Duke - Ein weiter Weg zurueck (German Edition)
gegen die Tür. Die Gesichter der beiden verfinsterten sich. Schnell ging ich zu Dukes Box.
„Vera!“, riefen beide gleichzeitig. Aber ich hatte keine Angst vor Duke. Instinktiv wurde mir klar, dass es mein unterdrückter Ärger gewesen war, der ihn zu dieser Reaktion veranlasste. Er spiegelte mir meine eigenen Gefühle wider.
„Keine Sorge, mein Junge, ich kann selber auf mich aufpassen“, flüsterte ich leise dem Pferd zu. Tatsächlich beruhigte sich Duke. Keiner von den beiden war mir zum Glück nachgegangen. Henning hatte lediglich die Hände aus der Tasche genommen und sah etwas blass aus, während Thomas die Lippen zu einem schmalen Strich zusammenpresste.
„Das Pferd muss eingeschläfert werden. Es ist gefährlich“, erklärte Thomas kühl. Hinter mir wurde es erneut unruhig. Schnell versuchte ich, die aufkommende Panik in mir zu stoppen. Nicht Thomas’ Worte waren es, dir mir das Gefühl gaben, erneut an einem Abgrund zu stehen, sondern der zweifelnde Gesichtsausdruck von Henning.
Ich hob beide Hände, atmete tief in den Bauch, einmal, zweimal, dreimal, bis ich mich beruhigte und sicher war, reden zu können, ohne dass meine Stimme zitterte oder ich in Tränen ausbrach. „Duke ist nicht gefährlich, er ist nur verletzt.“
„Nein, Vera, wir hatten schon andere Pferde, die sich verletzt haben und trotzdem nicht auf Menschen losgegangen sind“, erwiderte Thomas. ich wusste, ich konnte ihm nicht erklären, weshalb das Pferd so reagierte, ohne völlig lächerlich zu klingen. Tränen stiegen in mir hoch. Ich ballte die Fäuste.
„Er braucht Zeit“, versuchte ich, meine Stimme fest klingen zu lassen.
„Wie lange, bis einer von uns im Krankenhaus landet?“, giftete mich Thomas an.
Diesmal stieg Wut in mir hoch. In keinem Fall würde ich es zulassen, dass er dem Pferd Schaden zufügte. Angriffslustig ging ich auf Thomas zu.
„Ganz ruhig, ihr beiden“, mischte sich Henning ein und schob sich zwischen Thomas und mir. „Ich habe dir erklärt, dass es keinen Sinn macht, weiter an dem Pferd herumzudoktern.“
Mit einer knappen Geste schnitt Henning meine Erwiderung ab, bevor sie meinen Mund verlassen konnte.
„Ja, ich weiß, und ich verstehe inzwischen, was du meinst.“ Ich war in Reichweite von Henning, und er legte mir die Hand auf den Mund, den ich zum zweiten Mal öffnete.
„Aber Vera hat auch Recht, das Pferd ist von Herrn Wagner misshandelt worden, und ich hatte die klare Anweisung erteilt, dass niemand Duke reiten sollte außer dir. Aus gutem Grund, nicht wahr?“
Thomas zog die Luft tief zwischen den Zähnen ein und schwieg. Henning nahm die Hand von meinem Mund weg. Er dreht sich zu mir um, packte mich an der Schulter und hob mit der anderen Hand mein Gesicht an, sodass ich ihm in die Augen sehen musste. Ich konnte sehen, dass er sein Wort halten würde. Niemand war bisher zu Schaden gekommen. Ich nickte stumm und beruhigte mich wieder ein wenig. Die Berührungen von Henning setzten in mir das gleiche Gefühl frei, dass ich verspürte, als ich neben Duke in den Wald geblickt hatte. Ruhe und Geborgenheit. Henning ließ mich langsam los und ging einen Schritt zu Seite. Ich löste meinen Blick von ihm und sah Thomas an.
„Ich verspreche dir, dass ich Duke wieder hinbekomme.“
„Vera, ich bezweifele nicht, dass du das Pferd hinbekommst. Ich zweifele daran, dass dieses Tier jemals wieder von jemand anderem geritten werden kann und also immer unberechenbar bleiben wird.“
Ich schwieg. Es war still, selbst die Pferde schienen die Spannung zu spüren. Van Gogh, der den Kopf draußen hatte und uns neugierig beobachtete, hielt mit dem Kauen inne.
„Und ich stelle dir zum zweiten Mal heute die Frage, wer soll deiner Meinung nach das Pferd reiten?“
Neben Duke im Paddock zu stehen und vom Reiten zu Träumen war ein Sache. Aber hier und jetzt zu sagen, dass ich ihn reiten würde? Nein, dafür reichte meine Kraft nicht aus, das wurde mir in diesem Moment klar. In Thomas’ Gesicht spiegelte sich meine Niederlage bereits.
„Weißt du, Thomas, das ist eine Frage, die wir uns stellen, wenn es so weit ist“, kam Henning mir zu Hilfe. „Solange Duke niemanden verletzt und die positive Entwicklung seines körperlichen Zustands anhält, überlassen wir alles Vera. Darauf hatten wir uns geeinigt, nicht wahr?“
Thomas wandte sich seinem Bruder zu. „Auf deine Verantwortung.“
„Was ist mit Melanie und Lady?“, hakte ich nach, bevor Thomas aus dem Stall verschwinden konnte.
„Du
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