Duft der Unschuld - Tennington (German Edition)
damals versichert, dass es ihm gefallen hatte, dass er es genossen hatte, weil er noch nie einen solchen Rausch erlebt hatte, aber mir war das nach wie vor suspekt. Besonders, weil jener Junge danach ständig versucht hatte, bei mir zu landen. Das war kurz nach meinem sechzehnten Geburtstag gewesen. Nur wenige Wochen, bevor sie mich gefangen genommen hatten …
Ich schauderte und Yves zog mich fest an sich. Er riss mich damit aus meinen Erinnerungen zurück in die Hitze unseres Beisammenseins.
Ja, sacrebleu , ich wollte ihn, so sehr! Aber ich wollte auf gar keinen Fall, dass Yves diesem Rausch erlag!
„Versprich es mir!“, verlangte ich.
Er nickte. Anscheinend sah er die Panik in meinen Augen. „Du riechst jetzt noch intensiver nach Unschuld als vorher“, murmelte er und küsste mich ganz sanft.
„Jugend, es ist die Unschuld meiner Jugend.“ Ich wusste nicht, wieso ich ihm das sagte, es änderte ja doch nichts.
Yves atmete tief durch und ein tiefes und tiefgehendes Lächeln legte sich in seine Augen. „Ich will mit dir zusammen sein, Etienne. Nur mit dir.“
„Zusammen sein?“, echote ich.
„Ja, ich bin schon abhängig.“
Diese Worte erschreckten mich und zugleich erfüllten sie mich mit einem Gefühl, das ich nur als Überschwang bezeichnen konnte. Sie machten mir Angst, höllische Angst, aber sie ließen mich dennoch lächeln.
„Du bist verliebt“, flüsterte ich und hörte das Zittern in meiner Stimme deutlich.
„Ja.“ Sein nächster Kuss schwemmte die Angst davon, wie eine Welle lose Algen wegspült. Zurück blieb nur ein Glücksgefühl, das meinen Brustkorb ausdehnte, bis ich dachte, er würde platzen. Einfach so. Vor lauter Freude.
Ich erwiderte den Kuss ebenso zärtlich und umschlang Yves, um ihn für immer bei mir zu behalten.
Konnte, sollte und durfte ich das wirklich riskieren? Ihn nicht nur emotional, sondern auch noch körperlich abhängig zu machen? Blieb mir denn die Wahl? War ich selbst ihm nicht ebenso verfallen?
Unser Kuss dauerte endlos lange, bis jeder Zweifel und jedes Unwohlsein endgültig verschwanden.
Ich unterbrach ihn und sah ihn ernst an. „Ich bin genauso abhängig von dir, Yves.“
Ich hegte keinerlei Zweifel mehr, wirklich nicht. Ich wusste nun ganz sicher, dass ich mich auf den ersten Blick – oder besser mit dem ersten Atemzug – in ihn verliebt hatte. Liebe auf den ersten Duft? Gab es so etwas? Es war mir egal. Alles, was ich wollte, lag hier in meinen Armen, wie ich in seinen.
„Schlaf mit mir“, bat er mich und meine Antwort war ein Kuss.
Ich stöhnte leise, trotzdem schaffte ich es, den Kopf zu schütteln. „Nicht heute Nacht“, sagte ich leise, aber fest.
Er sah mich an und nickte bedächtig. „Du hast recht, wenn ich dich davon überzeugen will, dass ich keine Schlampe bin, war meine Bitte wohl nicht der beste Weg …“
Ich ließ meine Hände in sein kurzes, dunkles Haar gleiten und hielt ihn fest, als er ein wenig abrücken wollte. „Nein, Yves, das ist es nicht. Ich brauche einfach mehr Zeit. Ich will dich küssen und festhalten, von dir festgehalten werden, aber ich will und kann nicht mit dir schlafen.“
Seine Jadeaugen blinzelten.
„Noch nicht“, fügte ich leise hinzu und zog seinen Kopf dichter zu mir.
Wir verbrachten die ganze Nacht dort oben im Geheimversteck. Wir knutschten, kuschelten uns aneinander, wärmten uns und schafften es tatsächlich, der großen Versuchung des anderen zu widerstehen.
Tief in mir wusste ich, dass es richtig war, dass ich nichts übereilen durfte, wenn ich nicht doch noch bereuen wollte. Und ich spürte, weil er es mir mit so vielen liebevollen Gesten zeigte, dass Yves es verstand.
Wir sprachen nicht besonders viel, da war einfach kein Platz für stundenlange Unterhaltungen. Fingerspitzen und Lippen führten eine viel tiefere Konversation. Warm, süß und zärtlich.
Plötzlich war der Druck weg, den meine Nase die ganze Zeit gemacht hatte. Der schon fast zwanghafte Wunsch, seinen Körper zu erobern, versank in wichtigeren Empfindungen.
Wir schliefen Arm in Arm ein und hatten wahnsinniges Glück, dass wir im Morgengrauen wieder aufwachten und es noch rechtzeitig zurück in unsere Wohneinheit schafften.
Kapitel 6
In jedem Klassenzimmer musste ich mich am ersten Tag vorstellen, wurde willkommen geheißen und bekam einen Platz zugewiesen – immer neben Yves. Ich fragte ihn danach und er erklärte mir, was er bislang verschwiegen hatte: Er war vom Dekan als mein Mentor ausgewählt worden. Was
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