Düsterbruch - Almstädt, E: Düsterbruch
Näherkommen hatte er gesehen, dass sich noch jemand im Inneren des Fahrzeugs befand, und die Einsatzleitstelle informiert. Der Brand war zu diesem Zeitpunkt schon vollständig erloschen und der Leichnam so stark verbrannt gewesen, dass sich Erste-Hilfe-Maßnahmen erübrigten. Um null Uhr vierzig trafen zwei Funkstreifen und der Notarzt ein, der später auch offiziell den Tod des Fahrzeuginsassen feststellte. Die Besetzung der Streifenwagen, die für den sogenannten »ersten Angriff« zuständig gewesen waren, informierte dann die Kriminalpolizei in Lübeck. Da es sich höchstwahrscheinlich um eine Straftat handelte, verständigte man auch gleich die Staatsanwaltschaft. Die in Bereitschaft befindliche Staatsanwältin Ilka Schneider erschien daraufhin persönlich am Fundort, um sich ein Bild zu machen.
»Der ausgebrannte Audi A4 ist auf einen Mann namens André Falke zugelassen. Wohnhaft in Kiel«, sagte Ilka Schneider. »Gerade sind zwei Kollegen aus Kiel zu ihm unterwegs, um festzustellen, ob er zu Hause ist.«
Sollte er nicht in seiner Wohnung angetroffen werden, war die Chance, dass er der verbrannte Tote war, hoch. »Der Leichnam wird gerade in die Rechtsmedizin gebracht.«
André Falke? Wo hatte sie diesen Namen schon mal gehört? Pia überlegte angestrengt. Sie war mehrere Monate raus, und manchmal hatte sie die Befürchtung, ihr Gedächtnis habe unter der Schwangerschaft gelitten.
»Die Feststellung der Identität des Toten hat erste Priorität«, sagte Gabler. »Es wurden weder Papiere noch ein Handy noch Schlüssel im Wagen gefunden. Ein weiterer Hinweis dafür, dass wir es mit einem Verbrechen zu tun haben. Fragen dazu?«
Alle anderen waren im Augenblick besser informiert als sie. Aber es nützte ja nichts. »Wo genau liegt der Parkplatz?«, erkundigte sich Pia.
»An der B 202 zwischen Lütjenburg und Weißenhaus«, sagte die Staatsanwältin in einem Ton, der zeigte, dass sie die Frage überflüssig fand.
»Gibt es schon einen Lageplan?«
Gabler verneinte. Pia sah zu Broders hinüber. Bildete sie es sich nur ein, oder sah er sie erwartungsvoll an? »Wie weit ist der Parkplatz von dem Ort Düsterbruch entfernt?«, fragte sie, da Broders sich nicht rührte. Herrgott, er war heute Morgen doch dort gewesen! Sie schätzte, dass der Parkplatz nicht sehr weit von dem Dorf entfernt liegen konnte. Zehn Minuten mit dem Auto vielleicht. Pia wusste nicht, ob das wichtig war, aber so abspeisen lassen wollte sie sich auch nicht. Irgendwo hatte sie den Namen Falke schon gehört, wenn sie recht überlegte, im Zusammenhang mit ihren Ermittlungen im Fall Hedwig Seesen.
»Düsterbruch? Da hatten wir doch vor einiger Zeit eine Untersuchung wegen eines Suizids«, sagte Gabler.
»Genau.« Vor über einem halben Jahr, dachte Pia. In einem anderen Leben.
»Das Dorf liegt nur ein paar Kilometer vom Fundort der Leiche entfernt«, meldete sich Broders zu Wort.
»Und das sagt uns?« Ilka Schneiders schmal gezupfte Augenbrauen wanderten in die Höhe.
»Ich habe eine Vermutung, wer uns vielleicht etwas über den Fahrzeughalter André Falke sagen kann«, erklärte Pia. »Die Frau wohnt in Düsterbruch. Sie heißt Mona Falke und ist möglicherweise mit ihm verwandt.« Sie hatte keine Ahnung, wie oft der Name Falke in dieser Region vorkam. Aber André Falke könnte der Ehemann, Bruder, Cousin oder Sohn von Mona Falke sein. Ja, genau, hatte Frau Falke damals nicht sogar einen Sohn namens André erwähnt?
»Der Nachname Falke ist nicht gerade selten«, merkte nun auch die Staatsanwältin an.
»Aber der Name Falke in Kombination mit dem Dorf Düsterbruch grenzt es ziemlich ein.« Oder war sie jetzt völlig neben der Spur? Zumindest Broders musste das doch auch aufgefallen sein. Die Sekunden dehnten sich. Pia drückte den Rücken durch. »Die Befragung von Mona Falke in Düsterbruch sollten Broders und ich übernehmen«, sagte sie. »Wir waren schon mal zusammen da. Die Frau kennt uns.« Aus dem Augenwinkel sah Pia, wie Broders ihr einen teils genervten, teils amüsierten Blick zuwarf.
Carola von Alsen fand ihren Mann in der Küche. Er stand am Fenster, die Schultern hochgezogen, die Arme verschränkt. Das Frühstück hatte er nicht angerührt. Die Scheibe Gouda auf seiner Brötchenhälfte bog sich schon glasig nach oben, und auf seinem Tee schwammen Schlieren. »Tizia schläft jetzt«, informierte sie ihn.
»Ich begreife das nicht. Was ist bloß passiert? Ob Tizia … Ob ihr jemand etwas angetan hat?«, fragte er mit belegter
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