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Dumm gelaufen: Roman (German Edition)

Dumm gelaufen: Roman (German Edition)

Titel: Dumm gelaufen: Roman (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Moritz Matthies
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jetzt betrachtet, sagt mir, dass sie sich fragt, ob es nicht irgendwo ein Batteriefach gibt und man das Ding zum Vibrieren bringen kann.
    Roxi macht sich derweil komplett zum Affen, indem sie mit ihrem Still- BH durch unser Gehege stakst und ihre Kinder einzusammeln versucht. Das Problem ist, sie hat vier Kinder, aber nur zwei Vorderbeine. Um Celina zu greifen, muss sie Chantal loslassen, was die sofort zur Flucht nutzt. Hat sie Chantal endlich in die Ecke gedrängt, muss sie Cindy loslassen und immer so weiter.
    »Rockyyy!« Wenn Roxi so drauf ist, wie sie jetzt drauf ist, könnte sie mit ihrer Stimme mühelos das Ortungssystem eines Bartenwals außer Kraft setzen.
    Unser großer Bruder und Clanchef, der es sich sooo gerne auf seinem Chefposten gemütlich machen und in Erinnerungen schwelgen würde, weiß instinktiv, was die Stunde geschlagen hat: »Was ist denn, Schatz?«
    »Jetzt hilf mir doch mal!«
    Er erhebt sich. Diese Müdigkeit. Die Last der Familienvaterschaft drückt seine Schultern nach unten. »Komme schon!«
    Er kraxelt rückwärts den großen Felsen runter, bleibt, unten angekommen, in dem Hosenzug hängen, mit dem Matz und Moby Gummitwist spielen, verheddert sich und schlägt der Länge nach auf den Boden.
    »Matz! Moby! Holt mich hier raus!«, befiehlt er.
    Während Roxi am Zaun steht, sich ihren Still- BH richtet und eine Klaue in die nicht mehr vorhandene Taille stemmt, wickeln Matz und Moby ihren Chef aus.
    »Was gibt’s denn da zu grinsen?«, schimpft Rocky, kaum dass er wieder auf den Beinen ist.
    »Nichts«, versichert Moby, grinst aber weiter.
    DENG ! Ein ansatzloser Haken holt meinen Bruder aus dem fünften Wurf von den Beinen.
    Bis er sich aufsetzen und den Sand aus den Ohren schütteln kann, ist von seinem Grinsen nichts mehr zu sehen. Von Matz’ übrigens auch nicht. Der steht in Erwartung einer Schelle mit zitternden Knien vor unserem Clanchef und macht einen wenig belustigten Eindruck.
    »Wie sieht’s bei dir aus?«, fragt Rocky.
    »Alles bestens«, versichert er.
    »Na dann …« Rocky schiebt ihn zur Seite und stampft zu seiner Angetrauten hinüber.
    Matz atmet hörbar aus. Glück gehabt.
    Um mir den Anblick meiner Familie zu ersparen, steige ich auf den großen Felsen und setze mich auf einen der Vorsprünge auf der Rückseite, oberhalb des Steinbruchs. Hier habe ich meine Ruhe, denke ich, doch dann höre ich, wie ein Stein gegen einen anderen schlägt. Colin. Ich glaube es nicht. Seit heute früh, jede Wette, steht der da unten im Steinbruch und drischt Steine aufeinander. Offenbar ist er, ganz der Vater, auf den Geschmack sinnloser Zerstörung gekommen und muss nicht länger beaufsichtigt werden. Um ihn herum hat sich ein Wall aus grobem Kies aufgetürmt. Hübsches Tagewerk.
    »Wir müssen uns Sisyphos als einen glücklichen Menschen vorstellen, hat Camus geschrieben.«
    Mein Schlaumeier-Bruder ist neben mir aufgetaucht, hat sich lautlos neben mich auf den Vorsprung gesetzt und blickt nun traurig den Steinbruch hinunter. Ich habe keine Ahnung, wer Camus ist, und, ganz ehrlich, Sisyphos interessiert mich nicht mehr als ein Furz von Kurt Stöber.
    »Ich persönlich teile ja Camus’ Ansicht nicht«, fährt Rufus fort, »aber wenn man Colin so zuschaut, ist man versucht, ihm recht zu geben.«
    Ich dagegen bin versucht, mich in meine Tasche zu verkriechen und den Deckel über diesem Tag zu schließen.
    »Hast du noch was über Elsa herausgefunden?«, frage ich.
    »Bin an ein paar Sachen dran, aber was Brauchbares hab ich noch nicht«, antwortet Rufus. »Es heißt, am Tag, bevor sie verschwunden ist, sei jemand an ihrem Gehege gewesen …«
    »Ein Mensch?«
    »Ein Tier. Mit Fell. Sind aber nur Gerüchte.«
    Unten geht der nächste Stein zu Bruch.
    Ich lasse ein Schnaufen hören.
    Mein Bruder versucht, mich zu trösten. Bei ihm klingt das so: »Geduld ist die Kunst zu hoffen.«
    »Auch Camus?«
    »Nein, Luc de Clapiers. War aber ebenfalls Franzose.«
    Damit ist meine Geduld erschöpft. Ich stehe auf. Unten im Steinbruch hat Colin soeben den nächsten Stein zersemmelt. Mit nur einem Schlag. Den Tag, an dem Colin Clanchef wird, möchte ich nicht mehr erleben.
    »Hey, Colin!«, rufe ich hinunter.
    Überrascht blickt unser neues Familienmitglied zu uns auf.
    »Super Job!«, rufe ich und versuche mich mal wieder an einer abgespreizten Kralle als Daumen-Hoch-Zeichen.
    Colin ist stolz wie ein Weißwedelhirsch und lächelt debil, aber glücklich zu uns herauf.
    »Ich leg mich hin«, raune

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