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Düsterbruch - Almstädt, E: Düsterbruch

Düsterbruch - Almstädt, E: Düsterbruch

Titel: Düsterbruch - Almstädt, E: Düsterbruch Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Eva Almstädt
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Katze stieg durch die Katzenklappe ins Haus, der Wind verursachte das typische Quietschen der Dachbalken, wenn er genau auf ihre Satellitenschüssel traf, oder ein Marder tobte über den Dachboden im Haus nebenan. Doch gestern Nacht hatte sich das Geräusch nicht so leicht orten lassen.
    Es war kurz vor drei gewesen. Normalerweise die stillste Stunde in einer Nacht auf dem Land. Mona hatte gelauscht, und da hatte sie es wieder gehört. Ein metallisches Kratzen klang von unten zu ihr hinauf. Es kam aus Richtung des Hintereingangs. Einbrecher? Aber bei ihr gab es nichts, das sich zu stehlen lohnte. Sie besaß keinen Computer, keinen Schmuck, und ihr Fernsehgerät war fünfzehn Jahre alt. Trotzdem. Versuchte da jemand, in ihr Haus einzudringen? Mona fuhr aus dem Bett hoch und lief zur Tür. Sie betätigte alle Lichtschalter, die sie auf die Schnelle greifen konnte. Dann stampfte sie laut die Treppe hinunter und rief, dass sie schon Polizei und die Nachbarn verständigt hätte. Sie hätte normalerweise auch gegen die Wand zum Nachbarhaus getrommelt. Die Wände bestanden aus verputzten Strohmatten, aber die andere Haushälfte stand ja seit Monaten leer.
    Mona hatte atemlos im Flur gewartet und gelauscht. Stille. Sie traute sich nicht, näher an die Haustür zu treten, von wo sie die Außenbeleuchtung hätte einschalten können. Als minutenlang nichts mehr zu hören war, ging sie runter ins Wohnzimmer, wo ihr Telefon stand. Doch wen sollte sie anrufen? Sie huschte vorsichtig ans Fenster. Im Vorgarten war niemand zu sehen. Nur ein Stück Rasen im Mondlicht, der Plattenweg, die Gartenpforte und die großen Bäume auf dem Dorfplatz, deren kahle Zweige sich dunkel in den Nachthimmel streckten. In der Ferne hörte sie ein Auto starten.
    Sie kehrte nicht wieder in ihr Bett zurück, sondern saß in der Küche, das tragbare Telefon nun neben sich auf dem Tisch, trank Kaffee und wartete darauf, dass harmlose, alltägliche Geräusche den neuen Tag ankündigten, lange bevor es hell wurde. Im klaren, kalten Mondlicht sah sie zu ihrer Verwunderung ein Mädchen über das Feld laufen, das sich an ihren Garten anschloss. Der Statur und dem Bewegungsmuster nach zu urteilen, war es Ennos Tochter Tizia. Der Weg am Knick entlang war eine Abkürzung, die nur Düsterbrucher kannten und benutzten. Eine verzogene Göre, diese Tizia! Das Mädchen war bestimmt bis spät in die Nacht auf einer Party gewesen, obwohl am nächsten Morgen wieder Schule war. Wahrscheinlich würde das Gör schwänzen, während sie, Mona, selbstverständlich zur Arbeit erscheinen würde, obwohl sie auch die halbe Nacht wach gewesen war.
    Während sie am Vormittag gegen verkalkte Wasserhähne und staubige Fußböden im Pfarrhaus gekämpft hatte, war ihr der Vorfall in der Nacht fast lächerlich erschienen. Doch dann war die Polizei aufgetaucht und hatte ihr von Andrés Wagen berichtet. Der Tote darin war vielleicht wirklich ihr Sohn! Monas Augen brannten, doch sie durfte jetzt nicht anfangen zu weinen.
    »Kann ich noch irgendwas für Sie tun?«, fragte der Pastor. Mona zuckte zusammen. Sie hatte seine Anwesenheit für einen Moment vollkommen vergessen.
    »Äh. Ich bin doch schrecklich nervös. Könnten Sie vielleicht einen Tee kochen? Der Schwarztee steht in einer roten Dose im Regal. Aber bitte ganz lange ziehen lassen, etwa eine Viertelstunde. Ich würde mich gern einen Moment oben hinlegen.«
    »Ja. Gehen Sie nur. Ich sage Bescheid, wenn der Tee fertig ist.« Er lächelte sein betörendes Lächeln, für das manche einsame Frau ihre rechte Hand gegeben hätte.
    Mona entschwand eilig nach oben. Sie hörte ihn in der Küche werkeln. Eine Viertelstunde, bis dahin hätte sie das Nötigste gepackt. Sie wollte ja nicht auswandern … Nur einen kleinen Urlaub machen. Bis wann? Sie hatte fast ihr ganzes Leben in Düsterbruch verbracht. Würde sie jemanden vermissen? Je länger sie darüber nachdachte, desto weniger fand sie, dass eine Rückkehr erstrebenswert war. Als Mona den Reißverschluss ihrer prall gefüllten Reisetasche zuzog, hörte sie Schritte auf der Treppe.
    »Frau Falke? Der Tee ist fertig. Soll ich ihn Ihnen hochbringen?«
    »Nein, warten Sie. Ich komme runter.«
    Mit dem gut aussehenden Pastor darin wirkte die Küche kleiner und schäbiger als sonst. Es war ungewohnt warm. Krispin musste die Heizung bis zum Anschlag aufgedreht haben. In einem einzelnen, angestoßenen Steingut-Becher auf dem Tisch dampfte das heiße Gebräu. Der Pastor wollte demnach keinen Tee mit

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