Duke - Ein weiter Weg zurueck (German Edition)
Desinfektion von Wunden gedacht. Ich befreite mich mühselig aus Hennings fürsorglicher Umarmung. Mein Arm schmerzte, doch ich getraute mich nicht, es zu sagen. Ganz vorsichtig flüsterte ich: „Ich muss eben nach Duke sehen, ob alles in Ordnung ist.“
Auf die Heftigkeit von Hennings Reaktion war ich nicht vorbereitet. Er positionierte sich zwischen mir und der Boxentüre und breitete die Arme aus.
„Du wirst dich diesem Pferd nicht einen Schritt nähern, damit das klar ist. Es reicht, Vera.“
Einen Moment befürchtete ich, in Duke eine Reaktion zu sehen für einen erneuten Angriff, diesmal auf die Person gerichtet, die vor seiner Box stand. Seine Augen fanden die meinen und ich bat ihn inständig, genau dort zu bleiben, wo er war. Es war, als könnte er mich verstehen, er verharrte mit flach angelegten Ohren in seiner Position.
„Hör zu, Henning“, versuchte ich es ruhig und vernünftig, obwohl sich mir bei seiner Entschlossenheit die Nackenhaare sträubten. „Ich weiß nicht, was passiert ist, aber ich denke, Duke hat sich einfach erschreckt und Panik bekommen.“
„Erschreckt?“, echote Thomas hinter mir, der Sam einen weiteren Schluck Schnaps einflößte. Wir verharrten regungslos in unseren Positionen. Ich zwischen den beiden Sanders, hinter Thomas saß Sam an die Wand gelehnt. Hinter Henning Duke, den ich auf keinen Fall so einfach aufgeben würde. Ich wollte den linken Arm heben, doch der Schmerz fuhr mir durch den Körper. Hoffentlich hatte ich nichts gebrochen, das hätte gerade noch gefehlt.
Sofort löste Henning seine Angriffshaltung auf und kam ein Schritt auf mich zu. „Was ist mit deinem Arm?“
„Nichts, ich denke, es gibt morgen einen blauen Fleck“, versuchte ich ihn zu beruhigen. Sein Gesicht verfinsterte sich. Ich bekam unerwartet Hilfe von Sam, der inzwischen wieder eine bessere Gesichtsfarbe besaß, nur die Nasenspitze leuchtet noch weiß.
„Vera hat Recht. Sie hat mir klare Anweisung gegeben, dass ich die Box von Duke nicht öffnen soll. Sie meinte, er mag andere Menschen nicht so gerne.“
„Sie trifft keine Schuld, Herr Hartmann“, mischte sich Thomas ein, dem ich am liebsten eine Ohrfeige verpasste hätte. Er verschärfte die Situation mit seinen Anmerkungen.
„Doch, ich dachte, weil Vera noch so viel zu tun hat, könnte ich ihr helfen. Duke mag mich eigentlich oder akzeptiert mich zumindest, ich habe ihm heute Morgen schon eine Portion Möhren gebracht. Dummerweise habe ich, als ich anfing zu misten, die Forke an die Wand gelehnt. Sie ist runtergefallen, und als ich sie aufhob, habe ich seinen Kopf mit dem Stiel erwischt. Deshalb hat er so reagiert.“
„Du kannst in die Box und sie misten?“, fragte ich Sam erstaunt, ließ aber die beiden anderen Männer nicht aus den Augen. Er nickte.
„Ja, solange ihm kein Fehler unterläuft.“ Thomas’ Stimme war scharf. Meine Augen richteten sich auf Henning, der zum ersten Mal, seit er in den Stall gekommen war, unentschlossen wirkte. Das war meine Chance, ihm zu erklären, dass ich Recht hatte und nicht Thomas.
„Lass mich schauen, ob die Forke noch in der Box liegt.“
„Du machst auf keinen Fall die Tür auf“, mischte sich Thomas ein, „Henning, das Pferd ist lebensgefährlich, das habe ich dir schon einmal versucht zu erklären, und diesmal hast du es mit eigenen Augen gesehen. Denk an unsere Vereinbarung. Eine Verletzung, egal weshalb, und es ist Schluss.“
Wieder kam mir Sam zur Hilfe. „Ich bin nicht verletzt.“
„Aber Vera.“
In Anbetracht des Armes, den ich mich nicht zu bewegen traute, da ich im Moment bloß Schmerz darin fühlte, war lügen zwecklos.
„Ich rufe jetzt Dr. Brenner an, dass er ihn einschläfert“, hörte ich die entschlossene Stimme von Thomas.
Mit meinen Augen flehte ich Henning um Unterstützung an. Aber was ich in seinen Augen las, ließ Kälte in meinen Körper kriechen. Er zögerte, schien weiterhin unentschlossen zu sein. Einen Moment lang war ich wie gelähmt, dann erwachte mein Kampfgeist. Nein, auf keinen Fall würde ich es zulassen, dass sie Duke einschläferten. Nicht jetzt, wo Duke so weit gekommen war, dass er sogar einen anderen Menschen außer mir in seine Box ließ. Was für eine Idiotie, dachte ich verzweifelt. Ausgerechnet sein Fortschritt sollte das Ende bringen.
„Nur über meine Leiche“, fauchte ich diesmal böse und machte einen Schritt auf Henning zu, der immer noch meinen Weg zur Box blockierte. Wenn er dort blieb, würde ich Gewalt anwenden,
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