Duke - Ein weiter Weg zurueck (German Edition)
zu viel erwarten, es kann sein, dass er noch verwirrt ist. Aber sein Zustand stabilisiert sich.“
Henning stand auf. „Ich muss los, Melanie ist gerade auf den Hof gefahren, und ich muss in vier Stunden in Frankfurt sein.“
„Ich komme mit.“ War ich es, die das gerade gesagt hatte? Mama starrte mich an. Ich war völlig entsetzt über meine eigenen Worte. Während Henning mich ansah wie jemanden, der gerade erklärt hatte, er würde morgen auf den Mond fliegen.
„Du willst mit nach Frankfurt?“ Den Zusatz „und wieder abhauen“ verkniff er sich, doch ich konnte ihn deutlich mitschwingen hören.
Ich schüttelte den Kopf und funkelte ihn böse an. „Nein, ich komme in den Stall mit.“
„In den Stall, du?“ Mehr sagte er nicht. Es reichte schon, um mich zu verletzen. Trotzig schob ich die Unterlippe vor. Konfus über meine eigenen Worte, fühlte ich noch etwas anderes tief in meinem Herzen. Wenn ich Papa helfen konnte, damit er nach seiner Genesung wieder seinen Hof so vorfand, wie er ihn sich wünschte, dann konnte er vielleicht mit dem möglichen Verlust von Duke besser umgehen. Ich war es Papa schuldig, nach allem, was er für mich getan hatte. Ich schluckte schwer, bevor ich meine nächsten Worte herauswürgte, ohne einen der beiden anzusehen.
„Ich möchte gerne helfen. Ich stehe schon ein bisschen länger vor der Tür und hab gehört, dass es ein paar Probleme im Stall gibt. Ich bin hier, und Nichtstun liegt mir nicht. Vielleicht kann ich mich ja ein wenig nützlich machen.“ Ich schwieg und spürte meine brennenden Wangen.
„Vera, ich glaube, das ist keine gute Idee“, mischte sich Mama ein, während mich Henning schweigend musterte.
„Papa liegt im Krankenhaus, Melanie ist in der Ausbildung, der Trainer ist zum Glück gefeuert, Henning fliegt weg und Thomas“, bei dem Namen wurde mir noch heißer im Gesicht, „ist ebenfalls erst in ein paar Tagen wieder hier. Abgesehen davon, macht der sich die Hände nicht mit Stallarbeit schmutzig.“
„Kann ich mich auf dich verlassen?“ Henning sprach leise. Sein gefährlicher leiser Ton, bei dem mit ihm nicht zu spaßen war. Er wollte eine ehrliche Antwort, eine, auf die er sich verlassen konnte. Ich schloss die Augen. Atmete tief ein, meine Hand mit dem Becher zitterte. Konnte ich wirklich in den Stall gehen? Darin standen Pferde. Vielleicht sogar einige, die ich von früher noch kannte. Ich würde meine eigene Vergangenheit berühren, und das, obwohl ich mir geschworen hatte, nie wieder einen Stall zu betreten.
„Wie viele Pferde sind im Stall?“, fragte ich leise, ohne die Augen zu öffnen.
„Acht Trainingspferde.“
„Was ist mit den Mutterstuten und den Fohlen?“ Ich öffnete die Augen und sah ihn erstaunt an.
„Es gibt nur noch vier Stuten, und die habe ich bereits, als das mit Stefan passierte, weggebracht.“
Nur noch vier Mutterstuten? Wie sollte der Hof denn mit dieser kleinen Anzahl von Zuchtpferden profitabel arbeiten?
„Und wo sind die Stuten mit den Fohlen?“
„Sie sind auf dem Hof einer Freundin meiner Mutter. Die Familie züchtet ebenfalls Pferde. Ich glaube, du kennst sie sogar, Ingrid Westfeld. Sie sind dort gut aufgehoben.“
„Ja, aber das macht sie doch nicht umsonst, das kostet doch Geld, und wir haben hier den Platz.“
„Ja, aber niemanden, der sich um sie kümmern kann. Richtig?“
Ich biss mir auf die Unterlippe. In mir wirbelten die Gedanken und Gefühle durcheinander. Was hatte Henning gemeint, als er davon sprach, dass ihm die Zeit davonrannte?
„Mach dir keine weiteren Gedanken, Vera, ich kümmere mich um das Problem.“
„Ich mache es“, erwiderte ich entschlossen. Alles, was er sagte, rief in mir eine unbestimmte Panik hervor, ich würde etwas verlieren, das ich herzugeben nicht bereit war. Dafür würde ich allerdings ein Stück meiner Mauer einreißen müssen. Ich brauchte ja nicht unbedingt mit den Pferden arbeiten, vielleicht genügte es, nur den Stall zu machen.
Henning schüttelte den Kopf. „Ich weiß nicht, ob ich mich wirklich auf dich verlassen kann. Stünde ich nicht mit dem Rücken zur Wand –“, er musterte mich erneut. Mir war klar, dass ich nach der ganzen Heulerei einen überaus desolaten Eindruck machte. Außerdem stand der Streit zwischen uns. „Um ehrlich zu sein, ich hab kein gutes Gefühl dabei. Nein, danke“, beendete er seinen Gedanken. Ich sah die Erleichterung in Mamas Gesicht.
„Das ist dein Recht“, antwortete ich ihm mit einer Mischung aus
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