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Düstermühle: Ein Münsterland-Krimi (German Edition)

Düstermühle: Ein Münsterland-Krimi (German Edition)

Titel: Düstermühle: Ein Münsterland-Krimi (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Stefan Holtkötter
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auf und ging hinüber. Seine Tochter saß im Rollstuhl reglos da und blickte zum Fenster hinaus. Zwar konnte man von hier aus das Anwesen der Schulte-Steins gar nicht sehen, sondern nur Felder und Hecken und etwas entfernt den Kirchturm von Düstermühle. Aber trotzdem war ihm klar, wo sie mit ihren Gedanken war, während sie hinaussah.
    »Hast du heute schon mit Manfred gesprochen?«, fragte er. »Ich habe ihn noch gar nicht zu Gesicht bekommen.«
    »Ja, wir haben heute Mittag telefoniert.«
    »Möchtest du ihn vielleicht besuchen?«
    Sie drehte sich zu ihm um. »Jetzt?«
    »Ich könnte dich bringen. Das wäre kein Problem. Wir könnten in fünf Minuten da sein.«
    »Ich weiß nicht. Ich war schon seit über einem Jahr nicht mehr auf dem Hof. Schon seltsam, oder?«
    »Alfons ist nicht mehr dort. Das ist jetzt nur noch das Zuhause von deinem Sohn.«
    »Ja, du hast recht.« Sie fuhr mit dem Rollstuhl ein Stück zurück. »Ich würde Manfred gern besuchen. Danke für das Angebot.«
    Antonius Holtkamp schob seine Tochter zum Auto. Er war geübt darin, sie auf den Beifahrersitz zu hieven. Mit ihrer Unterstützung und den richtigen Bewegungen brauchte es kaum Kraftanstrengungen. Auch der Rollstuhl war mit wenigen Handgriffen in den Kofferraum befördert.
    Als er den Motor startete, schenkte sie ihm ein Lächeln.
    »Danke, Vater.«
    »Ist doch selbstverständlich.«
    Sie fuhren vom Hof. Sobald die Sonne fort war, bildete sich nebliger Dunst in den Wiesen. Über den schmalen Feldweg wären es zwar nur gut hundert Meter bis zum Anwesen ihrer Nachbarn gewesen, aber die Strecke war mit dem Rollstuhl unmöglich zu bewältigen. Also nahmen sie das Auto und fuhren den Weg bis zur Hauptstraße hinunter, dann um das Waldstück herum und schließlich über einen weiteren Privatweg wieder den Hügel hinauf.
    Unten an der Straße passierten sie einen Bildstock der heiligen Jungfrau, der etwas verwittert unter zwei großen Eiben stand. Auf der Bank unterhalb des Bildstocks sahen sie eine Gestalt hocken, im roten Abendlicht waren nur ihre Umrisse erkennbar. Antonius fuhr langsamer.
    »Da ist ja Heinz Moorkamp«, sagte seine Tochter.
    Der Kneipenwirt blickte ins vorbeirollende Auto und nickte dem Fahrer mit ernstem Blick zu, Antonius nickte zurück. Mehr brauchte es an einem solchen Tag nicht. Sie teilten ein gemeinsames Wissen.
    Antonius fuhr langsam weiter.
    »Willst du denn gar nicht anhalten und kurz mit ihm reden?«, fragte Helga.
    »Nein, das ist nicht nötig. Ich sehe Heinz morgen beim Stammtisch in seiner Kneipe. Da können wir uns in Ruhe unterhalten.«
    »Wie du meinst.«
    Er fuhr um den Wald herum. Da rückte der Sonnenuntergang in sein Blickfeld. Er war wie benommen von dem Anblick. Die Sonne war gerade hinter der Kirche abgetaucht, und der Himmel leuchtete blutrot.
    Es sah aus, als würde hinter Düstermühle das Land brennen. Ein Höllenfeuer, das alles verschlang.
    Hambrock hockte am Tresen, eingezwängt zwischen lauter Fremden, und blickte in sein Bier. Die Kneipe war rappelvoll an diesem Samstagabend, er konnte von Glück reden, dass sein Stammplatz nicht besetzt gewesen war. Reggaemusik ertönte über die Lautsprecher, Rastafarifolklore war zu bestaunen, und über allem schwebten die Dreadlocks und das bekiffte Grinsen von Jamaine, dem Wirt, der vor Ewigkeiten nach Münster gekommen war, um hier seine Kneipe zu eröffnen, direkt gegenüber von Hambrocks Wohnung.
    Jamaine kam aus Jamaika, zumindest behauptete er das, und er war ein großer Fachmann für jamaikanische Kultur, was für den Großteil seiner Gäste unendlich wichtig zu sein schien. Er stand dann am Tresen und plauderte über seine Heimat, und alle lauschten gebannt. Hambrock war nie den Verdacht ganz losgeworden, dass sich Jamaine im Grunde gar nicht für seine ehemalige Heimat interessierte, wohl aber erkannt hatte, wie gut er damit in dieser regnerischen und bürgerlichen Beamtenstadt sein Geld verdienen konnte. Es war ein Geschäftsmodell, also lief er eben wie Bob Marley herum und machte ein bekifftes Gesicht. Und die Leute liebten ihn dafür.
    Obwohl ihm von allen Seiten Bestellungen zugerufen wurden, war Jamaine die Ruhe selbst. Er plauderte mit einer hübschen Frau, die ein Wollkleid trug und ihre Haare mit einem Batiktuch zusammengebunden hatte. Dabei nickte er Hambrock freundlich zu, der das Nicken erwiderte und sein leeres Glas hob. Noch eins, bitte.
    Hambrock zog sein Handy hervor, um seiner Frau eine SMS zu schicken. Elli war noch in der

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