Duke - Ein weiter Weg zurueck (German Edition)
dass ich nicht vorbeikam.
Ich setzte mich an den Küchentisch, holte ein Blatt Papier hervor und begann zu schreiben. Zwei Spalten entstanden. Die erste trug die Überschrift „Gründe, warum Melanie Lady auf dem Turnier reiten soll“, die zweite „Bedenken, die Thomas haben könnte“. Die erste Spalte war am Ende länger. Kein Wunder, schließlich entsprang sie meiner Meinung. Es freute mich, dass ich bei der zweiten ebenfalls einige Punkte zusammenbekommen hatte. Es würde mir bei der Argumentation helfen, wenngleich ich den Standpunkt von Thomas verstand.
„Mama!“, rief ich gegen die Lautstärke der Musik an.
An der Treppe erschien das erhitzte Gesicht von Mama.
„Ich gehe noch mal in den Stall und füttere die Pferde, es kann etwas länger dauern, weil ich mir für morgen einiges vorbereiten möchte.“
„Gute Idee, ich denke. ich werde etwas später fahren und wir verschieben das Testparfait auf morgen früh, wenn du mit dem Füttern der Pferde durch bist.“
Thomas war noch in der Halle, als ich in den Stall kam. Ich nahm eine Schubkarre und begann, die Boxen von frischen Pferdeäpfeln zu befreien. Was von allen Pferden unwillig mit Grummeln, manchmal sogar mit Ohrenanlegen kommentiert wurde. Sie alle erwarteten um diese Uhrzeit ihr Fressen. Duke in der hintersten Box war das einzige Pferd, das auf dem Paddock stand. Ich hatte ihm im Laufe des Tages wieder die Freigabe gegeben, nachdem die Wärme aus seinem verletzten Bein komplett gewichen war. Das eine Bein hochgestellt, beobachtete er aufmerksam den Weg, der in den Wald führte.
Als ich in seine Box trat, drehte sich Duke kurz zu mir um, blieb aber draußen. Ich ging zu ihm und fragte mich, was ihn beunruhigte. Er ließ sich von mir streicheln, blieb mit seiner Konzentration aber weiter auf dem Weg. Die Strecke, auf der er geflohen war. Ich fragte mich, worüber er nachdachte. Pferde denken nicht, schaltete ich mich selbst. Manchmal neigte ich dazu, Pferde zu vermenschlichen. Ich schloss die Augen, lehnte mich sachte an den Pferdekörper, die eine Hand auf seinem Rücken. Es würde eine kalte Nacht geben, bereits jetzt bildete unser Atem weiße Wolken. Die Nähe zu seinem Körper, seine Wärme ließen mich ganz ruhig werden. Ich lauschte so wie er auf die Geräusche, die uns umgaben. Eine Nachtigall stimmte ihr Lied an, das Mahlen von Pferdezähnen war zu hören, ein Schnauben. Aus der Halle drangen die dumpfen Galoppsprünge von Dumont herüber. Ich konnte jeden Absprung, jedes Aufkommen hören. Es war nicht rhythmisch, gleichmäßig, sondern immer wieder mit Taktwechseln verbunden. Vor meinen Augen entstand ein Bild. Ich saß auf Duke, sein kupferfarbenes Fell reflektierte die Sonnenstrahlen. Sein Körper unter mir verband sich mit meinem, wir galoppierten im Einklang. Jede einzelne Phase konnte ich spüren. Der Absprung von dem Bein, das den Takt angab, die Schwebephase und die Aufnahme des Sprungs von den anderen drei Beinen in einer kurzen Abfolge. So galoppierten wir durch den Wald. Weg von der Halle, weg von dem Hof, hinein in die Nacht. Unser Atem fand einen gemeinsamen Takt, der eine schneller, der andere langsamer.
Die sich öffnende Hallentür riss mich aus meinen Träumen. Duke ging einen weiteren Schritt weg von der Box und brachte mich damit fast zu Fall. Ich ging vom Paddock in seine Box und betrat den Stall. Dumont stand mit Thomas in der Stallgasse, nahe der Halle. Er klopfte Dumont den Hals, kraulte seine Stirn.
„Gut gemacht, mein Alter“, sprach er leise zu ihm.
„Und, wie ist er gesprungen?“, fragte ich von hinten.
Erschrocken zuckte Thomas zusammen. Ich schüttelte verständnislos den Kopf. An der Art, wie Dumont seine Ohren verteilte, hätte er eigentlich wissen können, dass noch jemand im Stall war. Aber auf solche Dinge achtete er nicht.
„Besser als sonst“, antwortete er kurz angebunden.
Er wandte sich wieder Dumont zu, hob den Sattel herunter und brachte ihn weg. Ich streichelte dem Pferd die weichen Nüstern, nach Worten suchend, wie ich beginnen konnte. Thomas kam zurück. Er sah mich an, bückte sich nach der Bürste und drückte mir sie in die Hand, samt Tuch. Schweigend machten wir Dumont fertig für die Box. Er kratzte die Hufe aus, während ich ihn überbürstete. Als Thomas die Hinterhand hob, zuckte Dumont zusammen.
„Ist gut, mein Alter. Vera, kannst du dir das mal ansehen?“
Ich ging um Dumont herum, auf die Seite von Thomas, und ließ meine Hände das Bein entlanggleiten. Es war in
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