig warm war. Tizia biss die Zähne aufeinander, damit sie nicht klapperten. Sie blickte angestrengt durch die Äste und welken Blätter. Er kann mich nicht sehen, sagte sie sich. Sie musste sich nur vollkommen ruhig verhalten. Wenn sie sich bewegte, dann würde er sie hören. Dann hatte er sie. Und was war mit André? War das Ganze Bestandteil irgendeines idiotischen Plans? Sie musste wieder an sein amüsiertes Lächeln denken.
    Nein. Das würde er ihr nicht antun. Sie dermaßen in Angst zu versetzen! Oder doch? Die Alternative, nämlich die Annahme, dass ihm die Situation entglitten war, war auch nicht besser. Bitte, lieber Gott, hilf mir!, betete sie stumm. Dieses eine Mal! Und ich verspreche, in Zukunft mehr auf meine Eltern zu hören. Zumindest bis ich achtzehn bin …
    »Mitgefangen – mitgehangen«, das war eine der Lebensweisheiten ihres Vaters. Warum fiel ihr das ausgerechnet jetzt ein? Weshalb tauchte nicht endlich noch ein Auto auf? Irgendein lüsterner Kerl oder ein unternehmungslustiges Pärchen, das diesen anderen da vertreiben würde? Ironie des Schicksals, dass sie jetzt hier stand, sich fast in die Hose machte und die Ankunft eines Perversen herbeisehnte.
    Der Fremde ging zu seinem Wagen zurück. Ob André vielleicht Hilfe brauchte? Was, wenn er einen Herzanfall oder so etwas bekommen hatte? Ihr Vater, ganz der Mediziner, hatte ihr die Wirkung sämtlicher Drogen auf den menschlichen Organismus detailliert geschildert, um sie abzuschrecken. Bei Amphetaminen waren das Kreislaufkollaps, Schlaganfall, Herzinfarkt und Bewusstseinstrübung bis hin zum Koma. Es konnte sonst was passiert sein. Aber ihr Instinkt hielt sie davon ab, sich dem Fremden zu nähern.
    Tizias rechter Wadenmuskel verkrampfte sich. Sie ver suchte, ihr Gewicht auf den anderen Fuß zu verlagern. Die Bewegung ließ einen Zweig knacken. Der Mann hatte sein Auto fast erreicht und schien nichts gehört zu haben. Dadurch ermutigt, ging Tizia langsam, Schritt für Schritt, rückwärts. Sie wollte nur noch weg.
    Am Ende des Parkplatzes stand ein beleuchtetes Klo-Häuschen. Eines von diesen stinkenden Dingern mit WC s und Waschbecken aus Edelstahl, wo man Münzen einwerfen musste, um die Tür zu öffnen. Es lag fast schon an der Ausfahrt zur Landstraße. Sie konnte die Deckung der Büsche nutzen, um dorthin zu gelangen. Und von da … Sie musste versuchen, auf der Straße ein Auto zu stoppen. Daran, dass sie und André Hilfe brauchten, zweifelte sie nicht mehr.
    Zwischen dem Gebüsch und dem Klohäuschen klaffte eine Lücke von mehreren Metern. Sie sah sich um. Der Mann stand nun hinter seinem geöffneten Kofferraum. Ein geöffneter Kofferraum? Vielleicht handelte es sich doch um Drogengeschäfte, Hehlerei oder Ähnliches? Tizia riskierte es, ihre Deckung für einen Moment zu verlassen. Sie musste den Kommunen wohl dankbar sein, dass sie ihre beschränkten Haushaltsmittel für Wichtigeres ausgaben als Parkplatzbeleuchtung und Pflege der Grünanlagen.
    Als sie die Rückseite des Häuschens erreicht hatte, sah Tizia, dass es von hier noch verdammt weit bis zur Straße war. Wenn sie versuchte, dorthin zu gelangen, würde der Mann sie unweigerlich entdecken. Es war sicherer, sich hier irgendwo zu verstecken, bis der Kerl weggefahren war.

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