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Düsterbruch - Almstädt, E: Düsterbruch

Düsterbruch - Almstädt, E: Düsterbruch

Titel: Düsterbruch - Almstädt, E: Düsterbruch Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Eva Almstädt
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strahlte Hitze aus und roch widerwärtig. Im Inneren sah sie etwas, das … wie die Leiche eines Menschen aussah! Schwarz verbrannt, verkrümmt, doch noch erkennbar ein menschlicher Körper. Tizia erstarrte. Sie konnte nicht schreien, sich nicht bewegen, ja sie konnte nicht einmal den Blick abwenden. Ein Windstoß trug eine Woge übelkeiterregenden Gestanks in ihre Nasenlöcher. Sie taumelte zurück, stolperte, rappelte sich auf und rannte. Sie rannte wie in einem Albtraum, erbrach sich am Straßenrand und rannte weiter. Sie lief mechanisch, ohne zu wissen, wohin, während ihr Gehirn die grausigen Bilder immer wieder vor ihrem inneren Auge projizierte. Ein verkohlter, menschlicher Körper in einem Autowrack.
    An diesem Montagmorgen traf Pia um kurz vor acht im Poli zeihochhaus ein. Es war jetzt Ende Oktober. Sie hatte ihre Elternzeit nach mehr als einem halben Jahr für beendet erklärt und war seit zwei Wochen wieder im Büro. In Teilzeit. Und noch immer erfüllte sie die Gewissheit, wieder hier zu sein, mit klammheimlicher Euphorie und einem schlechten Gewissen.
    Sie hatte die letzten Monate sehr genossen. Felix, ihr kleiner Sohn, kam ihr immer noch wie ein Wunder vor. Manchmal erschreckte sie die Intensität ihrer Gefühle für ihn. Es hatte auch Tiefpunkte gegeben: auszusehen wie ein aufgepumpter Pornostar, als die Milch eingeschossen war. Felix’ erste Erkältung, die ihn quasi rund um die Uhr wach gehalten und mit der er sie prompt angesteckt hatte. Oder plötzliche Nadelstiche der Einsamkeit, wenn sie andere Eltern sah, die sich gemeinsam um ihr Kind kümmerten. Und je mehr Zeit vergangen war, desto stärker war der Wunsch geworden, auch wieder arbeiten zu gehen. Pia hatte die Herausforderung vermisst, die Erfolgserlebnisse und vor allem den Austausch mit ihren Kollegen. Nach schwieriger und von Zweifeln begleiteter Suche nach einer Betreuung hatte Pia Fiona gefunden, die nun als Tagesmutter auf Felix aufpasste, während sie drei Tage die Woche arbeitete. Die nächste Aufgabe bestand nun darin, ihren Alltag zwischen dem Job und der Zeit mit dem Kind zu organisieren.
    Heute Morgen hatte sie vom Aufstehen bis an ihren Schreibtisch zweieinhalb Stunden gebraucht. An ihrem ersten Arbeitstag nach der Elternzeit waren es über drei Stunden gewesen. Die Routine, mit Kind zu arbeiten, stellte sich nur langsam ein. Felix hatte sie heute um fünf Uhr früh geweckt, weil er hatte trinken wollen. Nachts und frühmorgens stillte sie ihn noch, solange es eben ging. Satt und mit sich und der Welt zufrieden, war er mit ihrer Brustwarze im Mund wieder eingeschlafen. Pia nicht.
    Sie schenkte sich großzügig Kaffee ein. Mit dem Becher in der Hand betrat sie den noch kühlen Besprechungsraum. Es wurde langsam Zeit für die Frühbesprechung.
    Gähnende Leere. Wo trieben sich die anderen nur alle herum? Die Minuten verstrichen. Etwas musste passiert sein. Am liebsten hätte Pia Gabler bei ihrem Wiedereinstieg ja versichert, er könne sie weiterhin zu jeder Tages- und Nachtzeit anrufen, wenn er sie brauchte. Aber das ging nicht, jedenfalls nicht ohne einen Partner, der gelegentlich zu Hause für sie einspringen konnte. Hinnerk war in Ungarn und schaffte es nur alle vier Wochen, für ein Wochenende nach Lübeck zu kommen. Sie wollte jetzt nicht darüber nachdenken.
    Mit einem Schlag trafen die Kollegen ein. Gabler redete auf dem Weg zu seinem Platz mit einer Frau, die Pia noch nie gesehen hatte. Sie war Mitte vierzig, mit kurzem, rotem Haar und in einen dunkelgrauen Hosenanzug gekleidet. Sie hatte eine üppige Figur, tiefrot lackierte Fingernägel und trug eine konzentrierte Miene zur Schau.
    »Wer ist denn das?«, fragte Pia Gerlach leise, der sich neben sie setzte.
    »Staatsanwältin Ilka Schneider. Sie war eben schon mit am Tatort. Da kommen wir alle her.«
    Pia fühlte sich einen Moment ausgeschlossen. »Was ist passiert?«
    »An der Bundesstraße 202 hat es heute Nacht einen Toten gegeben.«
    Weiter kam er nicht, denn Gabler klopfte auf den Tisch und erhob sich. Die Gespräche verstummten. Staatsanwältin Schneiders Blick wanderte aufmerksam von einem zum anderen, als wollte sie die zur Verfügung stehenden Kräfte einschätzen. Gabler setzte mit einer Zusammenfassung der jüngsten Ereignisse alle Anwesenden auf denselben Stand: Ein Lkw-Fahrer hatte in der vergangenen Nacht gegen null Uhr dreißig auf einem Parkplatz an der B 202 angehalten, um auszutreten. Dabei hatte er das Wrack eines ausgebrannten Autos entdeckt. Beim

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