Duke - Ein weiter Weg zurueck (German Edition)
Eltern schwiegen. Sie wussten, dass ich Recht hatte. Ich nahm die Papiere von dem Nachtisch und begann mit dem Ausfüllen.
Ich fuhr. Mama lehnte den Kopf an die Scheibe, und wir hingen beide unseren Gedanken nach. in zwei Tagen würde Stefan verlegt werden.
„Nimm dir doch frei und fahr mit, Mama.“ Der Gedanke war mir spontan gekommen.
„Das geht nicht. Du weißt doch, dass Julia bald Geburtstag hat.“
Nein, daran hatte ich nicht gedacht. „Julia kann auch einmal im Leben ohne dich auf ihrem Geburtstag auskommen.“ Ein rascher Seitenblick auf Mama, das war die falsche Taktik, ich konnte es ihrem verschlossenen Gesicht ansehen. Gestern noch hatte sie erzählt, dass sie für Papa alles hatte hinwerfen wollen, und heute machte sie sich Gedanken, ob Julia Sander ohne sie ihren Geburtstag feiern konnte.
„Ich glaube, Stefan würde es besser gehen, wenn du beim ihm wärst und ihr mal ganz für euch Zeit hättet. Ohne die Sanders, ohne den Hof und die Pferde.“
Auf dem Gesicht von Mama spiegelten sich die inneren Kämpfe wider. „Überlege es dir. Es könnte ja auch nur für ein paar Tage sein und du wärst zu dem Geburtstag wieder zurück.“
Den Rest der Fahrt überließ ich Mama ihren Gedanken. Ich wusste, wie schwer ihr dieser Schritt fallen würde. Zwischen den beiden Frauen gab es ein ganz besonderes Verhältnis. Julia Sander hatte nie wirklich eine Freundin gehabt. Mama war diejenige, die dieser Bezeichnung am nächsten kam, doch sie war eine Hausangestellte und damit auf einer anderen gesellschaftlichen Ebene. Julia Sander nahm das sehr genau. Den Wert eines Menschen bestimmte zu allererst seine Herkunft. Entsprechend waren auch ihre Geburtstagsfeiern handverlesen. Nur die Würdigsten wurden eingeladen. Und Mama fiel immer etwas ein, um diesen Tag zu etwas Besonderem zu machen. Sie hatte schon viele Angebote von den Gästen erhalten, auch für sie tätig zu werden. Was meistens dazu führte, dass dieser Gast keine Einladung mehr für das nächste Jahr bekam. Dabei wäre es Mama niemals in den Sinn gekommen, die Stelle zu wechseln. Obwohl – konnte ich mir da noch immer so sicher sein?
Auf dem Parkplatz vor dem Stall, stand der silberne Audi TT von Thomas. Ich verspürte kein Bedürfnis, ihm über den Weg zu laufen. Also ging ich ins Büro und rief Bettina an. Ich erklärte ihr, dass ich mit der Buchhaltung fertig sei.
„Ja, ich habe es gemerkt, ich bin heute schon drin gewesen.“
„Wie das?“, fragte ich verblüfft.
Sie lachte über meine Unwissenheit. „Das Programm, mit dem du arbeitest, liegt doch hier bei uns auf dem Server, und darauf kann ich genauso zugreifen wie du.“
„Na dann. Brauchst du noch irgendetwas von mir?“
„Nein, die Belege können bei dir bleiben, es wäre gut, wenn du ab jetzt alles auf dem Laufenden halten kannst. Die Zahlen sehen besser aus, als ich erwartet habe. Was schön für uns ist, aber schlecht für Henning.“
„Wieso sollte das schlecht für Henning sein?“, fragte ich verblüfft.
„Ach das war nur so dahin gesagt.“, erklärte Bettina hastig. Auf einmal hatte sie es sehr eilig und legte auf.
14
Papa war vor zwei Tagen verlegt worden. Mama wirkte seitdem völlig verloren. Ich hatte am Vortag gehört, wie sie in ihrem Zimmer weinte, und es schnitt mir ins Herz. Wir telefonierten täglich mit Papa, doch er hörte sich auch nicht viel besser an.
Obwohl es erst sechs Uhr war, saß ich fertig angezogen in der Küche. Die Pferde waren bereits gefüttert. Seit Thomas da war, fing ich früher an und zog ich mich danach wieder aus dem Stall zurück. Ich arbeitete im Büro, bis er trainiert hatte. Danach verschwand er in die Firma. Über Bettina hatte ich herausgefunden, dass sich Henning und Thomas die zweite Führungsebene teilten. Thomas war für den kaufmännischen Bereich zuständig, Henning für die Technik. Die Stiftung wiederum fiel in den Zuständigkeitsbereich von Selina. Für Thomas war es ziemlich stressig, alles unter einen Hut zu bekommen. Manchmal kam seine Frau zum Training mit. Ich hatte sie bisher nur von weitem gesehen. Der schlechte Trainingszustand seiner Turnierpferde, als ich auf den Hof gekommen war, wunderte mich nun nicht mehr. Abends kam Thomas manchmal noch ein zweites Mal zum Training. Wenn wir zufällig aufeinander trafen, grüßten wir uns höflich und beließen es dabei.
Lasse fehlte mir, doch zum Glück ergänzten Melanie und ich uns weiterhin sehr gut. Sie half mehr im Stall, ich trainierte dafür die
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