Duft der Unschuld - Tennington (German Edition)
legten und sein Atem über meinen Nacken strich.
„Ganz sicher ist es besser so“, murmelte er und ließ mich los.
„Tut mir leid“, antwortete ich nur. Ich wollte mich zu ihm umdrehen, ihn berühren und verstehen, woher diese Sehnsucht in mir kam. Wieso ich so reagieren konnte, wenn ich doch Etienne liebte und für immer an ihn gebunden war.
„Das sollte es nicht. Zumindest nicht, wenn du deinen Freund wirklich liebst, Yves.“
Mon dieu , das war ja geradezu philosophisch! Schade nur, dass mein Kopf auf Sparflamme arbeitete. Ich drehte mich doch zu ihm um und mein Blick suchte seinen.
„Ich bringe dich wieder raus, komm.“ Es kostete mich viel, verdammt viel Kraft, ihn nicht an mich zu ziehen und meinem Körper das zu geben, was er in diesem Moment so nachdrücklich einfordern wollte. Mit staksenden Schritten ging ich zur Tür und öffnete sie, ich wusste genau, wenn er noch ein Wort mit dieser sanften, dunklen Stimme sagen würde, würde ich mich nicht mehr zusammenreißen können.
Er blieb vor dem Fenster stehen, dann wandte er den Kopf in meine Richtung. „Die Lampe.“ Er ging zum Tisch und löschte sie, eine Sekunde später war ich bei ihm und schlang meine Arme um seine Mitte.
„Ich weiß, es ist unfair, aber bitte erlaube mir zwei Minuten lang die Illusion, Etienne festzuhalten, ja?“, bat ich leise und lehnte meinen Kopf an seine Schulter.
Ich würde nicht mit Kylian schlafen, ich musste herausfinden, was es mit ihm auf sich hatte, und meine Libido hatte kein Recht dazu, etwas anderes von mir zu verlangen!
Er nickte und umschlang mich. „Es tut mir leid, dass er nicht bei dir sein kann, Yves. Aber wenn es dich beruhigt, er lebt und es geht ihm gut.“
Kapitel 32
YVES
Kylians Eröffnung ließ mich verwundert aufsehen. „Woher weißt du das denn?“
„Das darf ich dir nicht sagen, aber wenn du willst, versuche ich, dir ein paar Dinge zu erklären, die auch er nicht wissen kann …“
Ich schwieg und wartete ab. Er verstand die Aufforderung, obwohl es hier auf dem Dachboden noch stockdunkel war. Ich machte mich von ihm los und schaltete die Lampe wieder an, dann setzte ich mich in den Sessel und musterte ihn interessiert.
Kylian tat es mir gleich und sah mich eine ganze Weile schweigend an. „Ist er wirklich so, wie alle sagen?“
„Wen meinst du?“, fragte ich.
„Na, Etienne! Ist er wirklich so … gut?“
Ich nickte schwach. Gut traf seine reine Seele wohl nicht annähernd, aber für jetzt musste das reichen. „Und wer sagt das?
„Zum Beispiel seine Großmutter. Auch wenn sie kein gutes Haar an ihm lassen wollte, hat sie immer wieder betont, wie rein seine Seele ist.“
„Woher …?“, begann ich und spürte, dass ich zitterte, unkontrollierbar und panisch.
„Woher ich das weiß? Woher ich sie kenne? Wieso ich die verfluchte Hexe am liebsten höchstpersönlich erwürgen würde?“ Er schnaubte leise. „Entschuldige, ich weiß gar nicht, wieso … Ich … du hast womöglich keine Ahnung von dem, was sie dort tun …“
„Ich weiß nur, dass sie Etienne gefangen gehalten haben, weil sein Blut für sie von unschätzbarem Wert ist“, entgegnete ich.
Wieder schnaubte Kylian. „Schön ausgedrückt! Okay, es sieht folgendermaßen aus: Ich gehöre im weitesten Sinne zu Etiennes Familie. Immer wieder musste ich wie auch andere jugendliche Sippschaftsmitglieder Blutproben bei meinem Arzt abgeben. Testergebnisse oder dergleichen bekam ich nie zu sehen und meine Eltern schwiegen sich gemeinschaftlich über alles aus. Mein Opa aber, also, der Vater meiner Mutter, hat dann wohl irgendwann mal was herausgefunden, keine Ahnung wie. Jedenfalls … vor ein paar Monaten hieß es plötzlich nach einem solchen Bluttest, dass ich ins Krankenhaus müsste und dorthin brachte man mich schließlich auch. Eine Privatklinik, Besuche unmöglich, strengste Quarantäne und so weiter … Ich durchlief dort unzählige Tests und bekam irgendwann Blut injiziert. Etiennes Blut. Wusste ich aber zu dem Zeitpunkt nicht. Ich vermute, dass du deshalb so auf mich reagierst und ich möchte mich in aller Form dafür entschuldigen, dass ich durchaus und viel zu gern darauf eingestiegen wäre, wenn du wirklich versucht hättest, mich anzumachen …“ Er grinste ganz kurz und wurde, selbst in dem spärlichen Licht erkennbar, ein wenig rot. „Aber genug davon. Ich war also dort und bekam sein Blut, aber es zeigte keine Wirkung. Zumindest nicht die Wirkung, die meine ‚Ärzte‘ dort gern gesehen hätten.
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