Duestere Vorzeichen
David hatte ihn dabei unterstützt, so gut es ging. Aber die Aufgabe war kaum zu meistern. Immer wenn ein Problem bereinigt war, tauchten drei neue auf. Hinzu kamen wachsende Spannungen unter der Besatzung. Allein in den letzten vier Stunden mussten fünf Schlägereien geschlichtet und die Streithähne getrennt werden.
DiCarlo stand mehrmals kurz davor die Betreffenden unter Arrest zu stellen, aber er brauchte jeden Mann, der aufrecht stehen und eine Waffe halten konnte. Außerdem, wer konnte es ihnen verdenken? Die Crew ging auf dem Zahnfleisch. Sie waren nicht übermäßig aggressiv. Sie hatten einfach nur Angst.
Sie hatten nun auch endlich damit begonnen, ihre Stellung zu befestigen. Zu diesem Zweck waren die meisten Schotten, durch die man sie erreichen konnte, zugeschweißt worden. Bis auf zwei, die verbarrikadiert und mit bewaffneten Wachposten versehen worden waren. Dadurch war eine sichere Enklave entstanden, die achtzehn Sektionen auf drei Decks umfasste. Es war nicht viel, aber vorläufig ausreichend.
Seit die Lydia mit unbekanntem Ziel aus dem New-Zealand-System gesprungen war, hatten die Slugs sie in Ruhe gelassen. Das bestätigte Davids Annahme, dass sie nicht genug Truppen hatten, um das ganze Schiff zu kontrollieren und auf die Jagd nach Überlebenden des ersten Angriffs zu gehen. Oder sie ließen die Menschen einfach gewähren, weil sie der Meinung waren, sie könnten sowieso nicht entkommen. David hoffte, dass Ersteres zutraf.
Während der ganzen Zeit, die sie darauf verwendeten, sich zu verschanzen, tauchten immer wieder Gruppen von versprengten Besatzungsmitgliedern auf, die mit offenen Armen empfangen wurden.
Eine vorläufige Zählung ergab, dass sich inzwischen in der Enklave fast vierzehnhundert Menschen aufhielten. Davon waren etwa achthundert verwundet und bedurften der Pflege des völlig überlasteten medizinischen Personals.
Calough tat sein Bestes, aber auch sein Einsatz konnte nicht verhindern, dass viele der Verletzten ihren Verwundungen erlagen. In einigen Gängen der Enklave stapelten sich die Leichen in schwarzen Säcken.
Wetherby hatte sich mit Eifer daran gemacht, die wenigen überlebenden Marines um sich zu sammeln und zu bewaffnen. Dreihundertfünfzig hatten es bis in die Enklave geschafft. Dreihundertfünfzig von eintausendfünfhundert. Nicht mal ein komplettes Bataillon.
Es mangelte ihnen an allem: an Nahrung, an Decken, an Medikamenten und vor allem an Waffen. Sie hatten nicht einmal genug Schusswaffen, um alle Marines zu bewaffnen.
Wetherby führte seit gestern bewaffnete Aufklärung durch. Auf DiCarlos Befehl. Ihre Hauptaufgabe bestand in der Lokalisierung feindlicher Stellungen und natürlich dem Beschaffen von Nahrung, Waffen und anderer Ausrüstung.
David hatte indes ganz andere Sorgen. Etwas, das ihn beschäftigte, seit die Lydia gekapert worden war. Er war auf der Suche nach dem Verräter. Denn dass es einen gab, stand außer Frage. Die Slugs mussten die Kommandocodes von einem Mitglied der Besatzung erhalten haben und David war entschlossen, den Verräter aufzuspüren. Wenn er, als Offizier des Militärischen Aufklärungsdienstes, sich dieser Aufgabe nicht annahm, würde es keiner.
Seit sie wieder zusammengefunden hatten, wich Lieutenant Karpov nicht mehr von seiner Seite. Der Einfachheit halber und in Anbetracht der Situation hatte David ihm das Du angeboten, das dieser zögernd akzeptiert hatte. Außerdem hatte sich ihnen noch ein anderer alter Bekannter angeschlossen. Aber vermutlich nur, weil dieser nicht wusste, an wen er sich sonst hätte halten sollen.
»Warum ich?«, jammerte Mallory. »Warum ausgerechnet ich? Ich könnte jetzt auf der Erde sein und mir die Sonne auf den Bauch scheinen lassen. Aber nein, ich bin hier am Darmausgang des Universums, um mich abknallen zu lassen.«
»Können Sie nicht einfach mal den Mund halten?«, beschwerte sich David halbherzig. Die ständigen Unterbrechungen, um Mallorys sinkende Laune zu heben, zerrten an seinen ohnehin schon strapazierten Nerven.
»Vielleicht sitzt der Verräter ja im Hauptquartier auf der Erde und gar nicht auf dem Schiff«, sagte Pjotr, ohne die Unterbrechung durch Mallory weiter zu beachten. »Die Ruul könnten die Codes von dort gekauft oder gestohlen haben.«
»Gute Theorie, aber leider nein«, widersprach David. »Das ist wohl eher unwahrscheinlich. Die Codes jedes Kriegsschiffs sind eines der am besten gehüteten Geheimnisse der Streitkräfte. Auf der Erde sind sie in einer speziell verschlüsselten
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