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DuMaurier, Daphne - Plötzlich an jenem Abend

DuMaurier, Daphne - Plötzlich an jenem Abend

Titel: DuMaurier, Daphne - Plötzlich an jenem Abend Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Unknown
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langweilig oder enttäuschend gefunden haben, denn sie lachte und lächelte und nahm irgendeine beiläufige Bemerkung als geistreichen Ausspruch entgegen; es war also nur eine vorübergehende Phase seiner eigenen Dummheit gewesen, jenes Gefühl bei der ersten Begegnung. Jedenfalls hatte sie es nicht bemerkt. Kleine schmeichelhafte Worte fielen von ihren Lippen wie Krumen des Trostes.
    Sie fragte ihn über die Vorträge, die er halten sollte, über die Biographie, an der er schrieb, und jede Bemerkung, die sie machte, bewies, wie oft sie seine Briefe gelesen hatte, und als das Ritual des Essens vorüber war und sie bei Kaffee und Likör saßen und Annette rauchte, während die anderen Gäste sich langsam von der Terrasse zurückzogen, da war es Robert Scrivener, als bade er in leuchtender Wärme.
    Dies Gefühl wurde genährt und liebkost von einem Menschen, der halb Dichtung der Phantasie und halb körperliche Gegenwart dieses schönen Wesens vor ihm war.
    Er sagt: »Weißt du, daß die Narren mit unseren Zimmern einen Fehler gemacht haben?«
    »Einen Fehler?« Sie schaute ihn verwundert an.
    »Ja. Ich bin im ersten Stock, du im zweiten.«
    »Oh, aber da bin ich schuld.« Sie lächelte zu ihm hinüber. »Als ich ankam, war ich im ersten Stock; aber das war ein solch kleines Kästchen von einem Zimmer, daß ich eine Änderung verlangte. Jetzt habe ich ein Bijou, mit einer herrlichen Aussicht auf beide Seiten.«
    »Ah, das erklärt alles.«
    Er gab vor zu verstehen; aber in Wirklichkeit war er verblüfft. Von dem, was er von dem Zimmer neben seinem eigenen hatte erspähen können – durch das geschlossene Fenster vom Balkon aus –, war es kein Kästchen gewesen, sondern genau gleich wie das seine.
    »Ich hoffe, sie haben dir ein ruhiges Zimmer gegeben«, sagte sie. »Du wirst arbeiten müssen, wahrscheinlich bis spät in die Nacht hinein und schon früh am Morgen.«
    »Ich arbeite nicht in den Ferien«, sagte er. »Aber die Vorträge«, sagte sie. »Willst du sagen, daß sie ganz bereit sind, daß du nichts mehr daran ausfeilen mußt?«
    »Alles Ausfeilen«, erklärte er ihr, »wird auf dem Podium gemacht, während ich spreche.«
    Sie war offensichtlich nicht sehr schlau. Er fragte sich, ob er geradeheraus reden sollte, mit einem Lachen verkünden: »Etwas mache ich gar nicht gern, im Morgenrock in Hotelkorridoren herumgehen«, aber da streckte sie plötzlich ihre Hand über den Tisch aus und ergriff die seine.
    »Das ist das Schönste von allem«, sagte sie. »Ich kann dir alles sagen, aber auch wirklich alles, wie wenn du mein Zwillingsbruder wärst.«
    Die Wärme umfing ihn köstlich. So viel Versprechen in der Stimme. Solch sanfte Kraft im Druck ihrer Hand.
    »Es ist aufregend, so schrecklich verliebt zu sein.« Er gab dem Druck ihrer Hand zurück und fragte sich, wie er am besten ihr Verschwinden von der Terrasse bewerkstelligen könne. Vielleicht ein Spaziergang am See entlang für zehn Minuten oder so, und dann…
    »Es geschah so plötzlich«, sagte sie, »du weißt, wie das ist. Es muß dir schon ein dutzendmal passiert sein bei deiner Erfahrung. Weißt du, so, wie du im ›Madrigal‹ Davina in ein Restaurant gehen und Zeit und Ort vergessen ließest. So war es mit mir. Sobald ich gestern Alberto aus dem Badehaus kommen sah, da wußte ich, daß es mit mir aus war.«
    Scrivener ließ seine Hand liegen, wo sie war, aber er spürte seinen Körper steif werden. »Alberto?« wiederholte er.
    »Ja«, sagte sie, »er ist der Bademeister im ›Mirabelle-Plage‹, und der prächtigste Junge, den je einer gesehen hat. Braungebrannt, wie ein Sonnengott. Wir schauten uns nur mit einem Blick an, und da war es aus.«
    Sie lachte und drückte wieder seine Hand.
    »O Robert, ich kann dir gar nicht sagen, wie wundervoll das ist. Ich blieb den Rest des Tages da unten am See und heute wieder, und drum kam ich natürlich zu spät zum Essen.
    Ich erzählte ihm von dir, und er war ja so beeindruckt. Er war aber ziemlich verlegen, weil du vielleicht hier sitzen und auf mich warten könntest. Ich sage ihm, er solle sich keine Sorgen machen. Robert Scrivener ist kein gewöhnlicher Mensch, sagte ich. Er ist der feinfühlendste und verständigste Mensch auf der Welt. Drum ist er so berühmt.«
    Sie zog ihre Hand zurück, um sich eine neue Zigarette anzuzünden, und er gab vor, den Rest des Likörs auszutrinken.
    »Wie ungemein amüsant«, sagte er.
    Sie rümpft die Nase, als sie die Zigarette anzündete.
    »Ich habe Alberto heute

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