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DuMaurier, Daphne - Plötzlich an jenem Abend

DuMaurier, Daphne - Plötzlich an jenem Abend

Titel: DuMaurier, Daphne - Plötzlich an jenem Abend Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Unknown
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Wächteraugen entgangen war, enthielt Annettes verzückte Nachricht, sie komme als erste in Genf an, möglicherweise schon am Vortag, und sie erwarte ihn am Flugplatz.
    »Sollte ich nicht am Flugplatz sein«, schrieb sie, »so heißt das, daß ich Sie vor Offiziellen nicht in Verlegenheit bringen will, und Sie finden mich dann im Hotel.«
    Das zeugte von ihrem Takt. Auf keinen Fall wollte sie sich vordrängen.
    Seine Sekretärin kam mit den Briefen zur Unterschrift zurück.
    »Ich hoffe, daß Sie sich in Genf nicht zu sehr anstrengen«, sagte sie. »Ist es dort um diese Jahreszeit nicht sehr heiß?«
    »Gar nicht«, sagte er. »Angenehm warm. Ich schwimme dann im See, und hier in London werdet ihr verregnen.«
    Sicher sah sie ihn in einem stickigen Vortragssaal; dabei stand er dann in der Badehose da – er hatte sich eine bordeauxrote gekauft –, und mit Annette Limoges an seiner Seite machte er sich zu einem eleganten Sprung bereit. Judith ging weg und überließ ihn seinen Träumen.

    Der Flug nach Genf war ereignislos und glücklicherweise sanft – Scrivener mochte das Absacken nicht, und ein rauher Flug hätte ihm Migräne verursachen können –, und als das Flugzeug die Piste hinabrollte, schaute er erwartungsvoll aus dem Fenster.
    Eine Schar Leute hatte sich hinter den Zollschranken versammelt, um ihre Freunde zu begrüßen; aber er sah niemanden, der dem Foto glich.
    Scrivener holte sein Gepäck ab, ging durch den Zoll und heuerte einen Dienstmann an. Kein Offizieller trat vor, um ihn willkommen zu heißen. Und Annette hatte ihn ja darauf vorbereitet, daß sie eventuell nicht kommen würde. Es war enttäuschend, aber taktvoll.
    Der Dienstmann rief ein Taxi herbei, und sehr bald fuhr das Taxi vor dem Hotel »Mirabelle« vor, das fröhlich und einladend in der hellen Sonne stand.
    Scriveners Koffer wurden von einem livrierten Portier ergriffen, und er ging, um sich einzuschreiben und seinen Schlüssel zu holen.
    Es war ein Augenblick der Spannung. Er hatte eine Vorahnung, Annette sei vielleicht nicht gekommen. Etwas habe sie verhindert. Irgendein Zwischenfall in Zürich. Er hörte sich mit unsicherer Stimme fragen, ob irgendeine Nachricht für ihn da sei.
    Der Concierge wandte sich nach seinem Fach um und brachte einen Umschlag zum Vorschein: Das war ihre Handschrift. Er wandte sich zur Seite und öffnete ihn.
    Die Botschaft war knapp. Sie sei gut angekommen und sei sogar schon zwei Tage in Genf. Die Zimmer seien wundervoll. Seine Blumen seien auserlesen, Genf selber ein Paradies. Sie sei baden gegangen, komme aber unverzüglich ins Hotel zurück. Scrivener folgte dem Portier die Treppe hinauf.
    Nachdem er sich im Zimmer umgeschaut und das Fenster und den Balkon mit Blick auf den See gewürdigt hatte, probierte er die Verbindungstür.
    Sie war verschlossen.
    Er fühlte sich etwas töricht, als er das Auge ans Schlüsselloch legte. Er konnte nichts sehen.
    Er richtete sich auf und ging zu seinem Koffer hinüber und packte aus. Dann badete er und zog sich um, und dann ging er auf den Balkon hinaus. Die Kellner waren schon auf der Terrasse und servierten Getränke.
    Scrivener bestellte durchs Telefon bei seinem Zimmerkellner einen Martini, und als er daran nippte und auf dem Balkon stand und auf die Terrasse hinabschaute, steigerte sich seine Spannung auf das, was die Stunden ihm bringen würden, zu einem Fieber der Ungeduld. Warum kam sie so spät? War ihr vielleicht etwas zugestoßen?
    Dann kam ihm in den Sinn, sie könnte zum Hotel zurückgekehrt und auf ihr Zimmer gegangen sein und habe nicht den Mut gehabt, es ihm zu melden.
    Er ging durch das Zimmer und klopfte an die Tür. Keine Antwort. Vielleicht war sie im Bad. Er ergriff den Telefonhörer und bat, mit dem Zimmer nebenan verbunden zu werden. Ein kurzes Schweigen und dann offensichtlich keine Antwort.
    Nach einigen Augenblicken informierte ihn die Stimme von der Zentrale, es sei nutzlos, Zimmer achtundzwanzig anzurufen – sein eigenes Zimmer war siebenundzwanzig –, denn achtundzwanzig sei unbewohnt.
    »Unbewohnt?« fragte er. »Aber das muß ein Fehler sein, ich möchte mit Mademoiselle Limoges sprechen, die Zimmer Nummer achtundzwanzig hat.«
    »Monsieur irrt sich«, erwidert die Stimme, »Mademoiselle Limoges hat Zimmer Nummer einundfünfzig, einen Stock höher.«
    Scrivener konnte sich nur schwer beherrschen. Die Narren an der Rezeption mußten irgendeinen idiotischen Fehler gemacht haben.
    Er verlangte mit zitternder Stimme, mit Zimmer

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