Düstere Schatten (Darian & Victoria #2) (German Edition)
sterben.«
Ich hoffte inständig, dass es wirklich nur ein Traum war und keine Prophezeiung.
»Nein, da kann ich dich beruhigen«, erwiderte Aurelia kopfschüttelnd auf meine Gedanken. »Ich spüre es, wenn es eine Zukunftsvision ist. Es war einfach nur ein Traum.«
»Keinesfalls«, mischte sich Miros in die Unterhaltung ein. »Es waren keine einfachen Träume. Es war ein Angriff. Eine Attacke der Geister. Habe ich euch nicht gesagt, ihr müsstet euch euren größten Ängsten stellen?«
Wir sahen alle verblüfft zu dem Elf, der sofort mit seiner Erklärung fortfuhr. »Die Geister sind in der Lage, in unser tiefstes Unterbewusstsein zu dringen und dort nach unseren Ängsten zu suchen. Während wir schlafen, haben sie noch einfacheren Zugang als während der Wachphase. Aus diesem Grund sitze ich hier und sehe dem Feuer zu.«
Das hätte er uns auch früher sagen können, dann hätte ich es ihm gleich getan.
Samantha und Jonah traten aus ihrem Zelt. Als alle Augen fragend auf sie gerichtet waren, ahnten sie bereits, dass sie nicht die Einzigen waren, die von Albträumen heimgesucht wurden.
»Was war es bei euch?« Aurelia suchte nicht im Stillen nach der Antwort, sondern wollte, dass wir alle sofort Bescheid wussten.
»Das Blutjahr«, antworteten die Zwillinge wie aus einem Munde.
Allen stand die stumme Frage ins Gesicht geschrieben. Deshalb klärte uns Jonah in seiner unverkennbaren, objektiven Art auf: »Das Blutjahr ist das Opfer, das wir bringen müssen, um bei Tageslicht nicht zu verbrennen. Es sind die 13 Mondmonate vor unserem 50. Geburtstag. In dieser Zeit dominiert der Durst noch mehr als direkt nach der Zeremonie und die Gier auf das Töten wird größer und größer.«
Ich schluckte. Mir war bislang nicht bekannt gewesen, dass Vampire einen Preis für das Tageslicht zahlen mussten.
»Und ihr habt Angst davor?« Aus Aurelias Stimme klang tiefes Mitleid. Sie legte den Arm um Samantha, die den Tränen nahe war und laut schluchzend rief: »Es heißt, dass wir selbst unsere eigenen Kinder fressen würden! Deshalb ist es Vampiren untersagt, vor diesem Jahr Nachkommen zu zeugen!«
Das erklärte, warum Jonah die Unterhaltung gestern so schnell abgebrochen hatte, als es um die Kinder ging. Obwohl es ihm weniger zuzusetzen schien als Samantha, fühlte er ihren Schmerz als Zwilling sicher mit.
»Es sind nur eure Ängste. Ihr müsst lernen, damit umzugehen.« Miros versuchte, das Thema abzuhaken.
»Wo ist denn eigentlich Elric? Wurde er nicht von den Geistern heimgesucht?« Sina sah sich um. Sie machte sich Sorgen um ihn, sagte mir mein Gespür. Doch die Sorge war unbegründet. Noch gähnend kroch Elric aus seinem Zelt, streckte sich erst einmal in aller Ruhe und ignorierte unsere fragenden Blicke.
»Was ist das denn für eine Versammlung mitten in der Nacht?«, krächzte er schlaftrunken.
»Hattest du keinen Traum?« Sina war ebenso verwirrt wie alle anderen.
»Was für einen Traum?« Er sah einem nach dem anderen in die Augen. Dann fügte er hinzu: »Wenn es euch beruhigt: Ich habe geträumt, aber nichts anderes als jede verdammte Nacht seit diesem einen Kampf. Würde mich jetzt bitte jemand aufklären?«
»Mir scheint, als würde sich Elric bereits Nacht für Nacht mit seiner Angst auseinandersetzen. Er brauchte die Hilfe der Geister nicht«, bemerkte Miros erstaunt.
»Geister? Hilfe?« Elric war verunsichert.
Aurelia erklärte ihm, wie die Geister uns mit unseren größten Ängsten konfrontiert hatten. Im Anschluss fragte sie Elric nach dem Inhalt seines wiederkehrenden Traumes.
»Die Wut nimmt mich in Besitz. Nacht für Nacht muss ich den Teil in mir bekämpfen, der aus mir dieses willenlose Ungeheuer macht, das mich den einen Tag am Waldrand übernahm. Jetzt, da mir mein Vater nicht mehr dabei helfen kann, sie zu bekämpfen, ist die Angst davor stets präsent.«
Er schien sich im Klaren darüber zu sein, wie falsch es damals war, seine Elementarkräfte auf den Wald zu hetzen, nur weil er mit der Entscheidung von Aurelia nicht einverstanden gewesen war. So sehr, dass die Wut ihn jede Nacht heimsuchte.
»Ich glaube nicht, dass du noch derselbe Mann bist.« Sina lief um die Reste des Feuers herum und nahm Elrics Hand. Der Trost in ihren Worten wirkte sofort. Elric brachte sogar ein schüchternes Lächeln zustande. »Danke«, erwiderte er.
Ich konnte die Funken zwischen den beiden förmlich sehen. Auch Victoria grinste.
Miros holte uns aber alle wieder zurück in die Realität: »Wir werden
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