Düsteres Verlangen: Die wahre Geschichte des Victor Frankenstein (German Edition)
Dr. Murnau bald eintrifft.
Ich würde Euch ja alle bitten zurückzukommen, aber jetzt sind bei noch jemandem aus der Dienerschaft die Pocken ausgebrochen, und Dr. Lesage meint, wir sollten noch einen Tag warten, bis er weiß, ob es tatsächlich die Pocken sind oder ihre mildere Verwandtschaft. Also bleibt fürs Erste bitte in Genf.
Lest Ernest diesen Brief nicht vor. Sagt ihm, dass Konrad einfach ein bisschen länger braucht, um sich zu erholen. Ernest ist noch zu jung, um solche Sorgen zu ertragen.
In großer Liebe
Mutter
»Konrad wird sterben«, sagte ich.
»Das kannst du nicht wissen«, erwiderte Elizabeth mit gepresster Stimme.
Ich stand auf. »Ich gehe zu Polidori, damit er das Elixier fertig macht.«
Elizabeth sagte einen Augenblick lang nichts. Ihre Augen schimmerten feucht. Dann sagte sie: »Das letzte Mal, als Polidori jemandem ein Elixier gegeben hat, hat es ihn umgebracht.«
»Bei diesem Elixier wird es anders sein!«
»Ich könnte es mir niemals verzeihen, wenn wir Konrad damit umbrächten.«
»Und könntest du es dir verzeihen, wenn wir nichts tun?«
»Ich bin dafür, wir machen weiter«, sagte Henry leise.
Überrascht und dankbar drehte ich mich zu ihm um.
»Für dich ist das einfach«, fauchte Elizabeth ihn an. »Du wartest unten am Baum! Oder vor der Höhle!«
»Meine Tage des Wartens und Zusehens sind vorbei«, antwortete Henry. »Ich schäme mich für meine Feigheit. Von jetzt an komme ich mit, wohin uns der Weg auch führt – und seien es die Tore der Hölle!«
Bewegt von seiner Leidenschaft, schlug ich ihm auf die Schulter. »Das … das ist die Art von Kraft, die wir jetzt brauchen. Gut gesagt, Henry Clerval. Bis zu den Toren der Hölle! Lass uns sofort aufbrechen.«
Ich stolzierte zur Tür.
»Warte«, sagte Elizabeth. »Ich komme mit.«
14. Kapitel
Die letzte
»Ihr Bruder, wie steht es mit seiner Gesundheit?«, fragte Polidori, als er die Tür zum Empfangszimmer für uns öffnete.
»Sehr schlecht«, sagte Elizabeth.
»Ich bin sehr bestürzt, das zu hören«, bemerke Polidori und musterte mich aufmerksam. »Kommen Sie herein, kommen Sie doch herein.«
Wir drei folgten ihm in sein Empfangszimmer. Dort roch es übel nach nasser Katze. Krake hatte sich vor der Feuerstelle ausgestreckt und betrachtete uns aus seinen grünen Augen.
»Bitte nehmen Sie Platz«, sagte Polidori.
»Das kann ich jetzt nicht«, sagte ich und ging unruhig hin und her. »Sagen Sie uns einfach, was wir brauchen.«
Polidori zögerte, als widerstrebte ihm etwas. »Dieser letzte Bestandteil unterscheidet sich von den anderen und Sie sind vielleicht über …«
»Raus damit! Je schneller wir es wissen, desto schneller können wir uns an die Arbeit machen. Das Leben meines Bruders wird mit jeder Minute weniger.«
Ich spürte eine Hand, die nach meiner griff, und drehte mich zu Elizabeth um. Die beruhigende Sanftheit, die in ihrem Blick lag, war wie Balsam für meine aufgewühlte Seele. Beschämt holte ich tief Luft und atmete sie wieder aus.
»Entschuldigen Sie bitte, Herr Polidori, ich bin nicht ganz bei mir.«
»Nein, nein, junger Herr. Ich bin es, der sich entschuldigen muss. Ich bin zu langatmig, ich weiß. Sie werden erfreut sein, wenn Sie hören, dass diese Zutat leicht zu beschaffen ist.«
»Das ist eine wunderbare Information!«, rief Elizabeth.
»Aber es wird Ihre Entschlossenheit ernsthaft auf die Probe stellen«, sage Polidori.
»Was meinen Sie damit?«, fragte Henry beunruhigt.
»Sie müssen sich sehr sicher sein, fortfahren zu wollen«, betonte der Alchemist, und dabei bemerkte ich in seinen Augen das Feuer der Leidenschaft, das ich zuletzt bei ihm gesehen hatte, als er das Buch von Paracelsus erblickt hatte.
»Wir sind bereit«, sagte ich ungeduldig. »Der Tod klopft bei meinem Bruder an die Tür. Teilen Sie uns mit, was gebraucht wird.«
»Der letzte Bestandteil ist frisches Knochenmark.«
Ich nickte sehr ermutigt. »Ausgezeichnet. Wo ist der nächste Metzger?«
»Es muss menschliches Knochenmark sein«, sagte Polidori.
»Oh«, murmelte Henry schwach.
Ich schluckte und blickte kurz zu Elizabeth. »Sehr gut. Dann werden wir dem Beinhaus oder der Leichenhalle einen Besuch abstatten. Mit etwas Silber in der Hand sollte das nicht allzu schwierig sein.«
Polidori schüttelte den Kopf. »Es muss von einem lebenden Körper entnommen werden. Und da ist noch mehr …«
Er blickte mich mit einer Intensität an, die fast schon hypnotisch war. Ich spürte, wie ich schwache Knie bekam. Vor
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