Dumm gelaufen: Roman (German Edition)
insofern steht diese Information nicht zur Verfügung. So viel aber kann ich sagen: Der Betrag wäre … äh … hoch. Sehr hoch.«
»Und«, frage ich, »wie war’s noch so mit Hansen?«
Phil denkt drüber nach. Nehme ich jedenfalls an. Wir fahren auf einer schnurgeraden, baumgesäumten Landstraße. Ausnahmsweise hat er den CD -Player ausgemacht. Die Sonne hängt tief über den vorbeiwischenden Feldern. In kurzen Abständen flappen die Schatten der Bäume über uns hinweg. Flapp – flapp – flapp – flapp … Hat was.
»Komischer Typ«, antwortet Phil.
So weit war ich auch schon.
»Wollte mit mir eine Runde drehen – mir sein Anwesen zeigen, alles.«
»Verstehe.«
»In seinem Hubschrauber.«
Ich starre meinen Partner an: »Der Typ hat ’n Heli?«
Phil deutet ein Nicken an: »Hat ihn mir gezeigt. So ein Zwei-Mann-Ding, das aussieht wie eine Libelle.«
Ich pfeife anerkennend durch die Zähne, oder versuche es zumindest. Ein Geräusch, als würde jemand aus Versehen eine Wüstenspringmaus zertreten.
»Und«, fragt mein Partner jetzt, »wie ist es bei dir gelaufen? Wusste Störtebeker etwas zu berichten, was wir noch nicht wussten?«
»Ja und Nein. Auch er findet, dass der Sturz komisch aussah, etwas Unnatürliches hatte. Soweit also nix Neues. Neu dagegen ist das mögliche Motiv …«
Phil wendet mir sein Gesicht zu, zeigt mir seine Sonnenbrille. »Ich halte es kaum aus vor Spannung.«
Ha. Ha.
Mir dagegen ist es ziemlich ernst. Ich könnte nicht sagen, warum, aber je länger ich über die Geschichte nachdenke, umso wahrscheinlicher scheint mir, dass doch etwas dran ist.
»Versicherungsbetrug«, entgegne ich.
Das Schmunzeln verschwindet aus Phils Gesicht. Über dem Rand seiner Brille wölbt sich eine Augenbraue. »Hm.«
Danach kommt erst mal nichts.
Schließlich: »Also schön. Aber das ist die letzte Spur, der wir nachgehen. Wenn auch die sich als Sackgasse erweist, begraben wir den Fall.«
Sieh mal an, denke ich. Jetzt haben wir also immerhin einen Fall. Heute früh war es noch keiner.
Phil fischt eine CD aus dem Haufen, der sich auf der Mittelkonsole stapelt. »Greatest Hits, live.« Sein Schmunzeln kehrt zurück. »Du wirst es lieben.«
Kapitel 7
»Schätze, man sieht sich immer zweimal im Leben.«
Nachdenklich blickt Phil auf das Display seines Laptops. Er hat ein paarmal telefoniert und irgendetwas im Internet gecheckt, und jetzt sitzt er da und betrachtet den Bildschirm. Seit er aus Südafrika zurück ist, hat in seinem Büro noch niemand saubergemacht. Auf seinem Schreibtisch liegt der Staub von drei langen Wintermonaten. Als ich auf seine Tischseite hinübergehe, hinterlasse ich eine Spur wie auf einer verschneiten Wiese.
Auf dem Laptop ist das Bild einer Frau zu sehen – so mittelalt, würde ich sagen. Sieht ganz nett aus, ein bisschen müde, als würde sie zu viel auf Bildschirme wie diesen gucken und wünsche sich etwas mehr Abwechslung in ihrem Leben. Sie hat schulterlange, glatte Haare, eine schmalrandige Brille und dezent geschminkte Lippen. Und wenn sie lächelt, ein bisschen schief, so wie auf dem Foto, dann hat sie auf einer Seite ein ziemlich charmantes Grübchen. Neben dem Foto steht etwas, darunter sind Zahlen, eine Telefonnummer vermutlich.
»Wer iss’n das?«, frage ich.
»Birgit. Birgit Schimmelpfennig.«
»Und weiter?«
Phil klappt den Laptop zu und steht auf. »Das ist die Sachbearbeiterin, die bei der Versicherung für Reitunfälle zuständig ist.«
»Und dass man sich im Leben immer
zweimal
begegnet – bedeutet das, dass du ihr vorher schon
einmal
begegnet bist?«
Phil zieht sein Leinensakko über. »Manchmal«, er stellt die Umhängetasche auf den Tisch, was ganz schön Staub aufwirbelt, »stellst du eindeutig zu viele Fragen.«
Ich steige hinein. »Das stimmt doch, oder?« Aber da hat sich die Tasche bereits über mir geschlossen, ich schwebe durch die Luft, höre, wie die Tür geöffnet und geschlossen wird und sich Phils Schlüssel im Schloss dreht.
Das Gebäude der Versicherungsfirma ist gigantisch, das Foyer riesig, die Abteilung für Schadensregulierung weitläufig wie ein Fußballfeld. Es ist wie in einem dieser amerikanischen Filme, wo sie ganze Hochhausetagen mit Tischen vollstopfen, die dann durch halbhohe Pappwände voneinander getrennt werden. Geschlossene Kabinen gibt es nur für die Chefs. Ein Geschnatter wie im Flamingogehege bei Sonnenaufgang.
Hinter dem granitverkleideten Empfangstresen sitzt eine junge Frau mit
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