Duke - Ein weiter Weg zurueck (German Edition)
Birkenhof zu tun haben. Dazu kommt noch, dass eure Stuten mit den Fohlen bei uns sind. Außerdem werde ich mich spätestens, wenn Thomas wieder da ist, fragen, warum ich ihm seine Turnierpferde in Ordnung bringe. Du weißt ja, dass wir beide so unsere Differenzen haben.“
„Warum machst du es dann?“
Er grinste noch ein Stück breiter, dann wurde er ernst und sah mich an. „Das habe ich dir schon mal vor ein paar Tagen im Büro gesagt: Weil ich deinen Vater sehr gerne mag und verstehen kann, was er gerade durchmacht. Aber Vera, du bist alt genug und musst deine eigenen Entscheidungen treffen. Was willst du in Zukunft mit deinem Leben machen? Weiter in der Weltgeschichte rumziehen und vor der Vergangenheit fliehen oder wieder mit Pferden arbeiten?“
Die Tränen liefen mir die Wangen herunter, und Lasse ließ mich weinen, ohne mich zu trösten. Schließlich reichte er mir ein Taschentuch und seufzte tief. „Ich weiß, es ist nicht leicht für dich, aber je schneller du eine Entscheidung triffst, glaube es mir, Vera, desto leichter wird es für alle, die warten.“ Er drehte sich um und startete den Wagen.
„Lasse, woher kennst du Henning?“
Er warf mir einen kurzen Seitenblick zu. „Das solltest du Henning fragen und nicht mich.“
Als das Auto in die Einfahrt zur Tierklinik einbog, spürte ich, wie mein Herz zu klopfen anfing. Durch meinen Körper schwappten abwechselnd warme und kalte Wellen. Meine Hände wurden feucht, Schweiß bildete sich auf meiner Stirn. Ich schluckte. Am Morgen war ich mir so sicher gewesen. Und jetzt? Am liebsten hätte ich die Tür aufgerissen und wäre weggerannt.
Ich spürte eine warme Hand auf der meinen. Ein sanfter Druck. Ich schloss die Augen.
„Du brauchst das nicht zu tun, Vera.“ Die Stimme von Lasse streichelte mich. Ich fühlte, wie ein Strom der Ruhe von der Berührung seiner Hand und von seiner Stimme in meinen Körper floss. Frau Heinrichs kam aus der Klinik.
„Duke ist in der Außenbox links. Am besten fahren Sie mit dem Hänger ganz nah heran, dann braucht er nur ein kleines Stück zu gehen. Dr. Brenner meint, er soll seinen Fuß so wenig wie möglich belasten.“
„Und?“, fragte mich Lasse.
„Ich möchte ihn auf den Hof holen“, flüsterte ich leise.
„Okay, dann schaffen wir das auch. Brauchst du noch etwas Zeit?“ Ich schüttelte den Kopf und stieg aus dem Auto.
Kaum war ich draußen, hörte ich bereits das aufgeregte Wiehern von Duke. All meine Angst und meine Unsicherheit verschwanden mit einem Schlag. Das Pferd brauchte mich. Ich ging zur Außenbox hinüber, während Lasse den Hänger manövrierte. Ich öffnete die Box und nahm den Führstrick mit, der außen an der Tür hing.
Das Pferd drückte sich in die Ecke, die Ohren angelegt, den Kiefer zusammengepresst, bereit zum Angriff. Ich senkte den Kopf und mied jeden Augenkontakt mit dem Pferd. Ganz langsam wendete ich mich ab, ich zeigte Duke die Schulter. Aus den Augenwinkeln beobachtete ich, mehr hörend als sehend, wie er den Kopf aufgeregt hochwarf, wieherte, unentschlossen, was er machen sollte. Ich wartete ab, insgeheim bereit zu fliehen, falls er sich für einen Angriff entscheiden sollte.
Kein Wunder, dass Dr. Brenner das Pferd loswerden wollte. Duke war furchteinflößend. Unauffällig machte ich Lasse ein Zeichen, dass er im Auto bleiben sollte. Der Hänger stand nahe der Box, die Anspannung von Duke war förmlich zu spüren. Lasse verstand meinen Wink und beobachtet mich im Außenspiegel.
Die Minuten verstrichen. Ich verharrte, ruhig atmend. Der Pferdekopf blieb an seinem Platz. Duke hörte auf mit dem Schlagen des Schweifes. Die Ohren rotierten, nach vorne, zur Seite, nach hinten. Er machte einen zögerlichen Schritt auf mich zu. Ein erster Annäherungsversuch, der mir den Atem nahm, doch ich zwang mich, weiter ruhig zu bleiben. Mir war klar, dass er meine Gefühle erkennen konnte. Ich spürte seinen warmen Atem an meinem Hals. Im Seitenspiegel sah ich das besorgte Gesicht von Lasse, es wirkte irgendwie verkehrt. Dann wieder die Wärme des Pferdekörpers, ganz dicht an meinem Rücken. Einatmen, ausatmen, ganz langsam. Alle Anspannung raus aus meinem Körper, raus aus dem Körper von Duke. Ich drehte mich um, den Blick weiter gesenkt.
Mein Kopf war in der Höhe des Pferdekopfes. Ganz langsam hob ich die rechte Hand und kraulte seine Stirn. Ich war froh, dass er das Halfter bereits umhatte. So brauchte ich nur eine kleine Bewegung, um den Karabiner des Führstrickes in die
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