Duft des Mörders
Franks Ratschlag zu Herzen und sträubte sich nicht länger dagegen, von ihrem Vater umsorgt zu werden. Zugegeben, er übertrieb es etwas. Doch war das nicht der Grund gewesen, weshalb sie zu ihm gezogen war, nämlich um behütet und beschützt zu werden?
Jetzt saß sie wieder in ihrem Studio und war in das Layout für eine Werbebroschüre eines Getränkeherstellers vertieft, da rief Tanya an.
„Frank wurde zusammengeschlagen“, sagte die Sekretärin bemerkenswert ruhig. „Man hat ihn ziemlich übel zugerichtet. Ich fand, ich sollte Sie anrufen.“
Entsetzt hörte sich Jenna die wenigen Einzelheiten an, die Tanya berichten konnte, dann erklärte sie, sie werde sich sofort auf den Weg machen. Anschließend rief sie ihren Vater an.
„Du brauchst mich heute nicht nach Hause zu bringen“, erklärte sie ihm. „Frank ist verletzt und …“
„Was ist passiert?“
„Man hat ihn zusammengeschlagen. Viel mehr weiß ich im Moment auch nicht.“ Sie telefonierte mit ihm per Handy, während sie das Studio verließ und zum Aufzug lief. „Ein Cousin von ihm ist Arzt. Er ist bei ihm und flickt ihn wieder zusammen.“
„Du machst dich nicht allein auf den Weg, Jenna!“
Sie hörte die Angst in seiner Stimme und bemühte sich, ihn zu beruhigen. „In Franks Büro bin ich sicher, Dad. Das Haus ist voller Menschen.“
„Wurde die Polizei informiert?“
„Frank will die Polizei nicht einschalten.“
„Jenna …“
Sie eilte aus dem Haus. Obwohl Rushhour herrschte, hielt sie vergeblich nach einem freien Taxi Ausschau. „Ich hab’s eilig, Dad. Mach dir keine Sorgen. Ich rufe dich an, sobald ich weiß, wie es Frank geht.“
Auf die Gefahr hin, angefahren zu werden, trat sie auf die Straße und winkte wie wild, bis endlich ein Taxi hielt.
Die Fahrt bis nach East Village erschien ihr wie eine Ewigkeit. Endlich erreichte das Taxi sein Ziel, und Jenna drückte dem Fahrer einen großen Schein in die Hand, verzichtete auf das Wechselgeld und sprang aus dem Wagen.
Als sie Frank auf der Couch sitzend erblickte, ging ihr ein Stich durchs Herz. Tanya hatte nicht übertrieben; er sah wirklich entsetzlich aus. Seine Unterlippe blutete, sein rechtes Auge war zugeschwollen, und über die linke Wange zog sich eine hässliche Schramme bis zum Kinn.
Ein schlanker Mann mit runder, randloser Brille stand über ihn gebeugt und wollte eben einen Verband um seine Brust legen.
Frank warf ihm mit seinem unversehrten Auge einen finsteren Blick zu. „Du wirst mich nicht zur Mumie machen.“
„Entweder lässt du dir diesen Verband anlegen oder ich bringe dich ins Krankenhaus. Eigentlich sollte ich das sowieso. Du bist nicht gerade in bester Verfassung, Cousin.“
„Ich hab dir schon gesagt, dass ich nicht ins Krankenhaus will. Mir geht’s gut.“
„Ich werde dir jetzt den Verband anlegen!“
Die Diskussion schien an Franks Kräften zu zehren, und er gab auf. „Okay, okay. Wenn’s denn unbedingt sein muss.“
Jenna stand in der Tür und hielt die Hand vor den Mund, während sie versuchte, ihre Gefühle in den Griff zu bekommen. Er hätte wirklich tot sein können, ging es ihr durch den Kopf, während ihr die Tränen in die Augen schossen. Ich hätte ihn verlieren können.
Ein leises Schluchzen kam ihr über die Lippen, woraufhin sich die beiden Männer zu ihr umdrehten.
„Was machst du denn hier?“ Frank klang nicht gerade erfreut, sie zu sehen.
Tanya kam hinzu und erklärte: „Ich hab sie angerufen.“
„Wieso das?“
„Weil Vinnie in Atlantic City ist, und ich hätte wohl schlecht deine Mutter anrufen können, oder? Sie hätte sich nicht mehr eingekriegt.“
„Aber warum ausgerechnet sie, um Gottes willen?“
„Weil ich fand, dass sie es wissen sollte. Und jetzt hör auf, mich anzuschnauzen, sonst hast du gleich noch eine angebrochene Rippe mehr.“
Jenna zwang sich zu einem Lächeln und ging zum Sofa. „Ja, lass Tanya endlich in Ruhe“, sagte sie, während sie sich neben Frank setzte. „Oder wolltest du mir etwa irgendwas verschweigen?“
Franks Cousin sah sie kurz an. „Haben Sie auf diesen Mann irgendeinen Einfluss?“
„Nicht antworten“, murmelte Frank. „Das ist eine Fangfrage.“
Der Arzt legte ihm den Verband an, dann stellte er sich Jenna vor. Er reichte ihr die Hand und sagte: „Hallo, ich bin Stan Cooper, Franks Cousin.“
„Jenna Meyerson“, erwiderte sie. „Wie schlimm hat es ihn erwischt?“
„Schlimm genug, um ihm mindestens zwei Tage Bettruhe zu verordnen, was unseren guten
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